Über 200 Rehgehörne reihen sich an einer großen Tafel in der Gelchsheimer Deutschherrenhalle. Was manchem Unkundigen wie das Imponiergehabe eifriger Waidmänner erscheinen mag, dient in Wirklichkeit der Bestandsbewertung. An den Gehörnen ist ablesbar, in welchem Zustand sich die Rehpopulation befindet, erklärt Jagdberater Volker Groß.
Sie geben Aufschluss über den Gesundheitszustand und die Altersverteilung des Rehwilds. Deshalb schreibt das Jagdrecht regelmäßig eine solche Gehörnschau vor. In Gelchsheim war sie zugleich die Kulisse für eine einschneidende Zäsur in der Jäger-Kreisgruppe Ochsenfurt. Gerhard Klingler, der die Gruppe seit 21 Jahren anführte, stellte sich nicht mehr zur Wahl. Ob er einen Nachfolger finden würde, war lange Zeit ungewiss.
Dem Jagdwesen im südlichen Landkreis Würzburg mit 71 Revieren und einer jagdbaren Fläche von knapp 32 000 Hektar hat Klingler in den vergangenen beiden Jahrzehnten seinen Stempel aufgedrückt. Das Verständnis für die Jagd, ihre Bedeutung für den Artenschutz und den Erhalt der Kulturlandschaft hat er auf vielfältige Weise in die Öffentlichkeit getragen, ob mit Aktionen in Schulen und Kindergärten, dem Austausch mit Imkern, Landwirten und Naturschützern oder durch eine rege Öffentlichkeitsarbeit.
Das wurde auch in dem Rechenschaftsbericht deutlich, den Gerhard Klingler den rund 240 Mitgliedern der Jäger-Kreisgruppe vorlegte. Obwohl die Corona-Pandemie viele Aktivitäten des Vereins ausgebremst hatte, war es doch gelungen, einige Aktionen umzusetzen, etwa ein Schutzprojekt gemeinsam mit Imkern für Insekten und Bodenbrüter, einen Malwettbewerb an der Realschule Ochsenfurt oder – ganz traditionell – die Hubertusmesse in der Gelchsheimer Pfarrkirche.
Wenngleich Klingler von einigen der Jäger auch wegen eines eigenmächtigen Führungsstils hin und wieder kritisiert wurde, so hinterlässt er seinem Nachfolger doch tiefe Spuren. Das mag der Grund sein, warum sich ein solcher Nachfolger bei der letzten Wahlversammlung vor vier Jahren nicht finden ließ. Klingler stellte sich für eine definitiv letzte dreijährige Amtszeit zur Verfügung und musste wegen Corona noch ein weiteres Jahr länger bleiben. "Ich habe meinen endgültigen Rückzug angekündigt und halte es altersbedingt für angebracht, den Verein in jüngere Hände zu legen", so Klingler.
Hans-Peter Konigorski stellt sich zur Wahl
Ob es diesmal gelingt, einen neuen Vorsitzenden zu finden, war wohl die spannendste Frage, mit der die Mitglieder nach Gelchsheim gekommen waren. Von der Auflösung der Kreisgruppe war dabei gar schon die Rede. Engelbert Zobel, Leiter der Hegegemeinschaft Tauber und zugleich Bürgermeister in Bieberehren, hatte die Wahlleitung übernommen und an den Mut zur Verantwortung appelliert. Umso überraschender, dass sich mit dem Ochsenfurter Hans-Peter Konigorski ein Kandidat zur Verfügung stellte und gleich ein ganzes Team präsentierte, nachdem der stellvertretende Vorsitzende Gunther Hess und Schriftführer Daniel Muhler ebenfalls nicht mehr zur Verfügung standen.
"Ich bin bereit, die Verantwortung zu übernehmen, damit es im Verein weitergehen kann", so Konigorski in seiner Bewerbungsrede. Neue Schwerpunkte wolle er setzen, vor allem aber sei ihm dabei die Arbeit im Team wichtig. Die Mitglieder konnte er damit überzeugen. Ohne Gegenstimme sprachen sie Konigorski ihre Vertrauen aus, ebenso wie seinem Stellvertreter Michael Nöth aus Acholshausen und dessen Ehefrau Tanja, die sich als Schriftführerin anbot. Einzige Konstante im Vorstandsteam bleibt Kassier Udo Bausewein, auf dessen Bereitschaft der neue Vorsitzende gehofft hatte. Die Hegegemeinschaften Main, Gau und Tauber werden weiterhin von Burkhard Metzger, Johannes Köder und Engelbert Zobel geleitet. Gerhard Klingler wählte die Versammlung zum Ehrenvorsitzenden.
Altersaufbau beim Rehwild liegt im Argen
Eine erste große Aufgabe schrieb dem neuen Vorstand Jagdberater Volker Groß mit seinem Jahresbericht ins Stammbuch. Der Altersaufbau des Rehbestandes liege im Argen, so Groß. Um die von den Forstbehörden geforderten Abschusszahlen zu erreichen, seien vor allem Rehböcke im mittleren Alter erlegt worden, so Groß. Die aber seien als Vererber wichtig, um die Population insgesamt gesund zu erhalten.
Neben 346 Rehböcken wurden 2020 in den drei Hegegemeinschaften 716 Füchse erlegt. Deren Bejagung sei wichtig zum Schutz von Niederwild und Bodenbrütern. Die Zahl der erlegten Wildschweine ging von 450 im Vorjahr auf 252 zurück. In dem Rückgang sieht Groß eine Folge der konsequenten Bejagung, mit der man die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) verhindern will. "Vielleicht bleiben wir so vor der ASP verschont", sagt Groß.