Ihre erste selbstgemachte Wimperntusche hat sie aus alten Durchfalltabletten hergestellt. Brot friert sie im Baumwollbeutel ein, sie kauft immer die krummsten Gurken und hat über ihren Weg zu einem plastikfreien Leben zwei Bücher geschrieben. Nadine Schubert, wohnhaft in einem Dörflein in den Hassbergen, kann sich mit Fug und Recht als einer der wenigen fränkischen Bestsellerautoren bezeichnen, denn ihr erstes Buch "Besser leben ohne Plastik" verkauft sich hervorragend. Jetzt war sie in der Ochsenfurter Stadtbibliothek mit einem Vortrag und ihrem zweiten Buch zu Gast. Die Veranstaltung war Teil der Reihe "Hier leben! Regional. Nachhaltig.Genießen" von Vhs, Stadtbibliothek und dem Kino Casablanca.
Der volle Veranstaltungsraum in der Stadtbibliothek zeigt: Die Idee vom plastikfreien Leben hat Anhänger. Einige der Zuhörer haben Schuberts Buch bereits gelesen. Aber es ist doch etwas anderes, von ihr selbst zu hören, wie sich so ein Leben anfühlt. Kurz gesagt: ziemlich normal. Auch sie selbst sei ganz normal, erzählt die Autorin. Verheiratet, zwei Kinder, zwei Katzen. Ein ganz normaler Haushalt mit Spülmaschine, Waschmaschine, Staubsauger. Aus Plastik.
Ja, Plastik. "Ich verteufle Plastik nicht überall", sagt sie. "Und Staubsauger gibt's nun mal nicht aus Holz." Ihr geht es um den gedankenlosen Verbrauch von Plastik als Wegwerfware. Im Supermarkt mal schnell eine Tüte von der Rolle rupfen, um zwei Tomaten nach Hause zu tragen: Solche Dinge sollten nicht sein, meint Nadine Schubert. Und müssten es auch nicht, denn die Vermeidung von Plastik sei gar nicht so schwer.
2013, als sie sich zum Plastik-Ausstieg entschloss, waren die Möglichkeiten bescheidener. Das Thema war im öffentlichen Bewusstsein noch nicht angelangt. Unverpackt-Läden gab es kaum, vor dem Abfüllen von Fleisch und Wurst in mitgebrachte Dosen schreckten Metzger aufgrund rechtlicher Unsicherheiten damals noch zurück. "Jetzt ist das in Bayern erlaubt", freut sich Schubert.
Sehr bodenständig wirkt die in Franken gern als "Plastik-Fraa" titulierte zweifache Mutter, wenn sie aus ihrem Alltag berichtet oder über Fragen, die Leser ihr stellen. Wie etwa dieser Küchennotfall: Was, wenn die im Menü fest eingeplante Gurke nur eingeschweißt zu kaufen ist? "Man überlebt es, wenn es mal keine Gurke gibt", sagt Nadine Schubert und lächelt entspannt. Ein bisschen Flexibilität, ein bisschen rumprobieren, dann klappt es schon mit dem plastikfreien Leben.
Männerkosmetik muss nach Mann riechen
Sogar, wenn man einen Ehemann hat. Männer, sagt die Autorin, seien in ihre Vorträgen chronisch unterrepräsentiert. "Denn meistens sind es die Frauen, die einkaufen gehen." Die Männer seien die, die sich vom Duschgel in der Plastikflasche nur schwer trennen. "Der Mann will etwas, was nach Mann riecht", schmunzelt Schubert. Nicht nach Ölivenöl und Bio. Eine gute Nachricht für die Herren hat sie aber auch: Bier enthalte, aus welchen Gründen auch immer, relativ wenig Mikroplastik.
Ein Filmbericht, der unter anderem auf die Allgegenwart von Mikroplastik auch in Lebensmitteln hinwies, hatte Nadine Schubert damals zur Abkehr von Plastik in ihrem Leben veranlasst. Ihrer Familie wollte sie Kunststoffpartikel im Essen oder in Kosmetikprodukten nicht länger zumuten.
Ein Plädoyer für die zweibeinige Karotte
Ihr Lebensstil geht allerdings über die Vermeidung von Plastikmüll hinaus. Sie kauft neben krummen Gurken beispielsweise auch die ebenso unbeliebten und daher vom Mülleimer bedrohten einsamen Bananen und zweibeinige Karotten. Und sie schwört: "Sie werden den Unterschied nicht merken." Schrumpeliges Gemüse kommt über Nacht ins Wasser und ist am nächsten Tag wieder knackig. Die Vorstellung, einwandfreie, aber nicht dem gängigen Schönheitsideal entsprechende Lebensmittel wegzuwerfen, ist Nadine Schubert ein Graus.
Und so kann sie stundenlang erzählen über mit Schrauben geflickte Flip-Flops, auskochbare Holzzahnbürsten, Puder aus Heil- und Tonerde und selbst gepflücktes Waschmittel in Gestalt von Efeublättern. "Das Leben ohne Plastik ist nicht teuer", sagt Nadine Schubert. Man müsse nur einfach damit anfangen und so ein Beispiel geben. "Ab morgen werden Sie an mich denken, wenn Sie einkaufen."