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Würzburg
Verzweifelte Suche nach Kinderarzt: Wie sieht es aus mit der medizinischen Versorgung der Kinder in Würzburg?
Eltern haben sich an diese Redaktion gewandt, weil sie bei der Suche nach einem Kinderarzt die reinste Odyssee hinter sich haben. Warum das der Fall ist.
In Würzburg muss man derzeit als Eltern einen langen Atem haben, um einen Kinderarzt oder eine Kinderärztin zu  finden. 
Foto: Ivana Biscan | In Würzburg muss man derzeit als Eltern einen langen Atem haben, um einen Kinderarzt oder eine Kinderärztin zu  finden. 
Katja Glatzer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:01 Uhr

"Kinderarzt gesucht." So lautet die Anfrage einer verzweifelten Mutter auf der Facebook-Seite Fair-Teiler Baby und Kind Würzburg, eigentlich eine Plattform, um gut erhaltende Kinderkleidung oder gebrauchtes Spielzeug zu verkaufen. Darunter etwa 60 Kommentare - teils mit Vorschlägen, wo sich die Mutter hinwenden könnte, teils von weiteren Müttern, die derzeit auch auf der Suche nach einem Arzt für ihr Kind sind. 

Aktuell sind in Würzburg viele Eltern verunsichert, denn - so berichtet eine besorgte Mutter, die sich an diese Redaktion gewandt hat - von "heute auf morgen" habe ihre Kinderarztpraxis im April die Behandlung von Kassenpatienten eingestellt. Auch zwei weitere Kinderärzte, so hat die Redaktion erfahren, gehen oder sind bereits in den Ruhestand gegangen. 

Aufnahmestopp in vielen Würzburger Praxen

Somit sind viele Eltern auf der Suche nach einem neuen Kinderarzt. "Leider ist die Situation der Kinderärzte in Würzburg sehr angespannt und die meisten Praxen nehmen keine neuen Patienten mehr auf", berichtet besagte Mutter zweier Kinder weiter. Sie habe die Arbeit ihres Kinderarztes immer hochgeschätzt, sei aber "vor den Kopf gestoßen" gewesen, als sie erfuhr, dass er seine gesetzlich versicherten Patienten und Patientinnen nicht mehr behandle. Erst als sie wegen eines Rezeptes in der Praxis angerufen habe, habe sie die Auskunft am Telefon erhalten, dass nur noch Privatpatienten behandelt würden.

"Dann begann die Odyssee wegen eines Logopädierezeptes für mein Kind", erzählt sie. Sämtliche Kinderärzte- und ärztinnen habe sie abtelefoniert, überall sei sie wegen aktuellen Aufnahmestopps abgelehnt worden. Letztlich habe sie beim Patientenservice um Hilfe bei der Suche gebeten - aber auch da gab es keine positive Nachricht. Ihr Hausarzt, an den sie sich verzweifelt wandte, habe das Rezept nicht ausstellen dürfen. Schlussendlich ist sie nun in einer Kinderarztpraxis in Hettstadt untergekommen, und das, "obwohl wir in Würzburg wohnen". Die dortige Sprechstundenhilfe habe ihr gesagt, dass auch dort bald das Aufnahmelimit erreich sei.

Sorge um den kranken Sohn 

Eine weitere Mutter eines kleinen Jungen und einer Siebenjährigen erzählt von derselben Problematik. "Mein Sohn wurde krank und plötzlich hatten wir keinen Kinderarzt mehr und ich wusste nicht wohin", berichtet die Würzburgerin dieser Redaktion. Auch sie habe beim Patientenservice Hilfe gesucht. Ohne Erfolg. Nach längerer entmutigender Suche sei sie nun in einer Praxis in Versbach aufgenommen worden.  

Auf Anfrage der Redaktion bestätigt der Kinderarzt der beiden Familien, dass er nach mehreren Jahrzehnten "und einer 14-stündigen Tagesarbeitszeit" nun nur noch Privatpatientinnen- und Patienten behandelt. Er habe beschlossen, "im Rahmen seiner Neuplanungen" seinen Kassensitz an das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) Klinikum Würzburg Mitte zu übergeben. Zur Überbrückung der Monate April, Mai und Juni, so die Information einer Mutter, konnten und können anstehende Impfungen bei Kindern im MVZ über die dortige allgemeinmedizinische Versorgung durchgeführt werden. 

KVB bestätigt, dass Stellen nachbesetzt werden müssen

Wie die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) auf Anfrage mitteilt, "gibt es in der Tat im Planungsbereich Stadtkreis Würzburg kurzfristig drei Niederlassungsmöglichkeiten, die nachbesetzt werden mussten bzw. noch müssen". Dies sei von der Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses Ärzte Unterfranken mitgeteilt worden. "In einem Fall liegt dem von der KVB unabhängigen Zulassungsausschuss noch ein Antrag vor, über den dieser entscheiden muss. In den zwei anderen Fällen hat der Zulassungsausschuss bereits entschieden und die Zulassungsmöglichkeiten bereits vergeben."

Das heißt: Am Ist-Zustand der Versorgung im Planungsbereich ändert sich nach Ansicht der KVB somit nichts. "Der Versorgungsgrad ist mit 189 Prozent nach den Kriterien der bundesweit gültigen Bedarfsplanung sehr gut." Aber: Man stelle immer wieder fest, dass gerade in Großstädten bei Praxisübergaben nicht alle Patientinnen und Patienten die Abgabe mitbekommen", so Axel Heise von der KVB. 

Die Schwierigkeit als Neupatient- oder Patientin aufgenommen zu werden, ergebe sich - so die Erklärung der KVB -  auch aus der Abschaffung der Neupatientenregelung im Januar 2023. Das Gute an der Regelung sei nämlich gewesen, dass neue Patienten von einem gedeckelten Budget in der ambulanten Versorgung ausgenommen waren. "Ärztinnen und Ärzte bekamen wirklich 100 Prozent der Vergütung, die ihnen eigentlich zusteht und eben keine gekürzte Vergütung aufgrund des gedeckelten Budgets." 

Schafft Entbudgetisierung der Kinderärzte Abhilfe?

Das sei jetzt anders. Es könne Ärztinnen und Ärzten passieren, "dass sie, wenn sie viele Patienten behandeln, im Nachgang nicht das volle Honorar erhalten, weil das gedeckelte Budget überschritten wurde". Dann nämlich würden die Honorare entsprechend gekürzt. Inwieweit die geplante "Entbudgetisierung" bei den Kinder- und Jugendärzten hier Abhilfe schaffe, bleibe abzuwarten, so Heise. Demnach sollen die Krankenkassen die Leistungen der Kinderärzte und Kinderärztinnen vollständig mit den Leistungen der Euro-Gebührenordnung vergüten, heißt es auf der Onlineplattform Ärztezeitung.de.

Wie es auch kommt, die KVB teilt mit: Wenn Patienten Probleme haben, einen Termin bei einem Kinderarzt, Hausarzt, beim Facharzt oder beim Psychotherapeuten zu finden, könnten sie sich an die Terminservicestelle https://www.kvb.de/service/patienten/terminservicestelle/ wenden.

Im Falle der beiden Würzburger Mütter konnte nach deren Aussage auch die Servicestelle nicht weiter helfen. Die Situation sei nach wie vor unbegreiflich, finden beide.

 
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  • FischersFritz
    Was die Kassenärztlichen Vereinigungen hier machen ist doch nicht mehr nachvollziehbar. Über die DDR haben wir uns damals lustig gemacht – aber jetzt haben wir eine Planwirtschaft, bei der selbst der alte Honni neidisch geworden wäre … einschließlich des Systemversagens.

    Nein, ich bin kein Freund von Privatisierung im Gesundheitssystem. Aber die KVen unterstehen staatlicher Aufsicht – und so wie es aktuell läuft, kann man es unmöglich weiterlaufen lassen … früher oder später muss das Konstrukt kollabieren.

    Und wo gräbt man eigentlich Typen wie diesen Ralf Hermes aus (Vorstand der IKK) aus? Der hat kürzlich für weitere Leistungskürzungen plädiert und wollte (Zitat) „die komplette zahnärztliche Versorgung aus dem Leistungskatalog zu streichen.“ Denn aus seiner Sicht sind Zahnprobleme nur auf unzureichende Zahnhygiene und Prophylaxe zurückzuführen … also: Selbst schuld, wer zum Zahnarzt muss!

    Ist wohl doch was dran: Gutes Personal ist schwer zu finden!
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  • June
    "Warum das der Fall ist." - Weil Eltern inzwischen wegen Nasenbluten in die Notaufnahme fahren und damit mit Kinkerlitzchen das ganze System überlasten. Damit bekommen die Kinder, die wirklich Hilfe und Untersuchungen brauchen keine Termine mehr.
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  • chjoachim@web.de
    Auf eigenen Wunsch hin entfernt.
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  • micha.fries@t-online.de
    Eine absolute Frechheit was sich manche Ärzte erlauben!
    Wenn man PKV und GKV nicht zusammenlegen kann sollte die Politik dafür sorgen,
    daß Ärzte nicht nur Privatpatienten bedienen. Dann muss es eben Quoten geben, die einem Mediziner zwingen bestimmte Mindestanteile auch gesetzlich Versicherte zu versorgen.
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  • fjr
    Eine Frechheit, wenn ein Arzt der das Rentenalter erreicht hat beschließt beruflich kürzer zu treten und sich auch noch um einen Nachfolger bemüht! Unglaublich, wenn das jeder machen würde…
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  • Slytherin
    Der Arzt hat jahrelang offen kommuniziert, dass er trotz aller Bemühungen keine Nachfolger findet. Er war mehrfach schwer krank und hat immer wieder trotzdem aufgemacht und jeder, der bei ihm Patient war, weiß, wie hart er gearbeitet hat. Dass er dann irgendwann nach wirklich Jahren (!) der Vorwarnungen den Kassensitz zumacht, ist doch wirklich keine Überraschung gewesen. Dass er jetzt im eigentlichen Ruhestand weiter Privatpatienten behandelt, ist doch sein gutes Recht. Frech sind die, die suggerieren, er hätte gefälligst weiter machen sollen.
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  • fjr
    Genau so!
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  • hans-martin.hoffmann@t-online.de
    Und so geht das weiter

    Kinder sind in diesem Land eben Privatsache, und wer sich welche anschafft und sich das eigentlich nicht leisten kann ist selber schuld...

    Oder?
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  • juwevi
    Es scheint, dass alle Fachärzte in der Region an einem Strang ziehen. Kleine wie große Patient*innen sind die Leidtragenden. Ein Hohn, wo doch beschlossen wurde, Kinder stärker in den Fokus zu rücken. Ich bin mir nicht sicher was ich davon halten soll. Wer ist schuld? Die Politik? Die Funktionäre? Die schlechten Arbeitsbedingungen? Die unangemessene Bezahlung? Das Problem ist hausgemacht, die Masse der lamentierenden Verweigerer nimmt stetig zu. Und um eine Entwicklung abzusehen muss man nicht in die USA blicken, in England zeichnet sich schon länger ab, was uns hier erwartet. Wer zahlen kann bleibt gesund, wer finanziell unterprivilegiert ist leidet eben. Ich bin für die Anschaffung der Privatkassen oder für die Eingliederung in das System. Keine Bevorzugung mehr und die Spreu trennt sich vom Weizen.
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  • andytanja
    Selbe Situation Stadt und Landkreis Kitzingen:
    Insgesamt 3 Kinderärzte, von denen meines Wissens nach nur noch einer Patienten aufnimmt. Und der Hausarzt vertröstet einen an die Kinderärzte. Wo das noch hinführen soll.

    Traurig, aber ich muss fast froh sein, dass unsere Tochter eine Vorerkrankung hatte, aufgrund derer wir von der Missio an einen Kinderarzt vermittelt wurden (es waren hier engmaschige Kontrolltermine nötig). Sonst hätten wir hier sicher auch Probleme gehabt.
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  • Faultier
    Ich bin froh, dass meine Kinder alle schon mindestens im Teeny-Alter sind. Die heutigen jungen Eltern tun mir leid. Insbesondere Zugezogene mit Kindern über einem Jahr finden keinen Kinderarzt. Ich verstehe einfach nicht, warum nicht mehr Kinderarztpraxen zugelassen werden.
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  • d.temming@gmx.de
    Eine weitere wichtige Säule, für die Deutschland immer gelobt wurde, nämlich die medizinische Versorgung, droht einzustürzen. Mangel an Notärzten, Mangel an Kinderärzten... Ich will kein Endzeitprophet sein, aber es zeigt sich immer öfter, dass der Gipfel des Wohlstandes bereits hinter uns liegt.
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  • hans-martin.hoffmann@t-online.de
    Alles ist relativ - @ coladeris -

    der durchschnittliche(!) Wohlstand in D steigt und steigt, es ist halt nur so, dass mehr und mehr davon bei denen ankommt, die eh schon (mehr als...) genug haben, und "der Rest" muss schauen wo er bleibt.

    Das hat mMn viel damit zu tun, dass es auf Einkommen aus Vermögen eine "flat tax" gibt, während Einkommen aus eigener Arbeit (ab einem gewissen Punkt) deutlich höher besteuert wird. Es ist also klar, je schneller man möglichst viel zusammenrafft, desto weniger Steuern muss man bezahlen. Diejenigen die das nicht schaffen werden halt abgehängt, aber das ist deren Problem.

    Sich auszumalen wohin das letztlich führt, überlasse ich der individuellen Phantasie, aber ich glaube nicht, dass die Mehrheit der Bevölkerung die Folgen gut finden wird. Die AfD kann sich sozusagen wahrscheinlich schon mal die Hände reiben.
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  • frank@familie-scheler.de
    Die Terminvergabestelle bot uns einen Kinderarzt in Bamberg oder Frankfurt an, Wohnort in Würzburg. ..... leider ist das wirklich keine Hilfe.
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  • holle4es
    Das Problem besteht ja schon länger. Ein weiteres Indiz für die Nicht-Wertschätzung von Kindern und Eltern in der deutschen Gesellschaft bzw. seitens der Politik. Aber wer keine Wahlstimme hat, der wird halt auch nur zweitklassig versorgt.
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  • Einwohner
    Wieder ein Beispiel, dass die gesetzliche Versicherung ein grundsätzliches Problem hat und nicht funktioniert?
    Da fordern immer alle die Abschaffung der PKV. Vielleicht sollte man die GKV abschaffen wenn sie nicht funktioniert und alle versichern sich Privat?
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  • waldwichtel
    Wenn sich alle besser Verdienenden aus dem System ausklinken ist es doch logisch, dass es nicht funktioniert. Zumal die PKV nur Personen annimmt, die keine schwerwiegenden Vorerkrankungen haben. Eine Bürgerversicherung für alle ohne Beitragsbemessungsgrenze.
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  • Möchten Sie wirklich amerikanische Verhältnisse im Gesundheitssystem schaffen inklusive allem, was das beinhaltet?
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