
Bernhard Stengele verlässt das Würzburger Mainfranken Theater. Zum Ende der Spielzeit ist Schluss. „Der Vorrat an gemeinsamen Vorstellungen geht zur Neige“, begründet der Schauspieldirektor seinen Schritt. Stengele stört sich vor allem an den Plänen für die Restaurierung des Mainfranken Theaters: „Die Geschäftsleitung geht einen anderen Weg, als ich ihn wollte.“
„Die Einrichtung einer mittleren Spielstätte hätte Priorität haben müssen“, sagt er. Würzburg sei wohl das einzige öffentlich geführte Theater im deutschsprachigen Raum, das keine Spielstätte in dieser Größe habe. Eine Produktion wie „In Schrebers Garten“ – bei den Bayerischen Theatertagen ausgezeichnet –, wäre ein Fall für so eine Spielstätte. Im Großen Haus (750 Plätze) hatte die Uraufführung zu wenig Platzauslastung – für die Kammerspiele (100 Plätze und eine sehr kleine Bühne) wäre sie zu groß gewesen.
Stengele geht nicht im Zorn. „Es war eine extrem erfüllte Zeit hier“, sagt der Theatermann. Er inszenierte Opern, Schauspiele, brachte Uraufführungen auf die Bühne, machte die Ballade salonfähig. Er sei länger geblieben als geplant. Auch, weil ihn das Publikum überrascht habe: „Das ist viel offener als gedacht.“ Der heute 48-Jährige war 2004 nach Würzburg gekommen. „Damals ging es darum, die Diskussion um die Existenzberechtigung des Theaters zu beenden“, erinnert er sich. Keine Sparte sollte mehr in Frage gestellt werden. Der nächste Schritt sei gewesen, dem Haus Profil zu geben – in der Stadt, aber auch überregional. Auch da sei man, in allen Sparten, erfolgreich gewesen. Das Schauspiel wurde mehrfach ausgezeichnet, und: „Ich merke an den Bewerbungen, dass das Würzburger Theater wieder einen guten Ruf hat“, sagt Stengele. Der nächste Schritt, der nun kommen müsse, um das Haus voran zu bringen, wäre, laut Bernhard Stengele, „die Verbesserung der Arbeitsbedingungen“. Da kommt der Schauspieldirektor wieder auf die „mittlere Spielstätte“ zu sprechen.
Stattdessen gibt es wohl die Frankenhalle als zusätzliche Spielstätte. „Wir können auch ohne sie jede große Produktion im Mainfranken Theater machen. Da hatten wir sogar ,Parsifal‘“, meint er. Gerade kleinere Produktionen seien für ihn als Schauspielchef interessant. Sprechtheater müsse am Puls der Zeit sein. Da finde sich nicht immer genügend Publikum für einen großen Saal.
Dass das Schauspiel-Angebot dieser Saison im Großen Haus vielleicht zu oft nahe am Puls der Zeit ist, weiß der Schauspieler und Regisseur. Als Gegengewicht hätte er gerne die populäre Komödie „Pension Schöller“ gezeigt. Das sei aber aus organisatorischen Gründen nicht möglich gewesen. „Es ist nicht so, dass der Stengele sich in seiner letzten Saison noch mal richtig austoben wollte“, beteuert er. Er wolle Theater mit dem Publikum machen und nicht dagegen. Stengele hätte gerne auch eine große öffentliche Diskussion über die Gestaltung des Hauses nach der Renovierung gehabt. Die Wünsche des Publikums hätten in die Planung einfließen sollen. Die Entscheidung, wegzugehen, habe er vor einem Jahr getroffen.
In dieser Saison kommt auch die Regie der Gluck-Oper „Orfeo ed Euridice“ auf ihn zu. „Schön, dass ich mit einer Oper hier aufhöre, die sich mit Abschied und Vergänglichkeit und der Allmacht der Kunst beschäftigt“, freut sich Stengele. Für die nächste Spielzeit hat er noch keine Pläne.