Auf dem Sofa wurde es persönlich. Sechs Oberbürgermeister-Kandidaten standen auf der Bühne im Vogel-Convention-Center und diskutierten in der Runde über Politik. Dabei erfuhren die rund 900 Zuschauer, wie sich Dagmar Dewald (ÖDP), Martin Heilig (Grüne), Volker Omert (Freie Wähler), Sebastian Roth (Linke), Kerstin Westphal (SPD) und Amtsinhaber Christian Schuchardt (CDU) die Zukunft der Stadt vorstellen. Wie sie mit kritischen bis lockeren Fragen umgehen, zeigten sie in kurzen Interviews mit den Main-Post-Moderatoren Manuela Göbel und Torsten Schleicher.
Im Zweiergespräch auf der Zweisitzercouch versuchten sie Persönliches vom Amtsinhaber und seinen Gegenkandidaten zu erfahren. So musste Bürgerinitiativen-Frontfrau Dewald erklären, wie sie als mögliche Rathaus-Chefin mit Gegenwind umgehen würde ("Wir wollen ja Bürgerbeteiligung von Anfang an einbinden."). Omert sollte erklären, warum man ihn und nicht Amtsinhaber Schuchardt wählen soll (tat er nicht). Heilig brachte "Jahrzehntelange Parteipolitik bei den Grünen" an, die seine mangelnde kommunalpolitische Erfahrung wett machen soll. Christian Schuchardt musste sich einer Äußerung stellen, über die Anfang des Jahres diese Redaktion berichtet hat. Damals hieß es, der OB habe erklärt, Radiomoderatoren, Lehrer und Parlamentshinterbänkler seien nicht geeignet, eine Verwaltung zu führen. Das habe er nicht so gemeint, erklärte der OB in der Wahlarena dazu.
Die Couchgespräche setzten den Kontrapunkt zu den sachpolitischen Themen: bezahlbarer Wohnraum, lebenswerte Innenstadt und Verkehrswende. Dass der Wohnraum in Würzburg zunehmen muss, betonten alle. Und nannten dazu große bis kleine Schritte. Beispielsweise sagte Westphal:"Die etwa 200 Wohnungen, die über AirBnB angeboten werden, zweckgebunden zu vermieten, wäre ein Anfang." Und Dewald forderte den Wohnungsmarkt zu entlasten, "indem wir neue Studentenwohnheime bauen und nachverdichten".
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Die Quote der Sozialwohnungen könnte man auch noch erhöhen, laut Sebastian Roth sogar von derzeit 30 auf 50 Prozent. "Dann lohnt sich aber Wohnungsbau für den Unternehmer nicht mehr", sagte Omert. Ihm gehe es um die Region und die Sache, da spiele die große Politik keine Rolle, betonte der Kandidat immer wieder. Wie unsinnig das Statement sei, erklärte Westphal, denn natürlich habe die Bundespolitik immer wieder Einfluss auf das kommunale Geschehen, "nicht zuletzt was Fördergelder angeht".
Wortgefechte zwischen Omert und Dewald
Auch Dewald zeigte sich angriffslustig und griff den Amtsinhaber und andere an. Ruhig und manch einem Besucher zu wenig kämpferisch zeigten sich anfangs Schuchardt und Heilig. Wegen des Klimawandels brauche Würzburg deutlich mehr Grün, Wasser und Fassadenbegrünungen, in der Innenstadt müssen jetzt schon viele durch die Hitze abgestorbene Bäume ersetzt werden – so Heilig. Alles gehe seinen Gang, der Green City-Plan und das Aktionsprogramm "Sauber Mobil" seien längst auf den Weg gebracht, konterte Schuchardt.
Moderatorin Göbel fragte nach, warum angedachte Verkehrsberuhigungen, wie zum Beispiel in der Neubaustraße oder Plattnerstraße nicht vorangebracht wurden. Das seien langfristige Projekte, die unter Bürgerbeteiligung fortschreiten sollen, sagte OB Schuchardt. Heilig:"Dass diese Projekte nicht vorangekommen sind, liegt daran, dass die CSU-Fraktion jeden Parkplatz mit Zähnen und Klauen verteidigt hat." Applaus aus dem Publikum.
Omert polarisierte beim Thema Autos in der Innenstadt: Er will, dass weiterhin alle Verkehrsteilnehmer - auch mit dem Auto - die Innenstadt erreichen können. Auf die Frage, lieber einen Baum oder lieber einen Parkplatz, antwortete er, dass "Blech von der Straße soll". Aber einen "Wald in der Stadt" könne er sich auch nicht vorstellen. "Wir brauchen nicht nur Bäume, sondern auch Veranstaltungsflächen. Wollen Sie den Weihnachtsmarkt abschaffen?", fragte er die Kandidaten, die sich mehr Bäume in der Innenstadt wünschten.
Verkehr war das beherrschende Thema
Die Verkehrswende war das dominierende Thema auf der Bühne. Moderator Schleicher fragte, ob die von Oberbürgermeister Schuchardt angestrebte Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer angesichts des Klimawandels und des zunehmenden Autoverkehrs der richtige Ansatz ist, teilte das Podium. Während Omert und Schuchardt diese Frage bejahten, forderten die anderen Kandidaten ein Gesamtkonzept, das die Bedingungen für ÖPNV, Radfahrer und Fußgänger zu Lasten des Individualverkehrs verbessert.
Heilig und Schuchardt lieferten sich einen Schlagabtausch zur seit 2007 geplanten Linie 6 ans Hubland. Heilig sagte, die Planung dauere viel zu lange, sie sei bisher nicht wirklich angepackt und vorangetrieben worden. Der OB dementierte, dass er sich im Wahlkampf vor sechs Jahren noch gegen die Linie 6 ausgesprochen habe. "Ich habe sie nur unter einen Finanzierungsvorbehalt gestellt".
Als der OB sagte, er habe "den Luftreinhalteplan schon angestoßen, da war Fridays For Future noch nicht auf der Straße", schüttelte der Grünenpolitiker den Kopf. Denn die Aufstellung dieses Plans sei verpflichtend, wenn die Luft in einer Kommune verschmutzt ist. Westphal schlug Park-and-Ride-Parkplätze am Zeller Bahnhof vor. Sie will nicht, "dass alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind. Da müssen wir den Menschen reinen Wein einschenken, dass Fußgänger und Radfahrer Vorrang haben".
Dewald betitelte die jüngst auf den Weg gebrachten Tarifsenkungen für einige Landkreisgemeinden als "eher etwas peinlich". Auch sie erwartet ein Gesamtkonzept, das Autoverkehr nicht weiter bevorteilt. Heilig schlug deutlich günstigere Tarife vor, Roth forderte sogar kostenlosen ÖPNV.
Nach ausführlichen Diskussionen waren in der Runde "Farbe bekennen" konkerte Entscheidungen gefragt. Einig waren sich alle bei der Frage, dass für neue Wohnungen in der Stadt in die Höhe gebaut werden muss. Alle grünen Schilder gingen in die Höhe. Ob Parken in der Innenstadt teurer wird? Flink waren Roth und Dewald mit einem klaren Ja. Grün gab es auch von Westphal und Heilig, Rot von Omert. Nur Schuchardt überlegte lange und zückte dann erst Rot. Protest der Kandidaten gab es auf die Frage, ob sich die Stadt die Linie 6 leisten soll, auch wenn dadurch die Sanierung einer Schule warten müsse. Hier würden Dinge gegeneinander ausgespielt, echauffierten sich die OB-Kandidaten. Lediglich Omert traute sich hier mit "Ja" zu antworten.
Bei Omerts Aussagen bekam ich außerdem fast den Eindruck, er sei Wahlkampfstratege für Schuchardt...
Gezeigt haben mir alle Kandidaten eine Sache sehr deutlich: Wenn die Herausforderungen unserer Zeit hier in Würzburg endlich einmal angegangen werden sollen, dann bleibt mir am 15. März nur eine Wahl.
Das Publikum war meines Erachtens leider kein repräsentativer Ausschnitt der Gesellschaft. Es wurden mutige ökologische Ziele und Visionen mit Applaus honoriert. Dennoch: Mobilisierung für Kommunalpolitik bleibt DIE HERAUSFORDERUNG bis zur Wahl!
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ein " OB " (egal welcher) hat auch nur eine ( 1 ) Stimme !!
Es kommt also auf die " Rats-Riege " an. Wo bis zu 25 einig sein müssen, damit Vor-
stellungen umgesetzt werden können. " Wahl-Arena hin oder her.....
Bürger, denen eine gute Zusammenstellung ein Bedürfnis ist, nutzen hierzu die Briefwahl, weil sie hierbei in Ruhe die Möglichkeit haben, querbeet zu lesen und zu "kreuzen. Aber Vorsicht..: "man.n oder frau muss wissen, wieviele Punkte man vergeben darf. Damit keine.r zuviel vergibt. Sonst ist die Mühe nichts wert. Wer mitzählt hat alles richtig gemacht - wenn sie oder er richtig gezählt = gewählt hat. Diese Wahl muss ja auch wieder für sechs Jahre Spass machen.
Übrigens..... " Befähigte " gibt es auf allen Listen !