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Würzburg
Urteil nach Freispruch in Würzburg angefochten: Was ist der Unterschied zwischen Berufung und Revision?
Der schwierige Prozess um tödliche Messerstiche vor dem Club "Studio" in Würzburg ist noch nicht vorbei: Die Staatsanwaltschaft hat Revision eingelegt. Was bedeutet das?
Freispruch am Landgericht Würzburg - und jetzt Revision? Die Staatsanwaltschaft hatte im Prozess um tödliche Messerstiche eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren gefordert.
Foto: Thomas Obermeier | Freispruch am Landgericht Würzburg - und jetzt Revision? Die Staatsanwaltschaft hatte im Prozess um tödliche Messerstiche eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren gefordert.
Benjamin Stahl
 |  aktualisiert: 02.08.2024 02:43 Uhr

Mit einem Freispruch ging der Prozess um die tödlichen Messerstiche vor Stift Haug in Würzburg zu Ende: Ein 23-Jähriger soll im September 2023 nach einem Streit vor der Discothek "Studio" einen 28-Jährigen mit Messerstichen tödlich und zwei weitere Personen schwer verletzt haben. Das Landgericht Würzburg sah "erhebliche Hinweise auf eine Notwehrsituation" und sprach den Angeklagten frei. Die Staatsanwaltschaft Würzburg will das Urteil nicht akzeptieren und hat Revision eingelegt.

Was das bedeutet und wie es jetzt weitergeht.

Was sind Ziele von Berufung und Revision?

Sowohl die Berufung als auch die Revision sind Rechtsmittel, die von Angeklagten und der Staatsanwaltschaft binnen einer Woche eingelegt werden können, um ein Urteil anzufechten. Das hat zur Folge, dass das Urteil zunächst nicht rechtskräftig wird und auch gegebenenfalls Strafen nicht vollstreckt werden. 

Was ist eine Berufung?

Wenn Berufung eingelegt und ihr stattgegeben wird, wird der Fall vor der nächsthöheren Instanz neu verhandelt - und zwar ungeachtet des Urteils aus der ersten Instanz. "Bei der Berufung wird der gesamte Sachverhalt noch einmal in tatsächlicher Hinsicht überprüft. Es handelt sich um eine zweite Tatsacheninstanz", erklärt Prof. Frank Zieschang, Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Uni Würzburg. Bei der Berufung kommt es also zu einer neuen Hauptverhandlung, in der neue Beweisanträge gestellt und Zeugen geladen werden können.

Was ist eine Revision?

Im Unterschied zur Berufung wird der Fall bei der Revision nicht noch einmal komplett neu aufgerollt. "Bei der Revision wird nur erörtert, ob das Urteil Rechtsfehler aufweist", erklärt Strafrechtler Zieschang. Hat das Gericht gegen Verfahrensvorschriften verstoßen? Wurden geltende Gesetze richtig angewandt? Fällt das Strafmaß aus dem Rahmen? Grundlagen für die Entscheidung in der Revision sind die Urteilsbegründung und das Protokoll der Hauptverhandlung.

Warum kann im Prozess um tödliche Messerstiche keine Berufung eingelegt werden?

Der Fall wurde vor dem Landgericht verhandelt. Dieses ist für besonders schwere Delikte zuständig sowie für Strafsachen, bei denen eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe oder die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu erwarten ist. "Gegen erstinstanzliche Urteile des Landgerichts gibt es keine Berufung, sondern nur die Revision zum Bundesgerichtshof" (BGH), sagt Zieschang. Berufung kann laut Strafprozessordnung nur gegen Urteile von Amtsgerichten eingelegt werden. Dann wird vor der nächsten Instanz neu verhandelt - also einem Landgericht.

Wie hoch sind die Erfolgsaussichten einer Revision?

Ob eine Revision erfolgreich ist oder nicht, "ist nicht vorab einzuschätzen und hängt vom jeweiligen Einzelfall ab", erklärt Strafrechtsexperte Zieschang. "Es geht vor allem darum, ob möglicherweise Verfahrensfehler vorliegen oder das materielle Recht nicht korrekt angewendet worden ist." Statistisch gesehen sind die Erfolgsaussichten wohl eher gering: Die Quote liegt laut Schätzungen bei etwa drei Prozent. Für die Entscheidung braucht der BGH in der Regel mehrere Monate. Wird die Revision verworfen, wird laut Zieschang das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig.

Was passiert, wenn die Revision Erfolg hat?

Hat die Revision Erfolg, wird das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen wird, sagt der Würzburger Jurist. Dort müsse die Verhandlung dann erneut durchgeführt werden, allerdings vor einer anderen Kammer. In der vorliegenden Strafsache würde das bedeuten, dass der Fall am Landgericht Würzburg neu verhandelt wird - allerdings vor anderen Richtern.

 
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