
Bis zu 15 Euro Mindestlohn im Jahr 2026 hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in Aussicht gestellt. Vor allem aus der Landwirtschaft gibt es dafür reichlich Gegenwind. Bayerns Bauernpräsident Günther Felßner sieht darin den Versuch, politisch auf die Mindestlohnkommission als unabhängiges Gremium Einfluss zu nehmen. Vor allem für die arbeitsintensiven Sonderkulturen wären die Folgen gravierend, sagt Felßner: Viele Betriebe würden an der Belastungsgrenze arbeiten und sich steigenden Produktionskosten gegenübersehen. Eine erneute eklatante Steigerung des Mindestlohns sei für die landwirtschaftlichen Betriebe nicht zu leisten.
Bei seiner Einführung 2015 lag der gesetzliche Mindestlohn bei 8,50 Euro pro Stunde. Über mehrere Stufen stieg der Mindestlohn zum 1. Januar 2024 auf 12,41 Euro.
Fränkischer Weinbaupräsident: Mindestlohn geht voll auf Produktionskosten
Sonderkulturen sind in Unterfranken neben dem Weinbau vor allem Spargel-, Obst- und Gemüseanbau. Auch der fränkische Weinbaupräsident Artur Steinmann sagt: "Der Mindestlohn darf kein Wahlkampfthema werden."

Bis zu 15 Euro Mindestlohn würden den Weinbau in Franken sehr belasten, so Steinmann. Vor allem würde er die größeren Betriebe treffen, die auf Erntehelfer angewiesen seien. Der Mindestlohn schlage voll auf die Produktionskosten durch, sagt Steinmann, der ein Weingut in Sommerhausen (Lkr. Würzburg) hat. "Eine Erhöhung brächten wir im Markt gar nicht unter, sie würde voll auf die Gewinnmarge gehen."
Steinmann hält den Mindestlohn generell für "ungerecht, weil er den Wettbewerb verzerrt". In Italien gebe es überhaupt keinen Mindestlohn, in Spanien liege er bei rund sieben Euro. Viele Weingüter in Franken würden in der Lesezeit mit Saisonarbeitern aus Osteuropa zusammenarbeiten, sagt der Weinbaupräsident. Das funktioniere, wenn man sie ordentlich unterbringe, versorge und sie auch Geld mit nach Hause nehmen könnten, sagt Steinmann. Aber 15 Euro die Stunde, statt der drei, die sie in ihrer osteuropäischen Heimat verdienen würden, das passe nicht mehr zusammen.
Grünen-Politiker Knoblach: Viele Betriebe verkraften weitere Kostensteigerung nicht
Auch der Grünen-Landtagsabgeordnete Paul Knoblach aus Garstadt (Lkr. Schweinfurt), Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion für Weinbau und Tierwohl, sieht eine Erhöhung des Mindestlohns kritisch. Er wisse, dass er dafür innerhalb seiner Partei und bei der SPD im Bundestag kaum Zustimmung bekäme, sagt der Politiker und Landwirt. Aber der Weinbau stecke in einer Krise, viele Betriebe würden eine weitere Kostensteigerung nicht verkraften.

Knoblach denkt vor allem an die Winzerinnen und Winzer, die ihre Trauben an eine der Genossenschaften in Franken liefern. Deren Weine müssten im Supermarkt neben Weinen für unter fünf Euro konkurrieren. Bei steigenden Produktionskosten habe der Winzer jetzt schon kaum Gewinn, sagt Knoblach. So würden selbst gute Weinlagen inzwischen zu Billigpreisen zum Verkauf angeboten oder gerodet, weil es sich nicht mehr lohne, sie zu bewirtschaften. Ändere sich das nicht, könnten in den kommenden Jahren rund 1000 der 6000 Hektar Rebfläche in Franken verschwinden, so Knoblachs Befürchtung.
Für Branchen wie den Weinbau, aber auch für andere Sonderkulturen in der Landwirtschaft, brauche es für Saisonarbeitskräfte eigene Lösungen, sagt Knoblach. Zumindest, bis die aktuelle Krise überwunden sei.
Australien 14,31, Frankreich 11,66, Neuseeland 12,92, Californien 14,69.
Keinen Mindestlohn gibt es leider in Italien. Im restlichen Südeuropa liegt er unter 7 €, aber da kommt ja nicht allzuviel Wein her.
muss ich bei dieser Diskussion an Henry Ford I denken, der seinen Mitarbeitern skandalös hohe Löhne zahlte und ihnen dafür auch noch die 40-Stunden-Woche gönnte - was alle seine Konkurrenten schlicht für verrückt hielten.
Dass diese Umstände dafür sorgten, dass die Mitarbeiter sich die von ihnen hergestellten Produkte auch leisten konnten und die 40-Stunden-Woche dazu führte, dass sie sie sogar für ihre eigenen Zwecke nutzen konnten, fand dabei keine Beachtung.
Klar sind die Löhne in Osteuropa niedriger - aber auch die Preise für Wohnen, Energie, Lebensmittel usw. Fragt sich halt, wie lange noch.
Ich befürchte sehr, unsere Landwirtschaft lässt sich ins Bockshorn jagen von den Verfechtern des Billig-billig-billig. Was nichts kostet, ist nichts wert, sagt der Volksmund - und wer den offensichtlichen Stellenwert der bäuerlichen Arbeit bei der Allgemeinheit betrachtet, neigt dazu, dem zuzustimmen. Da rauszukommen wird schwierig, aber die Alternativen sind noch unerfreulicher.
https://www.lwg.bayern.de/weinbau/146822/index.php
Die kleinen geben auf, die großen freuen sich über mehr Fläche und Oligopole, der Kunde über billigen Wein, die Politik brüstet sich mit höherem Mindestlohn, nur der Arbeiter muss sich halt was anderes suchen….
Unsere Industrie produziert in Osteuropa oder China und wir müssen € dafür bezahlen.
Die Wahrheit wird in der Mitte liegen,
Guter Beitrag. Etwas über den eigenen Tellerrand (Ausland/ EU) hinaus schauen ist hier notwendig, denn was bringt es denn Saisonarbeiter die nicht hier Leben mehr Geld zu geben, dafür aber weniger Lebensmittel (Obst, Gemüse) selbst zu produzieren und vom Ausland zu importieren. Es geht nicht nur um den regionalen Weinbau, sondern den Mindestlohn für Erntehelfer für die Landwirtschaft insgesamt. Globaler Wettbewerb ist das Stichwort. Deshalb sollte man über Ausnahmen beim Mindestlohn (keine 15€ für Erntehelfer) nachdenken.
Es geht hier vor allem um die Wettbewerbsverzerrung. Wie sollen regional erzeugte Lebensmittel bei einem Mindestlohn von 15 € mit dem im Ausland erzeugten Lebensmittel bei einem Mindestlohn von sieben Euro konkurrieren können??? Der Verbraucher ist nicht bereit, diese Mehrkosten zu tragen. Was wird passieren? Die regionale Lebensmittelproduktion wird zurückgefahren und es werden mehr Lebensmittel aus dem Ausland importiert, die zu fragwürdigen Umständen produziert werden. Dann können die osteuropäischen Saison Arbeitskräfte nach Spanien fahren und dort sieben Euro verdienen, weil es in Deutschland keine Lebensmittelproduktion mehr gibt, bei der sie 12,41 € bekommen können.
Was die Verlagerung von Produktionen ins Ausland betrifft, sehen wir ja gerade bei der Medikamenten Situation…
Die Problematik mit der Verlagerung der Produktion von Lebensmittel oder auch anderer Güter ins Ausland hängt einfach auch damit zusammen, das beim Transport und herumfahren in halb Europa nie die wahren Kosten und Schäden an der Umwelt in Rechnung gestellt werden.
War mal der Slogan der CSU: "Wachsen oder Weichen"
https://www.csu-geschichte.de/themen/detail/der-bayerische-weg-der-agrarpolitik
Zudem, warum sollte der Staat für die Produktion einer Droge dann noch im Rentenalter diese Niedriglöhner - die harte Arbeit im Weinberg leisten - finanziell unterstützen?
Man könnte auch die sehr niedrige Alkoholsteuer in Deutschland für das Luxusgut Wein erhöhen um damit besonders kleinere Winzer zu unterstützen.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/166425/umfrage/steuersaetze-fuer-spirituosen/
Dass man jetzt eine Ausnahme für Saisonarbeitskräfte machen will, mit der Begründung "zu Hause verdienen sie ja noch weniger", ist menschenverachtend.
Das führt dann irgendwann dazu, dass keine osteuropäischen Erntehelfer mehr nach Deutschland kommen werden.
Außerdem: welche Sonderrechte sollten denn Winzer gegenüber z.B. Gemüsebauern haben? Die haben die gleichen Probleme, ihre Produkte werden aber im Gegensatz zu Wein GEBRAUCHT.
Das gleiche gilt für einen Bayrischen Autobauer, der seine Autos in Ungarn zukünftig 25% billiger zusammenbauen läßt als bei uns. Rumänen haben es nach Ungarn auch nicht so weit, wenn dort noch Arbeiter gesucht werden
In Ungarn liegt der Mindestlohn übrigens bei 4.02 Euro,
in Regensburg dürfte der Lohn für Autobauer über 25 Euro liegen.