
Dieser Wahlkampf-Tag beginnt für den thüringischen Umweltminister Bernhard Stengele mit einem Wohlfühltermin: hoch oben in der Rhön, am "Point Alpha". Am Punkt, an dem in den Szenarien von Warschauer Pakt und Nato einst der dritte Weltkrieg begonnen hätte, treffen sich an diesem August-Morgen rund 30 Grünen-Politiker aus Bayern, Hessen und Thüringen.
Man kennt sich - und weiß um die politischen Befindlichkeiten. Hier und heute gilt es, Rückendeckung für die Thüringer Parteifreunde zu demonstrieren: Bei der Landtagswahl am 1. September wird es für die Grünen darum gehen, wieder in den Landtag einzuziehen. Und - fast noch wichtiger - darum, die AfD um ihren rechtsextremen Landeschef Björn Höcke von der Macht in Erfurt fernzuhalten.
Spitzenkandidat der Grünen in einer "komplizierten" Landtagswahl
Stengele ist neben Madeleine Henfling Spitzenkandidat der Grünen. Er gibt sich vor der Führung durch die Gedenkstätte, die an die deutsche Teilung und den kalten Krieg erinnert, nachdenklich. Er spricht von einer "ausgesprochen komplizierten Landtagswahl". Es gelte, die demokratischen Werte, für die die Menschen vor 35 Jahren im Osten auf die Straße gegangen sind, für künftige Generationen zu sichern.
Dass er Höcke und seinen Vize Stefan Möller bei der Staatsanwaltschaft wegen Volksverhetzung angezeigt hat, weil dem Wahlprogramm der AfD ein Liedtext des Nazi-Dichters Franz Langheinrich vorangestellt ist, hat der grüne Minister an diesem Morgen noch nicht publik gemacht.
Rassistische Drohungen gegen sein Ensemble: Der Theaterchef kündigte
Bernhard Stengele ist Quereinsteiger in der Politik. Der gelernte Schauspieler und Regisseur war von 2004 bis 2012 Schauspieldirektor am Mainfranken Theater in Würzburg - ein häufig gefeierter, auch streitbarer Künstler. Das Theater raus aus dem Elfenbeinturm zu holen, es auch gesellschaftspolitisch zu positionieren, das war das Credo des gebürtigen Allgäuers.
Von Würzburg aus wechselte er nach Altenburg. Seine interkulturellen Produktionen in der ostthüringischen Kleinstadt sorgen für positive Schlagzeilen in der Szene. Aber auch für Unverständnis und rassistische Drohungen in der Bevölkerung. Als Stengele den "Hauptmann von Köpenick" mit einem schwarzen Schauspieler besetzte, nahm der Hass überhand.
"Für einige Ensemble-Mitglieder wurde das Leben in Altenburg zu gefährlich", sagt der 61-Jährige im Rückblick. Er selbst erklärte sich solidarisch mit den Verfolgten - und kündigte ebenfalls.

Doch nach einigen Monaten im heimischen Allgäu, sagt Stengele, habe er gespürt: "Mit Thüringen bin ich noch nicht fertig." Er kehrt nach Altenburg zurück, engagiert sich dort für die Grünen. "Ich hatte das Gefühl, jetzt etwas tun zu müssen, für die Demokratie, gegen den Rassismus, aber auch für mehr Klimagerechtigkeit."
Voller Einsatz: Landtagskandidat für die Thüringer Grünen
Und er tut dies mit vollem Einsatz. Erst wenige Monate Parteimitglied, fragt er an, ob sich die Grünen ihn als Kandidat für den Landtag vorstellen können.
Sie können - doch Stengele scheitert bei der Wahl im Herbst 2019. Einen Namen aber hat er sich parteiintern gemacht. Prominente Parteifreunde wie Kathrin Göring-Eckardt schlagen den Theatermann wenig später als Landesvorsitzenden der Grünen in Thüringen vor. Und Stengele wird - "gleich nach meiner ersten Parteitagsrede" - auch gewählt. Endgültig hat der Schauspieler und Regisseur in der Berufspolitik neue Rollen gefunden.
Als nach Querelen in der Partei Anfang 2023 neue grüne Minister für die Minderheitsregierung von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) gesucht werden, geht Bernhard Stengele kurz vor seinem 60. Geburtstag den nächsten Schritt. Er wird Minister für Umwelt, Energie und Naturschutz sowie stellvertretender Ministerpräsident des Freistaats Thüringen.
In Erfurt Minister zu sein - das bedeutet: Chef zu sein für - inklusive der nachgeordneten Behörden - rund 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. "Ich habe mir das vom ersten Tag an zugetraut", sagt Stengele.
Schließlich habe er am Theater über 20 Jahre Leitungserfahrung gesammelt. "Als Regisseur großer Opern musst du die unterschiedlichsten Menschen und Gewerke im Ensemble organisieren. Da geht anfangs viel durcheinander." Am Ende aber stehe ein Termin, eine Premiere: "Da muss alles funktionieren, da gibt es keine Rücksicht auf Eitelkeiten."
In der Politik sei das anders. Stengele lacht: "So einen Premierentermin, der Debatten ein Ende setzt, den wünsche ich mir häufiger auch in der politischen Auseinandersetzung."

Als Minister ist Stengele an diesem August-Tag im Kali-Bergwerk Merkers gefragt. Die grüne Funktionsjacke von Point Alpha hat er gegen ein blaues Sakko getauscht, als er unter Tage drei Mitglieder der Grubenwehr für ihr langjähriges Engagement mit Ehrenzeichen des Bundespräsidenten auszeichnet. Die Bergmannskapelle spielt das Steigerlied, der Minister würdigt das Ehrenamt. Zum Smalltalk hinterher gibt's belegte Brötchen - und ein Gläschen alkoholfreien Rotkäppchen-Sekt. Ehrensache, dass der Minister selbst mit ausschenkt.
Gesellschaft voller Widersprüche: Die Stimmung in Thüringen ist "häufig schlecht"
Ein Termin, den Stengele später im Gespräch zum Anlass nimmt, auf die gesellschaftlichen Widersprüche in Thüringen hinzuweisen. Die Stimmung im Land sei "häufig schlecht". Wann immer die Menschen über Politik reden, sei die Spaltung fast körperlich spürbar.
Auf der einen Seite diejenigen, die gemeinsam für politische Kompromisse, für Lösungen streiten. Auf der anderen Seite jene, "die frustriert sind", sich abgehängt fühlen und "leider häufig mit Fakten nicht mehr zu erreichen sind". Ausdruck ihres Protests sei es, trotz der offen gezeigten Menschenfeindlichkeit und Demokratieverachtung die AfD zu wählen. Oder, wie der Grünen-Minister sagt, die "rückwärtsgewandten Populisten" vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW).
Zur Auflockerung rezitiert der Minister Fontane und Heine
Gleichzeitig erlebe er, wie die Menschen in Thüringen, so sehr sie politisch auch streiten, solidarisch füreinander einstehen, sagt Stengele. Wenn es beispielsweise nach Hochwasser oder Starkregen gilt, in der Nachbarschaft mitanzupacken. Auch in der Grubenwehr, in Vereinen oder in Naturschutz-Projekten sei man Seite an Seite gemeinsam aktiv.
"Ohne Politik ist die Stimmung gleich besser", sagt der 61-Jährige. Und so versucht er, die Wahlkampf-Anspannung hin und wieder mit Kunst und Kultur zu lockern. Da rezitiert der Minister dann auf Social Media gerne mal Theodor Fontane - oder Heinrich Heine.
Für die Thüringer Grünen wird es am 1. September knapp
Bis zu 30 Prozent prophezeien die Umfragen für die Höcke-AfD. Auch das BSW könnte zweistellig in den Erfurter Landtag einziehen. Da bleibt wenig Platz für andere, schon gar nicht für die Grünen. Stengele weiß, dass es am 1. September knapp wird. Schon 2019 kam seine Partei mit 5,2 Prozent nur gerade so in den Landtag, landete aber tatsächlich in der Regierung. An so was glaubt heute niemand mehr.

Aktuell argumentieren die Grünen, ein knappes Scheitern ihrer Partei an der Fünf-Prozent-Hürde könne dazu führen, dass der AfD schon 27 oder 28 Prozent reichen, um ein Drittel der Landtagsmandate zu gewinnen. Dann würden die Rechtsextremen bei der Besetzung von Führungspositionen in der Justiz mitreden.
Abends ist Wahlveranstaltung zur "Wärmewende" vor einem guten Dutzend Sympathisanten in Eisenach. 4,5 Prozent haben die Grünen hier in diesem Juni bei der Europawahl erzielt. Die AfD war mit 27,4 Prozent die stärkste Partei.
Dass es wieder so kommt und die AfD künftig über Richterinnen und Staatsanwälte mitentscheidet? Stengele sagt: "Mindestens das müssen wir verhindern."
d´Administration, besucht hat. Man wählt andere nicht. Auch Frau Le Pen besuchte diese.
Und, ist es da besser? Sicher wäre es begrüßenswert, wenn mehr politische Bildung vorhanden wäre. Doch in den Parteien gibt es sicher Schulungen. Das Beispiel mit den Barbershops finde ich in diesem Bereich noch zutreffend, doch unsre Politiker sollen eine Vielfalt der Bevölkerung darstellen, die meisten sind jedoch Juristen. Auch Herr H. ist kein Politiker, er schließt aus seinem Geschichtsstudium auch etwas merkwürdige Schlüsse, bzw. kennt er vieles nicht. Ein schlimmerer Herr H. hatte überhaupt kein Studium, war angeblich ein abgebrochener Künstler, welcher seinen Hass der ganzen Welt überzog. Nachfolger, ob mit oder ohne Studium, wird sich doch hoffentlich niemand wünschen.
Der Herr könnte ja mit dem Kinderbuchautor Robert Habeck eine Theater mit Stücken für Kinder ins Leben rufen.