zurück
Würzburg / Schweinfurt
Verurteilte Straftäter müssen wegen Corona später in Haft
Seit Februar gibt es in den bayerischen Justizvollzugsanstalten Regeln, damit sich die Gefangenen nicht infizieren. So ist die Lage in den unterfränkischen Gefängnissen.
Seit Beginn der Corona-Pandemie hat die Justizvollzugsanstalt Würzburg vermehrt Schutzmaßnahmen ergriffen.
Foto: Saulo Fonseca | Seit Beginn der Corona-Pandemie hat die Justizvollzugsanstalt Würzburg vermehrt Schutzmaßnahmen ergriffen.
Johanna Heim
 |  aktualisiert: 27.04.2023 09:47 Uhr

Auch Gefängnisse müssen sich Gedanken über den Umgang mit Corona machen, vor allem darüber, wie sie ihre Insassen schützen können. So gibt es seit Ende Februar Regeln, damit sich die Gefangenen nicht mit dem Virus infizieren. Ein Insasse der Justizvollzugsanstalt Würzburg kritisiert allerdings gewisse Mängel. Er hat seit Mitte März mehrere Briefe an diese Redaktion geschickt.

Der Insasse wirft der Gefängnisleitung mangelnde Schutzmaßnahmen in gleich mehreren Bereichen vor. So soll der Mindestabstand von 1,5 Metern morgens beim Ausrücken der Gefangenen zur Arbeit in einem engen Treppenhaus nicht eingehalten werden. Die Häftlinge stünden für "bis zu 15 Minuten Schulter an Schulter". Außerdem sollen Insassen, die in der Justizvollzugsanstalt arbeiten, weiterhin Kontakt zu Personen von außerhalb haben, etwa zu externen Mitarbeitern, "obwohl man somit die Gefahr einer Infektion von außen eingeht". In einem der Briefe steht auch, dass neue Insassen aufgenommen worden sein sollen, ohne dass sie vorher auf das Virus getestet worden seien. Zusätzlich beklagt der Verfasser der Briefe, dass die Insassen nicht ausreichend über die Pandemie informiert würden.

Erste Maßnahmen bereits Ende Februar

Eine Nachfrage dieser Redaktion beim bayerischen Justizministerium ergab, dass bereits Ende Februar die ersten Schutzmaßnahmen ergriffen worden seien, um der Ausbreitung des Virus entgegenzuwirken. Alle 36 Justizvollzugsanstalten im Freistaat seien aufgefordert worden, "die bestehenden Pandemie-Planungen zu aktualisieren, Schutz- und Hygiene-Maßnahmen zu ergreifen und Schutzausrüstung sowie Desinfektionsmittel aufzustocken", erklärt Ulrike Roider, Pressesprecherin des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz. Auch der vorgegebene Mindestabstand müsse von Bediensteten und Gefangenen eingehalten werden. Roider räumt jedoch ein, dass es durch "die baulichen Gegebenheiten" dazu kommen könne, dass der Mindestabstand nicht immer eingehalten werden könne.

Um die Sicherheit der Insassen zu gewährleisten, werde die Anzahl an Neuzugängen reduziert. Verurteile müssen erst zu einem späteren Zeitpunkt in Haft. Häftlinge, die trotzdem in die Vollzugsanstalt müssen, kommen laut Regierungsdirektorin Roider für mindestens zwei Wochen in Quarantäne. Insgesamt spricht sie von aktuell "mehr als 13 Prozent freien Kapazitäten in den Vollzugsanstalten" – um die Gefängnisse in der momentanen Situation zu entlasten.

Die Vollzugsanstalten Würzburg und Schweinfurt haben freie Plätze

Auch die Vollzugsanstalten Würzburg und Schweinfurt sind zur Zeit nicht voll ausgelastet. Momentan beherbergen diese Gefängnisse 520 anstatt 591 beziehungsweise 68 statt 84 Insassen. "Leute, die kurze Strafen abzusitzen hätten, bleiben erstmal draußen", erklärt Robert Hutter, Leiter der beiden Justizvollzugsanstalten. Außer den Vollzugsbeamten kommen keine externen Personen wie etwa Lehrkräfte ins Gefängnis. Und Zulieferer dürften zum Abladen der Waren nur mit Mundschutz und ohne den Kontakt zu Mitarbeitern auf das Gelände.

Laut Regierungsdirektorin Roider sind auch Ausgang, Hafturlaub und der Besuch von Angehörigen aktuell nicht mehr erlaubt. Die einzige Ausnahme: der Besuch durch Rechtsanwälte. Zum Ausgleich der Beschränkungen werden dafür laut Roider jedoch "Telefonate großzügig zugelassen und bei Bedarf finanziell unterstützt". Auch in den Justizvollzugsanstalten Würzburg und Schweinfurt werden die Maßnahmen umgesetzt. 

"Wir haben erfreulicher Weise keinen infizierten Gefangenen."
Robert Hutter, Leiter der Justizvollzugsanstalten Würzburg und Schweinfurt

Zum Vergleich: Vor Beginn der Corona-Pandemie durften Insassen nur mit triftigem Grund telefonieren, beispielsweise bei Krankheitsfällen in der Familie. Aktuell dürfen die Gefangenen jedoch "bis zu 40 Minuten im Monat telefonieren", so Hutter. Dem Vorwurf der mangelnden Information über die Corona-Pandemie hält er entgegen: "Jeder hat die Möglichkeit, sich zu informieren." Insassen könnten sich Fernseher ausleihen, mit denen sich ausschließlich Radioprogramme hören ließen.

Damit das Virus gar nicht erst ins Gefängnis gelangt, wurden in beiden Justizvollzugsanstalten Abteilungen eingerichtet, in denen Verdachtsfälle behandelt werden. Neue Zugänge kommen für 14 Tage auf eine Quarantäne-Station und werden dann auf das Virus getestet. In den Justizvollzugsanstalten Würzburg und Schweinfurt gibt es unter den Gefangenen aktuell keine Corona-Infektionen. In Quarantäne befindet sich jedoch ein Mitarbeiter der Anstalt in Würzburg.

Drei Gefangene mit Corona in Bayern

Seit Beginn der Pandemie sind laut Aussage des Justizministeriums bayernweit drei Gefangene und 18 Bedienstete positiv auf das Virus getestet worden. Bei zwei der erkrankten Insassen handelte es sich um Neuzugänge, die getrennt von den Mithäftlingen untergebracht worden sind. Der andere Erkrankte wird derzeit in einer Klinik außerhalb des Vollzugs betreut.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Johanna Heim
Coronavirus
Gefangene
Gefängnisse
Häftlinge
Justizvollzugsanstalt Würzburg
Justizvollzugsanstalten
Leser
Pandemien
Pressesprecher
Schutzmaßnahmen
Verbrecher und Kriminelle
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • F. H.
    @Arcus - nur zur Information ! ! ! !
    Manche müßen einrücken weil sie z.B.
    Rechnungen über Verkehrsstrafen etc.
    nicht begleichen konnten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Möglicherweise macht es Sinn einige Haftstrafen in Geldstrafen umzuwandeln.
    Dass Haftstrafen in den seltensten Fällen die vermeintlichen Ziele erreicht, ist bei Experten unumstritten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. R.
    Der Spruch bleiben Sie zuhause ist da wohl überflüssig 😂😂 ist eigentlich doch gut isoliert und geschützt. Recht und Pflichten kann man natürlich nicht aushebeln. Glaube gerade wo Leute in geschossenen Bereichen einsitzen ist es gut zu kontrollieren .
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • W. T.
    Warum sitzt er wohl hat er gegen das Gesetz verst...aber jetzt alles bemängeln.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten