Auch in Unterfranken haben die Reisebüros wieder geöffnet. Viele Anbieter bitten die Kunden auf ihren Internetseiten darum, sich einen Termin geben zu lassen, um Wartezeiten und Ansteckungsgefahren zu vermeiden. Seit Mitte Mai hat beispielsweise auch die Reisewelt Fröhlich ihre fünf Reisebüros in Würzburg, Schweinfurt und Bad Kissingen wieder offen. Und Geschäftsführer Maximilian Albert ist froh, dass seine Mitarbeiter endlich wieder etwas anderes machen können, als Stornierungen zu bearbeiten. Der Andrang indes halte sich noch in Grenzen. Ist jetzt der richtige Zeitpunkt, mit der Urlaubsplanungen zu beginnen? Wir haben Reise-Experten aus der Region und darüber hinaus befragt, wie die Ferien 2020 aussehen könnten.
Außenminister Heiko Maas (SPD) hat angekündigt, dass die Bundesregierung die bis 15. Juni 2020 ausgesprochene weltweite Reisewarnung für alle Länder der Europäischen Union aufheben will. Auch nach Großbritannien, in die Schweiz, nach Norwegen und Liechtenstein dürfe dann wieder gereist werden. Das geht aus einem Eckpunktepapier mit dem Titel „Kriterien zur Ermöglichung des innereuropäischen Tourismus“ hervor, das schon an diesem Mittwoch, 27. Mai, im Kabinett beschlossen werden könnte.
Viele beliebte Urlaubsländer kündigten bereits an, spätestens ab 1. Juli wieder Gäste aus dem Ausland willkommen zu heißen. Einige öffnen ihre Grenzen für Touristen schon jetzt. Im Laufe des Juni sollen Hotels geöffnet und die Bewegungsfreiheit vor Ort gewährleistet sein.
Zumindest dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) geht das alles zu schnell. Man sollte auch in Sachen Reisefreiheit nichts überstürzen und müsse im Koalitionsausschuss noch einmal drüber reden, sagte er - auch mit Blick auf die Erfahrungen in Bayern nach den Faschingsferien.
Kerstin Heinen, Pressesprecherin des Deutschen Reiseverbands, sieht die beliebtesten europäischen Urlaubsziele der Deutschen bereits jetzt für denSommerurlaub gut gerüstet. Die griechischen Inseln, die Balearen und Kanaren, Portugal sowie Kroatien seien mit den Vorbereitungen am weitesten und könnten schon bald wieder Gäste empfangen. Auch Reisebüro-Geschäftsführer Maximilian Albert geht definitiv davon aus, dass Sommerferien im europäischen Ausland möglich sein werden. Die ersten Flugreisen für Ende Juni habe er schon verkauft.
„Derzeit erstmal noch nicht“, sagt Kerstin Heinen vom Reiseverband. Heiko Maas habe ja zunächst nur die Freigabe der europäischen Urlaubsziele angekündigt. Das heißt, es gehe auf individuelle länderspezifische Reisehinweise zurück. Sie gehe davon aus, dass sich die Bundesregierung jetzt die beliebtesten Urlaubsziele außerhalb Europas genau anschaue: Ägypten, Tunesien und die Türkei. Eine Öffnung hänge vom Corona-Geschehen vor Ort und dem Umgang der Länder damit ab. Auch Einreisequarantänen müssten eventuell beachtet werden. Angela de Sando von der DER Touristik Deutschland sagt: "Wir gehen davon aus, dass auch Fernreisen noch in diesem Jahr möglich sein werden. Wann genau, und in welche Destinationen, lässt sich heute jedoch noch nicht sagen."
Viele Reiseveranstalter bieten großzügige Rücktrittsklauseln an. Zum einen will man besser planen können und hofft, dass möglichst viele Urlauber sich jetzt entscheiden. Teilweise würden die Veranstalter anbieten, dass die Kunden bis 14 Tage vor Abflug kostenfrei und ohne Grund stornieren können, sagt Kerstin Heinen. Die Reisenden sollen so mehr Sicherheit bekommen.
Laut Maximilian Albert bieten viele Anbieter aktuell an, dass Reisen, die jetzt gebucht werden und vor dem 31. August beginnen, sehr kurzfristig und kostenfrei storniert werden können. Carina Schütz vom Verbraucher-Service Bayern rät, genau nach den Bedingungen zu fragen und sich die Stornierungsmöglichkeiten schriftlich geben zu lassen. Dann seien sie Vertragsbestandteil.
Markus Aspetzberger vom Deutschen Tourismusverband zitiert eine Studie von infratest dimap, wonach in diesem Jahr mehr Deutsche als sonst für diesen Sommer einen Urlaub im eigenen Land planen. Die besonders beliebten touristischen Regionen - Küsten, Inseln und die bayerischen Berge - würden traditionell oft lange im Voraus gebucht. Trotzdem gebe es auch dort immer noch freie Kapazitäten. Aspetzberger empfiehlt, schnell mit dem gewünschten Gastgeber in Kontakt zu treten.
Deutschland sei schon immer das beliebteste Urlaubsziel der Deutschen, sagt Kerstin Heinen. Ein Drittel aller Urlaubsreisen von Deutschen finde im Inland statt. Würden die übrigen zwei Drittel jetzt auch alle innerhalb Deutschlands verbracht, würde es zumindest an den beliebtesten innerdeutschen Urlaubszielen eng.
Kerstin Heinen geht von einem stabilen Preisniveau aus. Das hänge von der Nachfrage ab, die aktuell niemand vorhersagen könne. Wenn sie unerwartet steige, könnten auch die Preise in die Höhe gehen. Doch die Entwicklung sei schwer vorhersehbar. Mit der generellen Reisewarnung der Bundesregierung am 17. März gingen die Urlaubsbuchungen gegen Null, niemand könne sagen, wie sie sich jetzt entwickeln werden. Natürlich gebe es jetzt Lock-Angebote einzelner Anbieter, sagt Reisewelt-Leiter Maximilian Albert.
Wer mit der Familie verreisen möchte, sollte sich besser beeilen, empfiehlt Albert. Ansonsten sind sich die Experten einig, dass der Sommerurlaub vielerorts anders wird und viele Touristenhochburgen nicht überlaufen sein werden. Aktuell sind überall Betten frei, wobei es in den Sommerferien in beliebten Zielen durchaus etwas knapp werden könnte: In den meisten Ländern müssen die Hotels aufgrund der Hygiene- und Abstandsregeln ihre Kapazitäten reduzieren, sagt Angela de Sandro von der DER-Touristik in Frankfurt.
Kerstin Heinen, Pressesprecherin des Deutschen Reiseverbands, empfiehlt ganz klar die Pauschalreise. Allerdings vertritt ihr Verband auch Reiseanbieter und Reisebüros. Wenn doch noch etwas passieren sollte, gebe es bei Pauschalreisen einen Ansprechpartner vor Ort und einen Veranstalter, der sich beispielsweise um einen veränderten Rückflug kümmert. Sollte es im gebuchten Zielgebiet einen Corona-Rückfall geben, könne die komplette Reise abgesagt oder umgebucht werden.
Auch Verbraucherschützerin Carina Schütz empfiehlt Pauschalreisen, weil der Verbraucher besser abgesichert sei. Carina Spirk vom „Reisekult“ in Schweinfurt kann sich aber vorstellen, dass viele Urlauber dieses Jahr lieber mit dem Auto nach Holland oder Italien fahren - und das gebe es nicht als Pauschalreise. Derartige Anfragen seien aktuell sehr häufig.
Das unterscheidet sich nicht nur von Land zu Land, sondern kann auch innerhalb einzelner Länder unterschiedlich geregelt sein. Und nicht zuletzt kann jedes Hotel anders damit umgehen. „Hier lohnt es sich auf jeden Fall im Vorfeld punktgenau zu informieren“, sagt Maximilian Albert. Insgesamt glaube er aber nicht, dass es in den Anlagen diesen Sommer so voll werde, dass der Abstand ein Problem werden könnte.
Carina Spirk vom „Reisekult“ in Schweinfurt glaubt, dass Corona keine gravierenden Einschränkungen bringt: "Klar, die Strandparty am Ballermann mit vielen anderen wird es nicht geben. 2020 wird nicht das Jahr des Massentourismus." Aber Urlauber mit Mundschutz am Strand werde es wohl nicht geben. Spirk glaubt eher, dass Urlaub durch die Krise wieder etwas besonderes wird und einen ganz neuen Stellenwert erhält: Es werde eher wieder ein Urlaub wie vor zehn, 15 Jahren sein - mit mehr Service und Individualismus und vor allem mit weniger Massen.
Reiserücktrittsversicherungen schließen Pandemien meist aus, so dass sie in der Regel nicht greifen, sagt Carina Schütz von der Verbraucherberatungsstelle in Würzburg.
Ja, für derartige Reisemängel sehe das Gesetz einen Minderungsanspruch vor, der im Anschluss an die Reise geltend gemacht werden könne, sagt Carina Schütz. „Der Anspruch ist unabhängig von höherer Gewalt oder einem etwaigen Verschulden des Reiseveranstalters, das heißt, er muss auch dann zahlen, wenn er für die einschränkenden Reisemängel nichts kann.“ Grundsätzlich könne man sich bei Minderungsansprüchen an der Frankfurter Tabelle orientieren. Diese werde vermutlich in den nächsten Jahren aufgrund der ungewöhnlichen Einschränkungen um einige Tatbestände erweitert.
Das Reiseland Deutschland lebe von seiner Vielfalt, sagt Markus Aspetzberger. Wer bisher an der Ostsee war, kann die Mecklenburger Seenplatte für sich entdecken oder eines der Mittelgebirge. Wer nach Inspiration sucht, dem empfiehlt Aspetzberger die Homepage www.entdecke-deutschland.de