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Würzburg
Untreue: Landkreisbeamter fühlte sich sozial benachteiligt
Seine Beurteilungen waren bestens. Altlandrat Nuß lobt ihn als "brillianten Mitarbeiter". Aber der Beamte des Landkreises Würzburg hat sich nicht immer korrekt verhalten.
Ein Beamter des Landratsamtes Würzburg muss sich vor dem Würzburger Landgericht für 31 Fälle der Untreue rechtfertigen.
Foto: Thomas Obermeier | Ein Beamter des Landratsamtes Würzburg muss sich vor dem Würzburger Landgericht für 31 Fälle der Untreue rechtfertigen.
Thomas Fritz
 |  aktualisiert: 13.02.2024 13:05 Uhr

Altlandrat Eberhard Nuß beschreibt in als "brillianten Mitarbeiter", der von seinen Vorgesetzten im Würzburger Landratsamt stets sehr gute Beurteilungen bekam. Allerdings soll sich der 58-Jährige Abteilungsleiter im Dienst und auch Mitarbeitern gegenüber nicht immer korrekt verhalten haben. 31 Fälle der Untreue werden ihm von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegt. Insgesamt geht es im Verfahren vor dem Landgericht Würzburg um einen Betrag von 2500 Euro, der in der Kreiskasse fehlt.  

Seit Juli 2018 ist der Beamte, der nach A 13 besoldet wird, vom Dienst suspendiert. Bezüge bezog er nach Informationen dieser Redaktion weiterhin. Altlandrat Nuß, als Zeuge geladen, konnte dazu nichts sagen. "Wie es mit dem Gehalt weiterging, weiß ich nicht", sagte er aus. "Weil wir uns gut kennen, wurden alle dienstlichen Ermittlungen an die Landesanwaltschaft abgegeben." Das Verfahren dort ruht im Moment. 

Seit 1986 ist der Beschuldigte im öffentlichen Dienst beschäftigt. 1991 kam er ans Landratsamt, seit 2006 leitet er dort eine Fachabteilung. Im Gerichtssaal zeigt er sich redegewandt. Er stellt den Zeugen - darunter viele seiner ehemaligen Mitarbeiter - Fragen, gibt Erklärungen ab und ist um solche nicht verlegen, als es darum geht, sein Verhalten zu verteidigen.

Beispielsweise soll er Blumen für eine verstorbene Klassenkameradin gekauft und diese private Ausgabe als dienstliche über die Kreiskasse abgerechnet haben. "Ich habe den privaten Beleg genutzt um eine Handkasse für unsere Abteilung anzulegen", räumt er vor der Strafkammer ein. Die 80 Euro seien für kleinere Ausgaben im Amt bestimmt gewesen.

Beamter legte einen Weinvorrat an

Immer wieder werden vom Staatsanwalt Weinkäufe aufgezählt, die der Beamte "entgegen einer ausdrücklichen dienstlichen Anweisung" einem Vorrat an Präsenten zugeführt haben soll. Geschenke für Referenten, erklärt der Abteilungsleiter - und als solche habe er sie auch abgerechnet und in zwei Schränken im Landratsamt gelagert. "Das haben wir seit Jahren so gemacht und es wurde nie beanstandet." Altlandrat Eberhard Nuß ist dies nicht bekannt gewesen. "Wenn, dann waren solche Anschaffungen Sache des Büro des Landrats, nicht des Fachbereichs", sagt er aus.  

Auch Bewirtungskosten für Besprechungen legte der Fachbereichsleiter privat aus und holte sich das Geld aus der Kreiskasse. Dabei gibt es im Landratsamt eine zentrale Stelle, die für Kaffee, Gebäck und Getränke bei solchen Zusammenkünften sorge, erklärte der Personalleiter der Behörde vor Gericht. 

"Dass ich als Beamter für Bereitschaftsdienste keinen Ausgleich bekomme, ist eine soziale Ungerechtigkeit."
Beschuldigter im Untreueprozess vor dem Landgericht Würzburg

In elf Fällen räumt der Fachbereichsleiter ein, private Ausgaben dienstlich abgerechnet zu haben. Darunter ein Blumenstrauß für die Freundin, Kino-, Restaurant- und Warengutscheine. "Mir ist es dabei besser gegangen", sagt er. Er sah dies als Entschädigung für Bereitschaftsdienste an. "Dass ich als Beamter dafür keinen Ausgleich bekommen habe, ist eine soziale Ungerechtigkeit." 

Der Beamtenstatus steht auf dem Spiel

Aufgeflogen ist alles, als seine Stellvertreterin eine Auszahlungsanordnung unterzeichnen sollte. Dieser war eine Baumarkt-Quittung über Bohrer und Karabiner in Höhe von 45 Euro beigeheftet. Sie fragte bei ihren Kollegen nach, was sie damit wohl vorhaben. Aber die wussten nichts von dieser Anschaffung, sagt die Zeugin. Im März 2018 meldete sie den Vorfall. Ein "komisches Gefühl" hatte sie aber schon länger. Sie habe sich auch von ihrem Chef unter Druck gesetzt gefühlt, die Auszahlungsanordnungen schnell zu unterschreiben, erklärte sie. Und was seine Personalführung angehe, so habe sie viele Kollegen erlebt, die sich von ihm "gemaßregelt und ungerecht behandelt gefühlt haben".

Der Prozess wird am Donnerstag, 25.Juni, fortgesetzt. Dann ist auch mit einem Urteil zu rechnen. Bei einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und mehr würde der 58-Jährige seinen Beamtenstatus verlieren. 

 
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  • M. R.
    Ich denke, es haben beide Seiten Fehler gemacht. Es ist ein Unding, dass der Angeklagte natürlich Geld abzwackte, aber ich denke, dass gibt es wohl überall. Zudem ist es auch seltsam, dass das niemand prüfte. Gibt es auch andere Kollegen, die das machten?

    Warum der Angeklagte Bezüge bekommt? Weil er bislang nicht schuldig gesprochen ist. Ich kann nicht nachvollziehen, dass hier immer so eine Skepsis im Raum liegt. Er ist noch nicht verurteilt worden.
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  • I. F.
    @max2010: Finde ich eine schlimme Aussage...

    ...von Ihnen"dass der Angeklagte natürlich Geld abzwackte, aber ich denke, dass gibt es wohl überall."
    "Natürlich Geld abzwacken" gibt es also überall und ist deshalb normal?
    Tut mir leid, wahrscheinlich bin ich für eine solche Denke zu alt und anders erzogen und aufgewachsen.

    Bleiben Sie gesund!
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  • M. R.
    Sie wollen mir sagen, dass Sie zu alt sind, um einen fairen Prozess abzuwarten?
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    Ein Beamter spricht von sozialer Ungerechtigkeit ...
    Gehts noch ???
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  • K. E.
    Jeder Mensch darf davon sprechen! Warum sollte irgendjemand das nicht dürfen? Sind Sie wohl gleicher als andere?
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  • W. M.
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  • N. T.
    So ein Blödsinn. Ich war 46 Jahre Beamter in einer Behörde des Freistaates Bayern. Unser Sachgebietsleiter (Vorgesetzter von 20 Beamten) hat die erhöhten Zuschüsse zur Kaffeekasse und die Gebäcktüte für Dienstbesprechungen (Hörnli) stets aus seiner Privatkasse bezahlt. Auch den Aperitif zur Weihnachtsfeier, die wir komplett ansonsten selbst bezahlt haben. Da wäre nie einer auf die Idee gekommen, schwarze Kassen anzulegen. Der entstandene Mehraufwand an solchen Kosten war durch die höhere Besoldung begründet. Im LRA gabs halt wohl keine Dienstaufsicht. Nuss sollte ebenfalls die fette Pension gekürzt werden.
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  • S. K.
    über 4000,-€ brutto reichen dem Herrn nicht...

    da fehlen mir die Worte!

    raus aus dem Beamtenstatus und alle Bezüge
    die er "nicht verdient"hat zurück zahlen lassen..

    das dürfte möglich Nachahmer abschrecken...
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Brutto? Mit entsprechender Steuerklasse hat er die 4000 NETTO!!!!! 😫
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  • G. R.
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  • A. S.
    Dieser Beamte, wird vom Dienst suspendiert. Bezüge bezieht er weiterhin.
    Einer Reinemachefrau, die ein Fleischküchlein aus den Abfall nimmt, wird fristlos gekündigt.
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  • K. K.
    Bitte nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen. Dass die Entlassung der Reinigungskraft nicht verhältnismäßig bzw. völlig überzogen war ist ja allseits anerkannt. Die Schadenssumme in diesem Fall wird in hunderten anderer Fälle x-fach übertroffen, wo Steuergeld verplempert wird. Ungekürzte Bezüge bezieht er solange bis er verurteilt wird. Das ist Gesetz und das ist auch gut so.
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    @Unterfrank:
    Es ist schon ein Unterschied ob Steuergelder verplempert werden, oder wie in diesem Fall unterschlagen werden. Unterschlagung ist und bleibt eine Straftat!
    Wie wäre man wohl mit einem Angestellten umgegangen, der nicht verbeamtet ist???🤔
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  • K. K.
    Erstens: Das Geld ist in beiden Fällen weg! Zweitens: Den Angestellten hätte mal wohl entlassen und wenn er nicht verurteilt worden wäre hätte er sein Gehalt nachgezahlt bekommen.
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