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Würzburg
Gelder schwinden, befristete Stellen laufen aus: Wie groß ist der Personalabbau an der Universität Würzburg?
Jahrelang profitierte die Würzburger Uni besonders stark vom bayerischen Ausbauprogramm, nun muss sie Mittel abgeben. Das sorgt für Frust, Verärgerung – und Verwunderung.
Vorlesung an der Uni Würzburg: Weil Stellen beim Lehrpersonal nicht verlängert werden, befürchtet die Studierendenvertretung eine Verschlechterung der Studienbedingungen.
Foto: Fabian Gebert | Vorlesung an der Uni Würzburg: Weil Stellen beim Lehrpersonal nicht verlängert werden, befürchtet die Studierendenvertretung eine Verschlechterung der Studienbedingungen.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:38 Uhr

Verschlechtert ein Personalabbau an der Würzburger Julius-Maximilians-Universität (JMU) das Studium bestimmter Fächer? Es rumort in diesen Wochen vor allem in der stark betroffenen Fakultät für Humanwissenschaften und in der Philosophischen Fakultät.

Hintergrund: Etliche befristete Stellen im akademischen Mittelbau laufen mit diesem Semester aus, wissenschaftliche Mitarbeitende – häufig mit vielen Stunden in der Lehre – verlieren ihre Jobs. Die Studierenden befürchten gestrichene oder überfüllte Seminare, höhere NCs und Probleme bei der Betreuung von Abschlussarbeiten.

Studierendenvertretung befürchtet Massenveranstaltungen und "prekäre Situation"

"Der Wegfall dieser Stellen muss mit allen Mitteln verhindert werden", fordert die Studierendenvertretung auf Anfrage. Ansonsten leide die Qualität der Lehre, es drohten "Massenveranstaltungen", Studierende würden möglichst schnell durchgeschleust. Man befürchtet eine "prekäre Situation".

Bereits Anfang August hatte diese Redaktion über die Problematik berichtet. Viele an der Uni hätten erst dadurch von dem drohenden Abbau erfahren, heißt es aus den Fakultäten. Gänzlich vom Himmel fällt das Thema allerdings nicht: Die betroffenen Stellen, finanziert über ein bayerisches Ausbauprogramm, sind befristet. Dass sich der Verteilungsschlüssel für die Hochschulen in Bayern ab 2023 ändern würde, sollte ihnen bekannt gewesen sein.

Intensiv haben die Präsidenten der 26 bayerischen Hochschulen um einen Kompromiss gerungen, wie künftig die jährlich 324 Millionen Euro aus dem Bund-Länder-Programm auf die Unis und Hochschulen für Angewandte Wissenschaften verteilt werden. Bedauerlich für die Uni Würzburg: Sie verliert am meisten. Ab 2023 erhält sie zunächst 1,1 Millionen Euro weniger pro Jahr – statt 27,8 gibt es nur noch 26,7 Millionen Euro. Ein Minus von vier Prozent jährlich.

Daraus hat die Hochschulleitung den Verlust von 56 Vollzeitstellen für die kommenden fünf Jahren errechnet. Denn während die Ausbaumittel schrumpfen, steigen gleichzeitig die Personalkosten – durch die Inflation zusätzlich angeheizt. Und weil viele in Teilzeit arbeiten, dürfte es deutlich mehr als 56 Mitarbeitende erwischen. Ein Zurück oder eine Korrektur wird es allerdings kaum geben, wie Nachfragen im Wissenschaftsministerium und bei der Uni-Leitung zeigen. Die Sache scheint besiegelt.

Während die Uni Würzburg an anderer Stelle, zum Beispiel über die Hightech-Agenda, zusätzliche Millionen vom Freistaat erhält, muss sie beim Ausbauprogramm nun Kürzungen in Kauf nehmen.
Foto: Patty Varasano | Während die Uni Würzburg an anderer Stelle, zum Beispiel über die Hightech-Agenda, zusätzliche Millionen vom Freistaat erhält, muss sie beim Ausbauprogramm nun Kürzungen in Kauf nehmen.

Während sich Studierende und betroffene Mitarbeitende beklagen, halten Ministerium und Uni den Ball betont flach. Die Uni Würzburg habe seit 2008 – abgesehen von der TU München – mehr als jede andere Universität von den Investitionen des bayerischen Ausbauprogramms profitiert, erklärt Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU). Und sie tue das weiterhin: "Nach wie vor steht die Universität Würzburg an zweiter Stelle, was die Investitionen aus dem Ausbauprogramm angeht", sagt Blume. Allerdings müsse man Anpassungen vornehmen, die der Oberste Rechnungshof eingefordert habe.

Künftig soll stärker das Leistungsprinzip greifen. So will es auch der Bund bei der Verteilung der Mittel auf die Länder. Das heißt: Geld bringt nun vor allem die Einhaltung von Regelstudienzeiten, bisher war die Zahl der Studienanfänger entscheidend. Genau hier war die Uni Würzburg in den vergangenen zehn Jahren besonders stark. Durch gezielte Aktivitäten wurden Erstsemester für die JMU angeworben, das nötige Lehrpersonal konnte man über das Ausbauprogramm finanzieren. Die Uni hat damit die mit dem Freistaat vereinbarten Ziele sogar übererfüllt.

"Nach wie vor steht die Universität Würzburg an zweiter Stelle."
Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) zum Ausbauprogramm

Nun sind die Studierenden großteils noch da – doch ab 2023 fehlt es an Lehrpersonal. Ein Umstand, der für einiges Unverständnis in den Fakultäten sorgt: Diejenigen, die sich am meisten angestrengt hätten, würden nun bestraft, lautet die Kritik. Minister Blume verweist darauf, dass man das neue Verteilungsmodell gemeinsam mit allen Hochschulen einvernehmlich erarbeitet habe.

Außerdem sieht man im Ministerium die Vereinbarung für 2023 als Momentaufnahme. Jährlich werde neu geprüft, so dass sich die JMU auf Grundlage der geänderten Kriterien auch wieder ein größeres Stück vom Kuchen holen könnte. Aber nur, wenn man künftig stärker bei der Regelstudienzeit punktet. Außerdem verweist das Wissenschaftsministerium gerne auf die Autonomie der einzelnen Hochschulen: Sie könnten Mittel intern umschichten. So hat der Freistaat mit der Hightech-Agenda bayernweit 2500 Stellen geschaffen, darunter 42 Professuren und 71 weitere wissenschaftliche Stellen an der Uni Würzburg.

Bleibt die Frage, warum Fakultäten und Institute von dem Stellenabbau angeblich kalt erwischt wurden. Hat die Würzburger Uni-Leitung schlecht kommuniziert? Auf Anfrage wird dies dementiert. Im Juli 2021 hätten die bayerischen Hochschulen mit dem Ministerium die neuen Kriterien vereinbart. Die Uni-Leitung habe dann die Fakultäten "unmittelbar" informiert, dass die bis März 2023 befristeten Stellen nicht verlängert würden.

Den Verdacht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Prof. Paul Pauli habe sich als Präsident möglicherweise nicht genug für die eigene Hochschule stark gemacht, weist dieser deutlich zurück. In der schriftlichen Antwort auf eine Anfrage heißt es: "Die Kritik ist nicht berechtigt. Die Universitätsleitung hatte und hat stets das Wohl der Universität und damit der Mitarbeitenden und Studierenden im Blick und hat sich mit Nachdruck dafür eingesetzt."

Dass die Lehre wie befürchtet unter dem Stellenabbau leiden könnte, bestreitet die Uni-Leitung ebenfalls: "Da wir vom Ausbauprogramm überdurchschnittlich profitiert haben und alle Dauerstellen erhalten bleiben, gibt es keinen Qualitätsverlust." Studierende und Dozierende werden dies aufmerksam verfolgen. Ein Thema, das nach Wiedervorlage riecht.

 
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Kommentare
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  • M. K.
    Wir haben in Bayern und bundesweit einen eklatanten Lehrermangel und nun streicht man Stellen an den Fakultäten, wo ein Großteil des Lehramtsstudiums stattfindet. Das ist doch eine ganz tolle Idee.
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  • U. L.
    Die Politikwissenschaften und die Soziologie in diesen Zeiten etwas weniger zu fördern, ist in diesen Zeiten konsequent. Man muss sich auf das Wesentliche konzentrieren. Das sollten die Naturwissenschaften sein, denn die benötigen wir, um das Energie- und Klimaschlamassel zu lösen. Im Fach Chemie ist die Universität Würzburg - auch aufgrund massiver Investitionen des Freistaats - unter den führenden Universitäten der Welt. Damit das so bleibt, kann primär z. B. auf Genderprofessuren verzichtet werden.
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  • R. D.
    Humanwissenschaften und Philosophischen Fakultät. Braucht irgendjemand diese Studiengänge und diese Absolventen? Gibt es hier einen Mangel, ein Problem für die Wirtschaft? Eher nicht, oder?
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  • Veraltete Benutzerkennung
    @Einwohner dass die von Ihnen erwähnten Wissenschaften dringend gebraucht werden, wird uns doch jeden Tag bewußt gemacht.
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  • R. D.
    Sind Sie sich sicher? Manche schon, andere nicht. Man sollte nur das ausbilden, was auch benötigt wird.
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  • M. K.
    Das an diesen beiden Fakultäten ein Großteil der Lehramtsausbildung stattfindet scheint Ihnen nicht bekannt zu sein. Wir reden jeden Tag von einem eklatanten Lehrermangel in Bayern und bundesweit, aber es werden genau an diesen Fakultäten die meisten Stellen nicht verlängert.
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