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Gelchsheim
Vor genau 80 Jahren: Der Tag, an dem die Bomben auf Gelchsheim fielen
Bei dem Angriff am 21. Februar 1945 fanden 13 Menschen in der kleinen Gaugemeinde den Tod. Der Grund für den Angriff ist bis heute Anlass für Spekulationen.
Von einem Gasthaus und drei weiteren Gebäuden in Gelchsheim blieben nach einem Bombenangriff am 21. Februar 1945 nur noch Trümmerhaufen übrig. 
Foto: Repro Ortschronik Gelchsheim | Von einem Gasthaus und drei weiteren Gebäuden in Gelchsheim blieben nach einem Bombenangriff am 21. Februar 1945 nur noch Trümmerhaufen übrig. 
Hannelore Grimm
 |  aktualisiert: 27.02.2025 02:38 Uhr

Genau vor 80 Jahren, am 21. Februar 1945, bekamen die Menschen in der Marktgemeinde Gelchsheim die schrecklichen Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs unerwartet und hautnah zu spüren. In dem Luftangriff, bei dem alliierte Jagdbomber ihre Last abwarfen, verloren 13 Menschen ihr Leben. Vier Anwesen wurden damals getroffen, darunter das Gasthaus "Zum Kreuz", in dem allein sieben Todesoper zu beklagen waren. Auch ein Kolonialwarenladen, eine Schmiede sowie das Nachbaranwesen mit einem Lebensmittelgeschäft und einer Wagnerei wurden innerhalb weniger Augenblicke zu Trümmerhaufen.

Das Gasthaus'Zum Kreuz' wurde bei dem  Bombenangriff
voll getroffen. Sieben Menschen fanden hierbei den Tod.
Foto: Repro Ortschronik Gelchsheim | Das Gasthaus"Zum Kreuz" wurde bei dem Bombenangriff voll getroffen. Sieben Menschen fanden hierbei den Tod.

Der heute 92-jährige Helmut Hofmann erinnert sich noch gut daran, wie er an diesem Tag um die Mittagszeit in der "kleinen Schule" saß, die in einem Gebäude gegenüber des Kindergartens untergebracht war. Das Zittern der Fensterscheiben habe angekündigt, "dass irgendwas passiert sein muss", erzählt er. Schnellstens wurden die Schulkinder im Keller das Hauses in Sicherheit gebracht. 

Helmut Hofmann erinnert sich noch genau an die Bilder der Zerstörung

Was da im oberen Teil des Dorfes passiert war, das sah der damals Zwölfjährige später auf dem Heimweg zu seinem Elternhaus, das am Ortsausgang in Richtung Oellingen liegt. "Beim Kreuzwirt war ein riesiger Trümmerhaufen, aus dem oben ein großer Stahltresor herausgeragt ist", erzählt er. Neben den zerstörten Anwesen, die nur wenige Meter auseinanderlagen, wurden durch die Druckwelle der Explosionen sämtliche Fensterscheiben zu Bruch. Im Gedächtnis des heute ältesten Gelchsheimer Bürgers haben sich die Bilder der Zerstörung für immer eingegraben.

Der 92-jährige erinnert sich auch daran, dass die Leichen der bei dem Angriff Getöteten die in der Kapelle vor dem Ort aufgebahrt wurden, lediglich mit Säcken bedeckt, weil in dem letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges niemand eine Decke oder andere Stoffe entbehren konnte.  

Eine weitere Aufnahme aus der Gelchsheimer Ortschronik zeigt das Ausmaß der Zerstörung.
Foto: Repro Ortschronik Gelchsheim | Eine weitere Aufnahme aus der Gelchsheimer Ortschronik zeigt das Ausmaß der Zerstörung.

Unvergesslich geblieben ist ihm auch der Tag, an dem die Opfer beerdigt wurden. Während der Beisetzungsfeier begann ein Angriff auf dem Flugplatz in Giebelstadt. "Weil andauernd Jagdbomber über Gelchsheim geflogen sind, haben die Trauergäste und die Ministranten fluchtartig den Friedhof verlassen", berichtet er. Nur der damalige Pfarrer Josef Kampfmann blieb alleine auf dem Gottesacker zurück.

Warum das Dorf das Ziel der Bomben geworden ist, darüber gab es lange Zeit hindurch die verschiedensten Spekulationen unter den Einwohnern. Einige längst verstorbene Zeitzeugen gingen davon aus, dass die Bomber den rund 500 Meter vom Dorf entfernten Flugplatz im Visier hatten, aber ihr Ziel verfehlten.

Der Flugplatz Gelchsheim war 1936 fertiggestellt und in den Folgejahren erweitert worden. Auch fünf große Munitionsbunker wurden gebaut, die heute noch existieren. Der Flugplatz sollte als Ausweichplatz für den Fliegerhorst in Giebelstadt dienen, wurde aber zunächst nur für Segelflug-Lehrgänge benutzt. Erst 1940 wurde der Gelchsheimer Flugplatz zum Einsatzort, von dem Bomber in Richtung Frankreich und England gestartet sind. Bereits vor Ende des Krieges wurde ein Großteil der Anlagen auf dem Gelchsheimer Flugplatz gesprengt oder unbrauchbar gemacht.

Als ein weiterer möglicher Grund für den Angriff wird das Gelchsheimer Schloss angenommen. Das aus dem Jahre 1921 stammende Landhaus war 1938 von den Nationalsozialisten erworben und unter dem Namen "Gauschulungsburg Florian Geyer" als unterfränkische Parteischule genutzt worden.

Eine weitere Erklärung hält Helmut Hofmann für am wahrscheinlichsten. Wie nach dem Angriff im Dorf erzählt wurde, habe vor dem Kreuzwirt ein Fahrzeug der Wehrmacht geparkt, das ins Visier der Bomberpiloten geraten ist und so 13 Menschen den Tod gebracht hat. 

 
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Kommentare
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  • Roland Hofmann
    Hallo Frau Grimm,

    interessanter Artikel zu den Wirren in der Endphase des 2. Weltkriegs. Allerdings beinhaltet er einige Schreibfehler:

    Bildunterschrift: "Trümmerhaus(f)en"
    "beim Kreuzwirt war ein riesiger Trümmerhaus(f)en,"
    "Im Gedächtnis des heute ältesten Gelchsheim(er) Bürgers
    "Der Flugplatz sollte aus (als) Ausweichplatz für den Fliegerhorst in Giebelstadt dienen,"
    "Wie nach dem Angriff im Da(o)rf erzählt wurde,
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  • Ralf Zimmermann
    Vielen Dank für die Hinweise, wir haben die Fehler korrigiert.

    Mit freundlichen Grüßen

    Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
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