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Würzburg
Uni und FHWS: Wie geht es nach dem Corona-Semester weiter?
Das digitale Sommersemester geht für Studenten und Dozenten bald zu Ende. Und dann? Ist im Herbst in Würzburg eine Rückkehr in die Hörsäle möglich? Das sind die Aussichten.
So voll wie hier bei einer Lesung mit Journalist Deniz Yücel im November 2019 wird es im Audimax der Neuen Universität in Würzburg im kommenden Wintersemester nicht werden. Corona-Abstandsgebote sind auch an den Hochschulen einzuhalten.
Foto: Daniel Peter | So voll wie hier bei einer Lesung mit Journalist Deniz Yücel im November 2019 wird es im Audimax der Neuen Universität in Würzburg im kommenden Wintersemester nicht werden.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:42 Uhr

Die Corona-Krise hat den Hochschulbetrieb ordentlich durcheinandergewirbelt. Seit Mitte März geht in den Hörsälen nichts mehr. Zwar sind seit Ende April unter strengen Hygieneauflagen Präsenz-Prüfungen wieder erlaubt und seit kurzem auch Seminare mit maximal 20 Teilnehmern. Davon wird aber mit Blick auf die kurze Zeit bis zu den Semesterferien kaum Gebrauch gemacht.

Das Sommersemester 2020 – es geht als "Corona-Semester" in die Jahrbücher ein. Und als Digitalsemester. Binnen kürzester Zeit wurden Online-Formate aus dem Boden gestampft, Studierende und Dozenten trafen sich übers Internet, vor allem in "Zoom"-Meetings. 

Nun ist das Corona-Semester zu zwei Dritteln vorbei und 28 000 Studierende der Würzburger Julius-Maximilians-Universität (JMU) und 9000 Studierende der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS) fragen sich: Wann und wie geht es im Wintersemester weiter?  Noch ein reines Digitalsemester will niemand, wie Recherchen zeigen. In Politik und Hochschulen wird eifrig an Kombi-Modellen aus Online- und Präsenzlehre geschraubt – am so genannten "Hybrid-Semester".

Das leere Audimax, der zentrale Hörsaal der Neuen Universität in Würzburg. Zumindest teilweise könnte er für Vorlesungen belegt werden.
Foto: Esther Knemeyer Pereira, Uni Würzburg | Das leere Audimax, der zentrale Hörsaal der Neuen Universität in Würzburg. Zumindest teilweise könnte er für Vorlesungen belegt werden.

Zumindest die Frage nach dem Wann ist seit vergangenem Freitag geklärt. Da benannte Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) die Vorlesungszeiträume für das Wintersemester: an den Universitäten vom 2. November bis 12. Februar, an den Technischen Hochschulen und Hochschulen für angewandte Wissenschaften vom 1. Oktober bis 25. Januar (Ausnahme sind NC-Studienplätze ab 2. November). Früher ran müssen Medizin- und Pharmaziestudenten ab dem zweiten Semester, für sie starten die Vorlesungen bereits am 12. Oktober und enden am 5. Februar.

Ist das digitale Studium ungerecht und unsozial? 

Wegen der gebotenen praktischen Einheiten in den Kliniken stehen die Mediziner an Uni Würzburg vor speziellen Herausforderungen. Aber auch in anderen Fakultäten bereitet der Gedanke an einen dauerhaften Digitalmodus Kopfzerbrechen. Denn trotz aller Bemühungen durch Rechenzentrum und Dozenten: Ein Teil der Studierenden verpasst bei reinen Online-Veranstaltungen den Anschluss.

So befürchtet Strafrechtsprofessor Eric Hilgendorf, ein Drittel der Erst- und Zweitsemester zu "verlieren". Heißt: Sie fallen durch. Das digitale Studium sei "unsozial", findet der Jurist. Abgehängt würden die Schwächeren mit schlechteren Voraussetzungen – sei es aus technischen oder familiären Gründen oder aufgrund ihrer Persönlichkeit. Konkrete Hilfestellungen und Hinweise wie im Hörsaal seien online kaum möglich. Auch Matthias Frosch, Dekan der Medizinischen Fakultät, sagt: "Manche Studierende brauchen mehr Führung." Mögliche Folgen der Digital-Umstellung werde man erst später beurteilen können.  

Die Universität als Treffpunkt: Viele Studierende vermissen den direkten Austausch mit den Kommilitonen. Das Bild entstand kurz vor dem Lockdown im Februar.
Foto: Patty Varasano | Die Universität als Treffpunkt: Viele Studierende vermissen den direkten Austausch mit den Kommilitonen. Das Bild entstand kurz vor dem Lockdown im Februar.

An der FHWS hat eine Befragung der Studierenden gezeigt: Gut die Hälfte vermisst den direkten Kontakt zu Kommilitonen und Dozenten. Bei allem Engagement, aller Flexibilität: Mit Digitalvorlesungen lerne man nicht so gut wie mit Präsenzunterricht, meinte eine knappe Mehrheit.

"Hochschule lebt vom Diskurs vor Ort."
Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler

Der Problematik ist man sich im Ministerium bewusst. Deshalb will Wissenschaftsminister Bernd Sibler im Wintersemester so viel Präsenzlehre ermöglichen, "wie es die epidemiologische Lage zulässt". Digitale Angebote könnten den regulären Lehrbetrieb langfristig nicht ersetzen, sagt Sibler:  "Hochschule lebt vom Miteinander, vom Austausch, vom Diskurs vor Ort."

Gleichwohl sieht er auch Gutes in der Online-Lehre, das fortgeführt werden soll. Die bayerischen Hochschulen hätten durch digitale Formate "über 90 Prozent des Lehrangebots" aufrechterhalten.  "Das war ein unglaublicher Schub für die Digitalisierung", so Sibler bei einer Pressekonferenz mit der Landesstudierendenvertretung.

Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler (links) bei einer Pressekonferenz mit den Sprechern der bayerischen Studierendenvertretungen Anna-Maria Trinkgeld und Maximilian Frank.
Foto: Staatsminiserium für Wissenschaft und Kunst | Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler (links) bei einer Pressekonferenz mit den Sprechern der bayerischen Studierendenvertretungen Anna-Maria Trinkgeld und Maximilian Frank.

Um Corona-Nachteile für Studenten zu vermeiden, hat der Landtag das Bayerische Hochschulgesetz um den Artikel 99 erweitert. Unter anderem wird das Sommersemester nicht auf die Regelstudienzeit angerechnet, was Prüfungsfristen und Bafög-Bezug verlängert. Wichtige Änderung auch: Wer ein Bachelor- oder Masterstudium beginnen will, kann nötige Nachweise bis zu einem Jahr später nachreichen.

Studierende fordern frühzeitige Information von den Hochschulen

Die Studierendenvertretung appelliert an die Hochschulen, von dieser Kulanzregelung reichlich Gebrauch zu machen und die Studenten frühzeitig über die Planungen für das Wintersemester zu informieren.  

Dies soll an der Würzburger Uni Ende Juli geschehen. Bis dahin erhofft man sich noch mehr Klarheit, wie und wo Vorlesungen und Seminare unter Einhaltung der Hygieneauflagen ausgerichtet werden können. Praktika mit Arbeiten an Versuchsaufbauten sollen jedenfalls stattfinden, heißt es auf Anfrage. Schwierig wird es in den Hörsälen, wo wegen der Abstandsregel nur jeder fünfte Platz genutzt werden kann. In den größten Sälen liegt die Obergrenze dadurch bei 150 Personen.

Will im Wintersemester wieder Vorlesungen und Seminare vor Ort ermöglichen, soweit dies mit Corona-Beschränkungen vereinbar ist: Würzburgs Uni-Präsident Alfred Forchel. Digitale Angebote soll es weiterhin geben.
Foto: Patty Varasano | Will im Wintersemester wieder Vorlesungen und Seminare vor Ort ermöglichen, soweit dies mit Corona-Beschränkungen vereinbar ist: Würzburgs Uni-Präsident Alfred Forchel. Digitale Angebote soll es weiterhin geben.

Für Prüfungen hatte sich die Uni schon in den vergangenen Wochen extern eingemietet, zum Beispiel in der Posthalle. Online-Prüfungen könnten künftig eine Alternative sein: Der Landtag hat dazu in der vergangenen Woche eine "Erprobungsklausel" beschlossen, nach der die Hochschulen auch digital prüfen dürfen. Die Voraussetzungen dafür soll eine Rechtsverordnung klären, die im Ministerium gerade erarbeitet wird.

Würzburgs Uni-Präsident Alfred Forchel sieht die digitale Lehre durchaus positiv. Sie könne den normalen Betrieb in den Hörsälen und Seminarräumen unterstützen. Und doch sei die persönliche Begegnung nicht zu ersetzen: "In der Forschung ist ohne hohe Präsenzanteile kein zielgerichtetes Arbeiten möglich", ist der Physiker überzeugt. In experimentellen Disziplinen könne man nur durch persönliche Zusammenarbeit an den Apparaturen neue Erkenntnisse gewinnen. Außerdem, so Forchel, sei der direkte Kontakt mit anderen Studierenden und  Dozenten wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung.

Ausnahme Erstsemester: FHWS plant mit digitalem Wintersemester

Also im Wintersemester so viel Präsenz-Vorlesungen wie möglich? Das ist das Ziel der Uni. Dagegen zeigt sich die FHWS weniger optimistisch. Präsident Robert Grebner verweist auf das bleibende Risiko durch Covid-19. Durch Abstandsregelung, Infektionsschutz und damit reduzierte Platzkapazitäten sieht sich die Hochschule gezwungen, auch das Wintersemester erneut digital durchzuführen. Ausnahme sind die Erstsemester. Sie sollen auch vor Ort unterrichtet werden, sagt Grebner – für einen "angemessenen Einstieg in das Studium und eine positive Bindung an die Hochschule".

 
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