
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat die offensive Corona-Teststrategie in Bayern verteidigt, gleichzeitig aber Anpassungen des weiterhin kostenlosen Testangebotes angekündigt. So sollen die Teststationen an Autobahnen und Bahnhöfen bis Ende September geschlossen werden. Die frei werdenden Kapazitäten wolle man für die 87 Testzentren in allen bayerischen Landkreisen und Städten verfügbar machen. An den Flughäfen München, Nürnberg und Memmingen sollen die Testzentren dauerhaft offen bleiben.
"Wenn wir die vielen Tests nicht hätten, würden wir bei Corona völlig im Nebel stochern", erklärte Söder am Dienstag vor der Presse. So seien von den rund 480.000 Coronatests an Autobahnen und Flughäfen rund 6000 positiv gewesen. Damit sei die Positiv-Quote dort mit rund 1,2 Prozent etwa dreimal höher als bei sonstigen Coronatests. Die bayerische Teststrategie habe damit "eine ganz große, massive Ausweitung der Infektionen verhindert", glaubt Söder.
Den Vorwurf einer Verschwendung von Testkapazitäten durch sinnlose Massentests wies Söder zurück: "Es war immer ein gezieltes Testen, aber mit extrem niederschwelligen Angeboten." Bei den Laborkapazitäten könne es zwar lokal Engpässe geben, bayernweit seien die Möglichkeiten bisher aber nur gut zur Hälfte ausgeschöpft.
Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kündigte an, die Kapazität der kommunalen Testzentren von derzeit rund 10.000 Tests am Tag weiter zu steigern. Nur so könne schnell auf regionale Hotspots bei den Infektionen reagiert werden. Seine Garantie für schnelle Testergebnisse binnen 48 Stunden wollte Söder allerdings nicht wiederholen: "Unser Ziel ist so schnell wie möglich", sagte er.
Die im Deutschland-Vergleich erneut überdurchschnittlich hohen Neuinfektionen in Bayern führt Söder unter anderem auf die hohe Zahl an Familienbesuchen vor allem in Südost-Europa zurück. "Wir sind näher dran am Balkan", erklärte er. Viele Infektionsherde etwa in Rosenheim oder Memmingen seien auf diese Gruppe zurückzuführen. "Wir testen aber auch mehr als andere", so Söder. Letztlich könne niemand genau sagen, warum es in einigen Regionen mehr Fälle gebe: "Bei Corona lebt man von der Überraschung", findet Söder.

Während die Staatsregierung an ihrer offensiven Teststrategie festhält, läuft deren Umsetzung vor Ort nicht immer reibungslos. Eine stichprobenartige Umfrage in Unterfranken zeigt: Viele erhalten ihr Testergebnis innerhalb weniger Stunden, manche aber warten tagelang darauf. Oder müssen aufwändig hinterhertelefonieren, wie eine sechsköpfige Familie aus Reichenberg (Lkr. Würzburg).
Ungewissheit für sechsköpfige Familie
Die Eltern hatten sich mit vier Kindern nach der Rückkehr aus dem Südfrankreich-Urlaub am Freitag an der Testrecke auf der Würzburger Talavera testen lassen. Eigens einen Tag früher war die Familie zurückgereist, um bis zu Schulbeginn Gewissheit zu haben. Doch versprochene Mails mit den Ergebnissen kamen bis Dienstagmittag nicht an, offenbar wurde der Name falsch abgelegt. Die Testabfrage über die jeweils generierten QR-Codes und die Corona-App schlug fehl: Die App kann nur ein einzelnes Testergebnis speichern, nicht aber mehrere für eine Familie.
Erst stundenlanges Telefonieren brachte am Montag den Erfolg: Alle Familienmitglieder seien negativ, so die erlösende Auskunft direkt beim Labor in Wildflecken (Lkr. Bad Kissingen). "Das hat uns wirklich Nerven gekostet", beschreibt die Mutter die Odyssee, schließlich hatten sich alle vorsorglich in Quarantäne begeben. Eine weitere Familie aus Würzburg wartete ebenfalls vergeblich auf Benachrichtigung, erhielt das Ergebnis dann erst direkt im Labor.
Ähnlich erging es einem Leser, der am vergangenen Mittwoch im Würzburger Testzentrum war: Noch habe er kein Ergebnis erhalten, beklagt er sich gegenüber der Redaktion. Einzelfälle? In Würzburg scheint es vor allem bei der Übermittlung negativer Testergebnisse zu Verzögerungen zu kommen, Positiv-Fälle werden offenbar schnell gemeldet.
Am Dienstag hat Eurofins die Auswertung für die Würzburger Teststrecke übernommen. Mit dem Laborunternehmen kooperiert auch der Freistaat für die Teststationen an den Autobahnen. Doch auch von hier werden Verzögerungen berichtet. Ein Betroffener aus Gerolzhofen erfuhr über die Hotline, dass er sieben Tage auf das Ergebnis warten müsse. Sind die von der Staatsregierung avisierten 48 Stunden bis zum Testergebnis also Makulatur?
In 90 Prozent der Tests würden die Ergebnisse innerhalb von zwei Tagen übermittelt, hieß es am Wochenende aus dem Gesundheitsministerium mit Bezug auf Eurofins-Angaben. Auch andere unterfränkische Landkreise, wie etwa Miltenberg, arbeiten mit dem Laborunternehmen zusammen.
Grundsätzlich seien im Regierungsbezirk keine größeren Probleme bei der Ergebnis-Übermittlung bekannt, so eine Sprecherin der Regierung von Unterfranken am Dienstag. Eine Einschätzung, die das Gesundheitsamt in Schweinfurt bestätigt. Aus dem Landratsamt Kitzingen heißt es, nur in Einzelfällen könne die 48-Stunden-Frist wegen der hohen Belastung des Labors nicht eingehalten werden.
Für Hausärzte, die Corona-Tests anbieten, sei die Zwei-Tage-Frist normalerweise kein Problem, sagt Christian Pfeiffer, Vorsitzender des unterfränkischen Hausärzteverbandes mit Praxis in Giebelstadt (Lkr. Würzburg). Der Mediziner warnt allerdings davor, dass die Testkapazitäten mit Beginn der Erkältungssaison knapp werden könnten. Menschen ohne Symptome flächendeckend zu testen, sei deshalb eine zumindest "zweifelhafte" Strategie. Vorrang sollten immer Risikogruppen wie Bewohner und Personal von Altenheimen und Kliniken haben.