Ein geplanter Stellenabbau sorgt weiter für Unverständnis und Unmut an der Würzburger Julius-Maximilians-Universität (JMU). Mittlerweile hat sich auch die Politik eingeschaltet. Die Studierendenvertretung und Fachschaften fordern den Erhalt der Stellen, vergangene Woche protestierten sie vor der Uni gegen die Kürzungen.
Wie berichtet, bekommt die Uni ab dem Jahr 2023 weniger Geld aus dem bayerischen Ausbautopf für die Hochschulen. Hintergrund sind geänderte Kriterien. Danach zählt weniger als bisher die Zahl der Erstsemester, stattdessen spielen nun Abschlüsse und Regelstudienzeiten eine größere Rolle.
Universität hat ein Minus von 56 Stellen errechnet
Vor diesem Hintergrund gehen der Uni Würzburg für das kommende Jahr 1,1 Millionen Euro verloren – ein Minus von rund vier Prozent bei den Ausbaumitteln. Sie fließen über ein Bund-Länder-Programm, das vor allem die Lehre stärken sollte. Auch in den Folgejahren wird voraussichtlich Geld fehlen, als Konsequenz will die Uni 56 Vollzeitkontingente streichen.
Es handelt sich dabei um befristete Stellen, die nun nicht verlängert werden. Weil viele in Teilzeit arbeiten, dürften weit mehr als 56 wissenschaftliche Kräfte betroffen sein. Problematisch: Der Zuwachs an Studierenden bleibt, Lehrpersonal aber wird teils kurzfristig wieder abgebaut.
Hauptleidtragende sind die Fakultät für Humanwissenschaften und die philosophische Fakultät – und damit zwei Fakultäten, die wesentliche Teile der Lehramtsausbildung stemmen. Auch deshalb wendet sich die Studierendenvertretung jetzt mit einer Erklärung gegen den Abbau an die Uni-Leitung und das Ministerium. Unterstützung kommt von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sowie den Grünen.
Sie alle befürchten eine Verschlechterung der Studienbedingungen durch ausfallende oder überfüllte Seminare, durch verschärfte NCs und Probleme bei der Betreuung von Abschlussarbeiten. Der Lehrermangel drohe sich damit weiter zu verschärfen. Der Grünen-Bezirksverband Unterfranken fordert ebenso wie die Studierenden die Rücknahme der Kürzungen und stattdessen eine Umwandlung der befristeten Ausbaustellen in reguläre Dauerjobs.
Der Würzburger Grünen-Landtagsabgeordnete Patrick Friedl kritisiert die Staatsregierung. Sie entziehe sich ihrer Verantwortung, indem sie bei zentralen Zukunftsaufgaben der Unis zur internen Umschichtung rate. "Dass ausgerechnet aus der High-Tech-Agenda die Mittel genommen werden sollen, ist ein schlechter Witz, zumal die längst verplant sind", wird Friedl zitiert. Und auch die Uni-Leitung ist gegen eine Umverteilung vor Ort. Sie "würde andere Bereiche unerwartet und nicht nachvollziehbar treffen", so die Aussage gegenüber dieser Redaktion.
Ministerium: Uni Würzburg auch mit gekürzten Ausbaumitteln noch gut bedient
Aus dem Ministerium hieß es zuletzt, die Hochschulen hätten um die bevorstehende Neuverteilung der Ausbaumittel gewusst. Nur ein Fünftel davon werde überhaupt angerührt. Die Entscheidung darüber sei im Einvernehmen der 26 Hochschulpräsidenten bereits 2021 gefallen.
Würzburgs Uni-Präsident Prof. Paul Pauli hatte im Sommer gegenüber dieser Redaktion von "zähneknirschender" Zustimmung gesprochen. Immerhin habe die JMU über die Jahre besonders stark von dem Programm profitiert. Und Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) verweist darauf, dass die Uni Würzburg bayernweit "nach wie vor an zweiter Stelle" bei Investitionen über das Ausbauprogramm stehe.
Dagegen mahnt das Protestbündnis mehr Transparenz an und stört sich an Schuldzuweisungen: "Wie so häufig werden die Verantwortungen von einer Instanz zur nächsten geschoben", kritisiert der studentische Senator Henry Mörtl. "Wenn bei der Vergabe von Geldern nicht mehr erkennbar ist, ob hier Regel oder Willkür herrscht, wirft das kein gutes Licht auf irgendeinen der Akteure."
Personalabbau hat bereits in diesem Wintersemester begonnen
Aus den Fakultäten wird schon im laufenden Wintersemester von einem Abbau berichtet, Seminare fallen aus. "Wir haben uns unter falscher Annahme künftiger Bedingungen für ein Studium in Würzburg entschieden", kritisiert Politik-Studentin und Sprecherrätin Clara Betsch. Auf Anfrage bestätigt die Uni-Leitung, dass in der Politikwissenschaft und Soziologie bereits zu Beginn dieses Wintersemesters vier befristete Stellen ausgelaufen sind – wegen der Kürzungen im Ausbauprogramm.
"Zum Ausgleich", heißt es, habe man eine Stelle "im Bereich der Didaktiken" neu geschaffen. Eineinhalb weitere Stellen sollen bis 2027 Engpässe abmildern. Die gebe es aktuell vor allem in den Internationalen Beziehungen und der Europaforschung, weil der Lehrstuhl vorübergehend nicht besetzt ist. Auch in der Sonderpädagogik kommt es zum Schwund: Die Uni spricht von zwei vollen Stellen, die nicht verlängert werden könnten. Dies entspreche allerdings nur fünf bis zehn Prozent aller Stellen in der Sonderpädagogik.
Nach Bund-Länder-Beschluss: Doch noch mehr Geld vom Freistaat?
Mit dem Abbau von 56 befristeten Stellen greift die Universität jedenfalls weit voraus, kalkuliert wurde laut Pressestelle für den Zeitraum 2023 bis 2027 – ab dem übernächsten Jahr sogar mit einem Minus von jährlich acht Prozent bei den Ausbaumitteln. Mit den Einsparungen könnten auch die Gehaltssteigerungen bei den Dauerstellen aufgefangen werden.
Gleichwohl hoffen seit kurzem die JMU und andere bayerische Hochschulen, dass der Freistaat doch noch mehr Geld für das Ausbauprogramm locker macht: Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern hat Anfang November nämlich eine "Dynamisierung" der Fördertöpfe beschlossen. Das heißt, die Beträge werden der Inflation und den Personalkosten angepasst und steigen bis 2027 jährlich. Dazu soll es nun neue Gespräche der Universitäten mit dem Wissenschaftsministerium geben. Beim Abbau an der Uni Würzburg wäre dann vielleicht doch noch nicht das letzte Wort gesprochen.