Matthias Schmitt kommen die Tränen. Völlig erschöpft steht er im Hof seines Anwesens in Eßfeld (Lkr. Würzburg). Das Unwetter hat ihn hart erwischt. „Nicht ist mehr wie es war“, sagt der geschundene Mann, den es gleich mit zwei Häusern getroffen hat. Seit zehn Tagen spritzt er Schlamm weg, räumt seine Keller aus, bringt Möbel zum Sperrmüll. „Wir haben bestimmt 40 Kubikmeter weggeworfen.“
Nach dem verheerenden Unwetter, das in der Nacht auf den 30. Mai über den südlichen Landkreis Würzburg mit starken Regenfällen von bis zu 80 Litern pro Quadratmeter und heftigem Hagel niederging, herrscht in Eßfeld Katastrophenstimmung. Vor allem die Häuser im Tal hat es getroffen. Hier standen viele landwirtschaftliche Höfe unter Wasser. Fast zwei Meter hoch war das Wasser in den Kellern.
Oft fehlten nur Zentimeter, dann wäre auch die Wohnung überschwemmt worden. Bürgermeister Helmut Krämer schätzt den Schaden in dem kleinen Dorf mit 722 Einwohnern auf etwa 2,5 Millionen Euro. Weitere 200 000 Euro werde es die Gemeinde Giebelstadt wohl kosten, die Infrastruktur wieder herzurichten.
Ein paar Häuser weiter steht Elvira Graf und putzt fleißig Schuhe. „So ein Unwetter habe ich noch nie erlebt“, sagt die 78-Jährige. Nur noch eine Stufe, dann wäre auch ihre Wohnung überschwemmt worden. Die Flut kam bis knapp unter die Kellerdecke. Der ganze Hof, das Tor – überall stand das Wasser. „Es kam in zwei großen Wellen.“ Elmar Graf, ihr Sohn, war in der Nacht nicht zu Hause. Als er heimkam, musste er durch den See im Hof schwimmen. „Ich hatte Angst um meine Eltern, Sorge um meinen Buben.“
Dramatische Bilder nur aus Braunsbach
Hugo Beetz, Landwirt und ehemaliger Gemeinderat, ärgert sich. „Wir wurden vergessen“, sagt er. Vergessen von der Politik, vom Bürgermeister und in der öffentlichen Wahrnehmung. Die plötzliche Sturmflut habe Eßfeld ähnlich hart wie das baden-württembergische Braunsbach getroffen. Aber nicht aus Eßfeld, sondern aus Braunsbach seien die dramatischen Fernsehbilder gekommen. Von dort habe man die mitleiderregenden Stimmen der Betroffenen wahrgenommen. Nicht aus Eßfeld. Dabei liege Braunsbach gerade mal 70 Kilometer südlich davon.
„Selbst der Bürgermeister hat uns im Stich gelassen“, ärgern sich viele Betroffene auch darüber, dass kein Krisenstab eingerichtet wurde. Zwei Tage nach dem Unwetter seien die Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung auf Betriebsausflug gefahren. „Wir durften hier Schlamm schippen“, schnaubt Beetz.
Fünf Menschen mussten ihr Haus verlassen, weil ein Heizöltank umgekippt und ausgelaufen war und alles unter ölhaltigem Dampf stand. „In Eßfeld gab es eine klare Hierarchie“, rechtfertigt sich der Bürgermeister. „Ein Krisenstab war nicht notwendig, denn die Einsatzleitung der Feuerwehr hatte das Sagen.“ Und zum Betriebsausflug hätten die Mitarbeiter des Bauhofs nicht mitgedurft. Die Arbeiter seien in Eßfeld gewesen, um zu helfen.
Etwa 40 Autos beschädigt
Matthias Schmitts Kumpel ziehen derweil einen total verschlammten BMW aus der Garage. „Der ist hin“, sagt Schmitt und zeigt den völlig verdreckten Motorraum. Im Wagen selbst schaut es nicht besser aus. Überall steht das Wasser, alles ist voller Matsch. Etwa 40 Autos gingen in der Sturmnacht in Eßfeld drauf, schätzt Hugo Beetz, der sich bei vielen seiner Nachbarn umgesehen und mitgeholfen hat. Er selbst hatte Glück. Das Wasser war bei ihm nur kniehoch im Keller. Während ein paar Häuser weiter nichts mehr zu retten ist.
Wie beispielsweise bei Familie Jörg. Der Partyraum im ehemaligen Stall, der Gewölbekeller, der Hof, der Garten – voller Wasser. Zehn Tage später ist im Hof immer noch ein Container voller Hab und Gut, das nicht mehr zu gebrauchen ist. Es ist nicht die erste Ladung, die Manfred Jörg wegfährt. Vor der Scheune lagern jede Menge Elektrogeräte: Waschmaschine, Trockner, Rasenmäher, Kühlschrank – alles ist hinüber.
Eine Elementarversicherung, die jetzt für den Schaden aufkommen wird, haben die Jörgs nicht. „Das war sicherlich ein Fehler“, gibt der Mann zu. „Aber wer hat die schon?“, zuckt er mit den Schultern. Auch Matthias Schmitt, der mit zwei Häusern betroffen ist, hat keine entsprechende Versicherung, die jetzt für seinen Schaden aufkommt. „Eine Elementarversicherung sollte verpflichtend werden, ähnlich wie die Feuerversicherung.“ Hermann Himmel, ein Haus weiter, verabschiedet sich gerade mit Handschlag vom Autohändler, der ihm sein neues Fahrzeug gebracht hat. Das alte steht am Straßenrand in einer Reihe mit vielen anderen Autos, die innen und außen voller Schlamm sind.
Elvira wütete vor allem im südlichen Landkreis
Ähnliche Bilder und Szenen wie in Eßfeld sind auch in Winterhausen, Goßmannsdorf, Geroldshausen, Darstadt und teilweise auch in Ochsenfurt zu sehen. „Elvira“ – das Sturmtief – hat vor allem im südlichen Landkreis Würzburg mächtig gewütet. Einen Schaden von 23,6 Millionen Euro hat das Landratsamt wenige Tage nach dem Unwetter an die Regierung von Unterfranken gemeldet, teilt Pressesprecherin Eva-Maria Schorno mit.
Dennoch, so hat das Bayerische Kabinett am Dienstag in München beschlossen, soll es erst einmal keine Hilfen für die Hochwassergeschädigten in Unterfranken geben. „Da ist die Tür aber noch nicht zu“, sagt der CSU-Landtagsabgeordnete Manfred Ländner aus dem Wahlkreis Würzburg. Er hat sich bei Finanzminister Markus Söder zunächst dafür eingesetzt, dass die Finanzhilfen für Niederbayern auch für Betroffene im Raum Würzburg gelten. „Bisher fallen die Meldungen für den Landkreis Würzburg nicht in die Kategorie eines hundertjährigen Hochwassers“, so Ländner. Er ist sich aber sicher, dass durch entsprechende Dokumentationen noch Hilfen vom Freistaat zu erreichen sind.
Derweil sind die Eßfelder erst einmal dankbar für die immaterielle Hilfe. Viele hätten mit angepackt, die Fußballfreunde des Sohnes bei Familie Jörg, die zweite Schicht der Würzburger Berufsfeuerwehr bei Elvira Graf, weil ihr Schwiegersohn dort arbeitet, Kumpels und Freunde bei Matthias Schmitt, viele Nachbarn – und die Freiwillige Feuerwehr. Die Gemeinschaft stand zusammen.
Und dabei gilt es halt abzuwägen, ob nur ein Hof, eine Scheune, ein Keller "abgesoffen" ist, oder ob es Tote, Verletzte gegeben hat, ganze Häuser weggespült und Existenzen vernichtet wurden.
Da würde ich jetzt mal ganz genau nachfragen in München.
Kein Geld für unsere Landsleute die von einem Unwetter heimgesucht werden und teilweise vor dem Ruin stehen. KEIN GELD! Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen!
Dumm für Franken, das bei den Altbayern sowieso nur wie ein lästiger Wurmfortsatz erlebt wird.