Bernhard Stengele, der ehemalige Schauspieldirektor am Mainfranken Theater in Würzburg, wird neuer Minister für Umwelt, Energie und Naturschutz in Thüringen. Anfang Februar soll der bisherige Co-Landesvorsitzende der Grünen in der rot-rot-grünen Landesregierung zudem Stellvertreter von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) werden.
Ein Jahr vor der Landtagswahl in Thüringen tauschen die Grünen ihre beiden Minister aus. Neu ins Amt als Ministerin für Justiz und Migration kommt auch Doreen Denstädt. Die Polizeihauptkommissarin ist die erste schwarze Ministerin in Ostdeutschland - ein Zeichen in einem Bundesland, in dem die vom Rechtsextremisten Björn Höcke angeführte AfD Umfragen zufolge auf aktuell 30 Prozent Zustimmung kommt.
Auch das Ministeramt für den Regisseur und Schauspieler Stengele ist eine Überraschung. Der 59-Jährige ist erst seit 2017 Mitglied bei den Grünen. Als "politischer Mensch" habe er sich indes schon immer gesehen, gerade auch in seiner Würzburger Zeit zwischen 2004 und 2012, sagte der künftige Thüringer Umweltminister im Gespräch mit der Redaktion. Viele seiner damaligen Inszenierungen sorgten für Aufsehen, unter anderem zeichnete ihn die Jury der Bayerischen Theatertage für "couragierte Theaterarbeit" aus.
Der Klimawandel beschäftigt Stengele seit Würzburger Zeiten
Als herausragendes Projekt galt die Kooperation des Mainfranken Theaters mit dem Theater in Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso. Regisseur und Schauspieler Stengele erarbeitete dort mit internationalen Künstlerinnen und Künstlern ein Stück unter anderem über Klimawandel und Desertifikation. "Die Situation in der Subsahara hat mich seinerzeit sehr beschäftigt, das Thema Klimawandel hat mich seitdem nicht mehr losgelassen."
Stengele, ein gebürtiger Allgäuer, wechselte nach Querelen mit der Würzburger Theaterleitung 2012 ans Thüringische Landestheater Altenburg-Gera. In politisch schwieriger Umgebung - Ostthüringen ist eine der Hochburgen der AfD - engagierte er sich mit seinen Inszenierungen und Projekten internationaler Zusammenarbeit für Menschlichkeit und Toleranz, gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Die damaligen Erfahrungen, "nicht zuletzt auch die offenen Anfeindungen gegenüber Schauspielerinnen und Schauspielern", hätten ihn motiviert, sich in Thüringen parteipolitisch zu engagieren, so Stengele heute. 2019 kandidierte er (vergeblich) für die Grünen bei der Landtagswahl, 2020 wurde er Landesvorsitzender.
Ganz aufgegeben hat Bernhard Stengele, der mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen zweijährigen Kind mittlerweile in Erfurt lebt, die künstlerische Arbeit derweil nicht. Mit dem Then-Quartett, das er 2008 gemeinsam mit Kollegen in Würzburg gründete, lädt er regelmäßig zum "Nachdenken über Deutschland". Als Nächstes treten die Künstler mit einer literarisch-musikalischen Performance mit dem Titel "Von der Menschlichkeit in finsteren Zeiten" am Sonntag, 22. Januar, um 19 Uhr im Diözesanarchiv in Würzburg (Domerschulstraße 17) auf. Im Mittelpunkt steht die Rede der jüdischen Publizistin und politischen Philosophin Hannah Arendt über "Menschlichkeit in finsteren Zeiten".
Aha, Stengele hat nicht nur dem Theater Würzburg den Rücken gekehrt, sondern auch in Thüringen ähnliches veranstaltet, liest man da.