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Würzburg
Vergewaltigungs-Prozess: Angeklagter spricht von einvernehmlichem Sex
Stolzes Eingeständnis statt Geständnis im Würzburger Prozess um dreifache Vergewaltigung. Das Gericht lässt starke Zweifel an den Aussagen des angeklagten Kickboxers erkennen.
Ein Geständnis hat der wegen dreifacher Vergewaltigung angeklagte Kickboxer Ilker A. am Landgericht Würzburg nicht abgelegt. Er sprach von einvernehmlichem Sex.
Foto: Frm/dpa | Ein Geständnis hat der wegen dreifacher Vergewaltigung angeklagte Kickboxer Ilker A. am Landgericht Würzburg nicht abgelegt. Er sprach von einvernehmlichem Sex.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:11 Uhr

Für eine schnelle Nummer war Ilker A. immer zu haben: "Ich hatte in meinem Leben sehr viele Frauen", versichert der 30-Jährige vor Gericht selbstbewusst. Aber Vergewaltigung? Das weist der ehemalige Lehramts-Student und Kickboxer von sich. Eloquent und ausschweifend widerspricht er der Anklage: Die drei Frauen, die ihn vor Gericht brachten, seien einvernehmlich mit ihm intim gewesen - wie 200 andere, sagt der Angeklagte. "Ich hatte viele Frauen in meinem Leben."

Szenen fürs Fernsehen nachgestellt

Der Prozess findet hohe Aufmerksamkeit. Am Gericht drängen sich Reporter und Zuschauer. Ein Sender stellt ungehemmt am Tatort die Szene nach, bei der sich der Angeklagte mit einer Frau im Würzburger Ringpark in die Büsche schlug - angeblich, um sie zum harten Sex mit Würgen und Schlagen zu zwingen. 

Gerade in diesem Punkt der Anklage hatte das Gericht auf ein Geständnis gehofft. Doch der Angeklagte entschuldigt sich nur dafür, dass er heimlich filmte wie er mit einem Dutzend Frauen intim war. Die habe er über Dating-Plattformen wie "Tinder" gesucht - nur zum unverbindlichen Sex, nicht für eine Beziehung. "Ich habe mich mittlerweile bei den Damen entschuldigt", sagt er am Mittwoch zu Beginn seiner zweistündigen Erklärung. 

Die Grenze zwischen Dominanz und Gewalt 

Kein Wort der Entschuldigung kommt zu den massiven Beschuldigungen, er habe Frauen dazu gezwungen, ihm bei ausgefallenen Wünschen zu Willen zu sein. Im Gegenteil. Bei einer Frau habe ihm, dem dominanten Typen, "gefallen, dass sie die Zügel in die Hand genommen hat", erzählt er. Sie sei "nicht gerade zimperlich" gewesen.

 "Wenn der Sex so gut war: Warum sollen drei Frauen Sie dann - unabhängig voneinander - der Vergewaltigung bezichtigen?", fragt der Richter Claus Barthel. Dafür hat der Angeklagte keine plausible Erklärung. Und ein Anwalt sagt später: "Natürlich spielt in diesem Fall auch #metoo eine Rolle - und die heikle Frage: Wie dominant mögen Frauen insgeheim ihren Kerl - und wo ist die Grenze?"  

Angeklagter erinnert sich bis ins kleinste Detail

Zwei Jahre nach dem Vorfall erinnert sich der Angeklagte bis ins Detail an den Vorfall, der angeblich mit einer Vergewaltigung im Ringpark endete: In der Bar, in der er mit der Frau vorher war, sei eine schnelle Nummer unmöglich gewesen, weil es nur ein Klo gegeben habe. Also sei man durch die Stadt gebummelt und er habe der Frau Zigaretten besorgt. Sogar an die Marke erinnert er sich. Im Ringpark sei man auf der Wiese neben dem Weg zur Sache gekommen - wobei sie ihn aufgefordert habe, sie auch hart anzufassen. 

Noch hat die Beweisaufnahme viel Arbeit vor sich: Hat die Frau um Hilfe gerufen und von Vergewaltigung gesprochen - im Spaß oder aus Angst? Eine Passantin ließ sich nicht abwimmeln. Schließlich ergriff Ilker A. die Flucht, verfolgt von einem Zeugen - und wurde schließlich festgenommen.  

Kleine Lügen nähren Zweifel an dem großen Auftritt

Die erste der Frauen sagte am Mittwochnachmittag aus - unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nach draußen dringen nur wenige Details. Aber die Frau widerspricht vehement der Version vom einvernehmlichen Sex und Würgen auf Verlangen. Zwei kleine Details nähren Zweifel an der Version des Angeklagten: Sie habe auf dem Heimweg keine Zigaretten gekauft, denn sie rauche überhaupt nicht, sagt die Frau. Und ein Anruf der Redaktion bei der Würzburger Bar ergibt: Dort gibt es mehr als nur eine Toilette. Wie glaubhaft ist da der Rest der Erzählung des Angeklagten? 

Das Gericht macht aus seiner Enttäuschung, dass der Angeklagte kein Geständnis abgelegt hat, keinen Hehl. Oberstaatsanwalt Jürgen Bundschuh geht noch weiter: "Sie hatten Ihren Auftritt", sagt er dem Angeklagten. "Aber die nächsten Tage gehören den Geschädigten." Die sollen nun im Zeugenstand ihre Sicht der Dinge schildern. 

 
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  • U4564@gmx-ist-cool.de
    Ehemaliger Lehramtsstudent? Wollte der etwa Fachlehrer für Sexualkunde werden? zwinkern
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  • kej0018@aol.com
    @mainmaisch

    Sehr witzig...
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