Über vier Jahre ist es her, dass Eßfeld von einer verheerenden Überschwemmung heimgesucht wurde. Seitdem wird über Hochwasserschutzmaßnahmen nachgedacht. Doch erst jetzt hat der Gemeinderat erste konkrete Schritte beschlossen, die ein solche Katastrophe in Zukunft verhindern sollen.
Es war der Abend des 29. Mai 2016, als bei einem Hagelunwetter über dem südlichen Landkreis in kurzer Zeit bis zu 80 Liter Regen pro Quadratmeter niedergingen. In den flachen Senken westlich von Eßfeld sammelten sich die Wassermassen und vereinigten sich zu einem mächtigen Strom. Eine Mauer, die unbedacht in der Flutschneise errichtet worden war, barst und trug dazu bei, dass sich eine mächtige Flutwelle aus Wasser und Schlamm über das Dorf ergoss und alles mit sich riss, was sich ihr in den Weg stellte. Der Schaden, den das Unwetter in Eßfeld und den umliegenden Orten hinterließ, ging in die Millionen.
Keine schnellen Lösungen
Die Suche nach einer schnellen Lösung, um einer neuerlichen Katastrophe zuvor zu kommen, erwies sich als erfolglos. Das Wasserwirtschaftsamt, zuständig für die Förderung von Hochwasserschutzmaßnahmen, bestand auf einem umfassenden Schutzkonzept, das an hundertjährlichen Hochwassern ausgerichtet ist, also Starkregenereignissen, wie sie statistisch gesehen einmal in hundert Jahren vorkommen. Weil sich starke Unwetter als Folge des Klimawandels in jüngster Zeit häufen, wird diesem statistischen Wert neuerdings ein Klimazuschlag von 15 Prozent hinzugerechnet.
Das Darmstadter Ingenieurbüro BGS Wasserwirtschaft hat daraufhin, gestützt auf eine Computersimulation des Geländes, eine Bündel von Maßnahmen entwickelt, die in der Summe Schutz vor einem hundertjährlichen Hochwasser bieten sollen. Im Mittelpunkt stehen Dämme und Rückhaltezonen an den drei Hauptzuläufen - dem Gießgraben, dem Riedgraben und dem Ingolstädter Graben. Regenwasser soll möglichst lange in der Flur gehalten werden und dort abfließen, wo es den geringsten Schaden anrichten kann.
Außerdem sollen innerorts Hindernisse entfernt werden, die dafür sorgen, dass sich das Regenwasser in die Nebenstraßen und Höfe zurückstaut. Auch von der Landwirtschaft fordern die Ingenieure einen Beitrag in Form einer Bewirtschaftung, die Abschwemmungen minimiert.
Auf rund 840 000 Euro hat BGS die Kosten des Schutzpaketes errechnet. 75 Prozent davon würde das Wasserwirtschaftsamt als Zuschuss zahlen, allerdings nur, wenn das Paket in Gänze umgesetzt wird.
Mehrfach hat sich der Gemeinderat bereits mit den verschiedenen Maßnahmen auseinander gesetzt. Als Problem hat sich dabei der erforderliche Grunderwerb erwiesen, wie Bürgermeister Helmut Krämer auch in der jüngsten Gemeinderatssitzung wieder betonte. Ein Teil der Flächen, auf denen BGS Dämme und Abgrabungen vorgeschlagen hat, befindet sich in privatem Eigentum. Dies betrifft insbesondere den Gießgraben, der - schon der Name lässt es vermuten - bei Starkregen zu einem der Hauptzuflüsse wird. Grundstücksverhandlungen scheinen festgefahren. "Es ist ein verdammt dickes Brett, das wir da bohren müssen", so Krämer.
Erste Schutzmaßnahmen gegen Abschwemmungen
Ein erster Lösungsschritt könnte deshalb ein weiteres Förderprogramm des Amts für ländliche Entwicklung (ALE) sein. Über das Programm boden:ständig unterstützt der Freistaat Maßnahmen zum Schutz fruchtbaren Ackerlands vor Erosion und Abschwemmung, und das sogar mit bis zu 85 Prozent der Baukosten. Im Vordergrund stehe dabei zwar nicht der Hochwasserschutz für Siedlungen, einige der Maßnahmen aus dem BGS-Maßnahmenkatalog, für die die Gemeinde bereits die Flächen besitzt, könnten so aber zügig umgesetzt werden, wie Bürgermeister Helmut Krämer in der Sitzung des Gemeinderats meinte.
Wie Bauamtsleiter Sebastian Klug ausführte, könnten dies Dammschüttungen im Bereich des Riedgrabens und des Ingolstädter Grabens sein, sowie Abgrabungen im Bereich des Sportplatzes, wo sich das Wasser gefahrlos ausbreiten könnte. Die Kosten dafür werden auf rund 240 000 Euro geschätzt. Innerorts schlägt Klug eine geringfügige Absenkungen der Dr.-Heim-Straße im Bereich der Bachgasse vor. Durch die entstehende Furt könnte der Rückstau in die Seitenstraßen verringert werden.
Vereinfachte Flurbereinigung statt Grunderwerb
Langfristig könnte ein vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren aus dem Grundstücks-Dilemma helfen, so der Bürgermeister. Nur die Flächen, die für den Bau der Schutzmaßnahmen erforderlich sind, würden in dieses Verfahren einbezogen, beziehungsweise die gemeindeeigenen Flächen, mit denen die Eigentümer gleichwertig entschädigt werden. Der Nachteil: Ein solches Verfahren würde Jahre dauern.
Im Gemeinderat reagiert man skeptisch auf die Vorschläge zur stufenweisen Lösung. "Für mich kann das nur ein erster Schritt sein, um die Spitze zu brechen", meinte etwa Armin Kolb, Sprecher der UWG-Fraktion und selbst Eßfelder. Außerdem müsse garantiert sein, dass durch die ersten Maßnahmen die Förderung des Gesamtpakets nicht gefährdet wird.
Infoverantaltungen für Anwohner und Landwirte
Diese Bedenken spiegeln sich auch im Beschluss des Gemeinderats wieder. Nur wenn es für das Gesamtpaket nicht förderschädlich ist, will man zügig den Bau der beiden Dämme am Riedgraben und am Ingolstädter Graben umsetzen. Außerdem sollen Anwohner und Landwirte in Infoveranstaltungen auf eigene Schutzmaßnahmen hingewiesen werden. So kann etwa bereits durch eine geeignete Bodenbearbeitung das Rückhaltevermögen der Äcker gesteigert werden. Schließlich will die Gemeinde beim ALE einen Antrag auf Einleitung eines vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens stellen.
Auf einen hundertprozentigen Hochwasserschutz können die Eßfelder aber auch langfristig nicht vertrauen. Nach den Berechnungen von BGS lag der Starkregen vom 29. Mai 2016 nämlich sogar über dem statistischen Wert für eine hundertjährliche Überschwemmung plus Klimazuschlag.