Eine B19-Umgehungsstraße für Giebelstadt, Herchsheim und Euerhausen auf der geplanten Trasse wird es nicht geben, weil sie nach dem aktuellen europäischen Naturschutzrecht nicht genehmigungsfähig ist. So lautet die Einschätzung der Regierung von Unterfranken, die das Planfeststellungsverfahren deshalb in der vergangenen Woche nach zwei Jahren gestoppt hat. Der Giebelstadter Gemeinderat und die meisten der örtlichen Mandatsträger in Landtag und Bundestag wollen diese Entscheidung nicht hinnehmen, zumal fast zwei Jahrzehnte der Vorbereitung, unzählige Arbeitsstunden und hohe Kosten in der Planung stecken.
Konkret begründet die Regierung von Unterfranken ihre Entscheidung mit dem Verlust von Lebensraum für die Wiesenweihe. Der Beutegreifer - ein Zugvogel - hat in Giebelstadt eines seiner bundesweit letzten Brutgebiete. Als vom Aussterben bedrohte Art steht die Wiesenweihe - ebenso wie der Feldhamster, der rund um Giebelstadt zu Hause ist - unter besonders strengem Schutz. Weil eine erhebliche Beeinträchtigung des Schutzgebiets durch die neue Umgehung nicht auszuschließen ist, hätte eine Genehmigung nach höchstrichterlicher Rechtsprechung keinen Bestand, so die Regierung.
Weitere Ausgleichsmaßnahmen sind ohne Bedeutung
Damit sind auch die Ausgleichsmaßnahmen, die erarbeitet wurden, um den seltenen Arten neuen Lebensraum zu erschließen, ohne Bedeutung. Unter anderem war geplant, im weiteren Umfeld um die Ortsumfahrung auf einer Gesamtfläche von rund 14 Hektar zahlreiche Biotopstreifen zu schaffen, die vor allem den Bedürfnissen der Wiesenweihe und des Hamsters angepasst sind. Allein die Ausarbeitung des Ausgleichskonzepts hatte mehrere Jahre in Anspruch genommen.
"Die Entscheidung der Regierung kann niemand nachvollziehen", sagt Giebelstadts Bürgermeister Helmut Krämer. Das war auch Tenor der jüngsten Gemeinderatssitzung, in der das Gremium über das weitere Vorgehen beriet. Erster Schritt werde ein Schreiben an den Regierungspräsidenten sein, mit der Aufforderung, den Stopp des Planfeststellungsverfahren detailliert zu begründen, so Krämer. "Wir müssen erst einmal Fakten sammeln, um dann zu entscheiden, wie wir damit umgehen."
Diese Forderung unterstützt auch Landtagsabgeordneter Volkmar Halbleib (SPD). Wenn die geplante Trasse tatsächlich nicht realisierbar ist, hätte dies in der langen Planungsphase bereits deutlich gemacht werden müssen, sagt er. Der jetzige Stopp sei deshalb nicht nachvollziehbar. "Dass das dann auch noch ohne eine detaillierte schriftliche Begründung und Erläuterung mit ein paar dürren Zeilen erklärt wird, ist definitiv kein gutes Vorgehen der staatlichen Behörden", so Halbleib. Auch dass zur Beendigung des Verfahrens kein Bescheid erlassen wurde, findet Halbleib schlecht. Dann nämlich hätte die Entscheidung gerichtlich überprüft werden können.
Halbleibs Parlamentskollege Manfred Ländner (CSU) wird in seiner Stellungnahme noch deutlicher. "Genau wie unser Landrat bin ich schockiert und entsetzt über die einseitige
Abwägung der zuständigen höheren Naturschutzbehörde", sagt Ländner. Seit Jahren seien sehr gute Konzepte erarbeitet worden, um den Lebensraum von Wiesenweihe und Feldhamster zu verbessern. "Die Entscheidung ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die sich über Jahre für einen umweltgerechten Bau der Umgehung eingesetzt haben", so Ländner.
Besonders ärgert sich Ländner dabei über den Vorwurf an die Politik, Druck auf das Verfahren ausgeübt zu haben. Wie die meisten örtlichen Mandatsträger hatte unter anderem der damalige bayerische Innenstaatssekretär Gerhard Eck (CSU) der Gemeinde Giebelstadt seine Unterstützung zugesichert. Von einer Einflussnahme auf behördliche Entscheidungen könne dabei allerdings nie die Rede gewesen sein, betont Ländner. Vielmehr sei es darum gegangen, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Das sei auch jetzt dringend geboten, meint Bundestagsabgeordneter Paul Lehrieder (CSU). "Das Ding schreit danach, dass sich die Behörden noch einmal zusammensetzen", sagt er. Dabei verweist Lehrieder auf die Nutzen-Kosten-Abwägung, die im Vorfeld der Planung getroffen wurde und die im Verhältnis 2,8 zu 1 für den Bau der Umgehungsstraße gesprochen hat. Das sei ein ungewöhnlich hoher Wert. "Mich ärgert, dass 30 Jahre Arbeit, Herzblut und Schweiß vergebens gewesen sein sollen", so Lehrieder weiter.
Enttäuscht äußert sich Giebelstadts Bürgermeister Helmut Krämer darüber, dass das artenschutzrechtliche Ausgleichsverfahren nun ebenfalls obsolet würde. "Wir hätten dadurch viele viele vernetzte Biotope bekommen, die den ökologischen Wert der gesamten Agrarlandschaft des Ochsenfurter Gaus erheblich verbessert hätten", ist er überzeugt.
Eine weitergehende Abwägung zwischen der Erheblichkeit des Eingriffs und der Wirksamkeit dieser Ausgleichsmaßnahmen fordert auch MdL Volkmar Halbleib. "Das Verfahren muss noch einmal auf den Prüfstand", sagt er und schlägt als ersten Schritt einen Runden Tisch mit Vertretern von Regierung, Gemeinde und örtlichen Mandatsträgern vor. "Für mich ist es zu früh, um das Verfahren definitiv zu beenden."
Kerstin Celina fordert andere Lösungen
Unter den örtlichen Mandatsträgern ist die Grünen-Landtagsabgeordnete Kerstin Celina die einzige, die das - zumindest vorläufige - Aus für die Umgehungsstrße begrüßt. "Für mich ist diese Entscheidung logisch", sagt sie, "mich stört nur, dass man sie nicht früher getroffen hat." Die planerischen Vorentscheidungen seien in den 1990er Jahren unter ganz anderen Voraussetzung getroffen worden, argumentiert Celina. Aspekte wie die überbordende Flächenversiegelung und der Verlust fruchtbarer Böden seien damals nicht berücksichtigt worden.
Dabei habe sie durchaus die Belastung der Anwohner wegen des Durchgangsverkehrs durch Giebelstadt im Blick, betont die Abgeordnete, aber "es muss andere Lösungen geben, als immer mehr neue Straßen zu bauen, die immer mehr Verkehr anziehen." Stattdessen fordert sie mehr Rechte für Kommunen, im eigenen Ermessen den Verkehr - auch auf Bundesstraßen - zu regulieren und zu beschränken. Dadurch würden Anwohner entlastet und Verkehrsströme gleichzeitig auf alternative Routen umgeleitet. Nach den letzten amtlichen Daten geht es um insgesamt rund 12.000 Fahrzeuge, die täglich auf der B 19 durch Giebelstadt unterwegs sind.
haben nicht die Grünen erfunden - es sei denn, es wäre ihnen (u. a.) bereits gelungen, die Wirtschaftswissenschaften an der University of Toronto zu unterwandern - lest Ihr hier:
https://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur/oekonomie/wissenswert/verkehrsoekonomen-warum-strassenbau-kein-mittel-gegen-staus-ist/3279058.html
Eine zweigleisige Bahnstrecke auf der B-19-Trasse braucht man übrigens nicht zu bauen - die gibt es parallel schon, mit Halten in Kirchheim, Geroldshausen, Gaubüttelbrunn und Wittighausen. Bräuchte man nur noch ein entsprechendes P+R-Angebot, und ich schätze mal, da würden sich einige Probleme in Luft auflösen statt dass man mit einer noch bequemeren Straßenverbindung noch mehr Leute zum Autofahren animieren würde. Und gäbe es die Gaubahn noch... aber Eisenbahn war ja in den 70-ern sowas von out tja und die Geister die man rief die wird man jetzt (so leicht) nicht mehr los.
wenn irgendein Wissenschaftler irgendwas veröffentlicht, was mit "einem seinen Ansichten" nicht übereinstimmt, qualifiziert man das einfach als Quatsch ab und lebt lustig weiter wie bisher... nach dem Motto, der einzige der weiß was Sache ist, bin ich... oder?
Unglücklich bin ich über den späten Stopp. Unglücklich bin ich auch darüber, dass sich CSU/CSU, aber auch große Teile der SPD dagegen wehren, den Kommunen mehr Eigenverantw bei der Lenkung der Verkehrsströme zuzugestehen.
Warum gilt in Giebelstadt und den anderen Gemeinden nicht schon längst Tempo 30? Scheuer Andy & seine Kumpane wollten das nicht. Schwere LKWs und PKWs sollen weiter durch die Städte und Gemeinden rasen können. Auch großräumige Umgehungen sollen weiter verboten bleiben. Eine differenzierte LKW Maut? Auch da blockieren CSU/CSU&FDP.
Die Zeitenwende b Verkehr ist bei den vorgestrigen Abgeordneten noch nicht angekommen. Bedarf es wieder erst eine Krieges bis auch der letzte Abgeordnete, Bürgermeister, Landrat erkennt, dass es eines komplett neuen Ansatzes bedarf um zukünftige Mobilität umweltfreundlich sicherzustellen?
Niemand fährt deswegen zusätzlich. Wer neu hier fährt, wäre bisher woanders gefahren.