
Kennen Sie das? Sie betreten ein Restaurant, es sind Tische frei – nur leider alle reserviert. Pech gehabt, die Lektion heißt: Beim nächsten Mal nur noch mit Reservierung ausgehen. Der Trend, das bestätigt die Gastronomie in Unterfranken, ist eindeutig und legt weiter zu.
Nicht selten werden nur noch Zeitfenster, so genannte Slots, vergeben. Nach zwei Stunden oder teilweise nur 90 Minuten heißt es wieder aufstehen und gehen. Ein Kulturwandel auf Kosten von Gemütlichkeit und Spontaneität – oder Vorteil für alle? Und woher kommt dieser Reservierungsdruck eigentlich?
Corona als Brandbeschleuniger für Personalnot in der Gastronomie
Die Veränderung begann erfahrenen Gastwirten zufolge vor der Pandemie. Schon damals habe man eine Verdichtung in den Lokalen beobachtet: Leute gingen gerne essen, aber den Gasthäusern fehlte es immer häufiger an Personal. Eine Entwicklung, die sich nach den Corona-Schließungen weiter zugespitzt hat.
Händeringend suchen viele Gastronominnen und Gastronomen in der Region mittlerweile nach Mitarbeitenden. Manche Wirte mussten dicht machen – andere specken Öffnungszeiten ab und haben jetzt mehr Ruhetage. Die Zahl der Plätze wird reduziert, Nebenzimmer werden nicht mehr bewirtschaftet. Die Folge: Große Nachfrage trifft auf geringeres Angebot. Und die Gaststätten müssen Fixkosten für Pacht und Personal in kürzerer Zeit erwirtschaften.
Insofern wundert man sich beim Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) nicht über die starke Auslastung. Wobei die Situation in Unterfranken recht unterschiedlich sei, wie Bezirksgeschäftsführer Michael Schwägerl erklärt – sowohl regional wie je nach Wochentag.
In Würzburg etwa seien weitere große Hotels ohne eigene Gastronomie entstanden, der Tourismus boomt. Gerade in den besucherstarken Monaten sind dann auch die Restaurants gut frequentiert. Entspannter geht es häufig noch auf dem Land zu. Aber auch dies gilt nicht pauschal. "Das ist von Gaststätte zu Gaststätte verschieden, je nach Beliebtheit", sagt Schwägerl.
Unterfränkischer Gaststättenverband rät zu Reservierungen
"Wir empfehlen den Gästen, einen Tisch zu reservieren statt es auf gut Glück zu probieren." Dies bringe Sicherheit für Gast und Gastwirt, sagt der Jurist. Betriebsabläufe seien besser zu steuern, wenn man die Auslastung frühzeitig kennt.
Zeichnet sich durch Reservierungen eine starke Belegung ab, "kann ich noch eine Kraft zusätzlich einsetzen", berichtet Stefan Morhard, Seniorchef im Gasthof Bären in Randersacker (Lkr. Würzburg). Die Küche könne dann bestimmte Sachen in entsprechender Menge vorbereiten. Und Gäste müssen dann nicht so lange warten.

Dehoga-Geschäftsführer Schwägerl zufolge dienen Reservierungen auch der Qualität, weil Gastronomen zielgenauer frische Ware einkaufen können. Also eine Win-Win-Situation für alle? "Spontaneität geht verloren", räumt Schwägerl ein. Aber aus Sicht des Gaststättenverbands würden die Vorteile überwiegen. Die die zunehmenden, kurzen Zeitfenster sieht Schwägerl indes differenziert.
Oft können Gäste nur für zwei Stunden reservieren, mittags zum Beispiel von 11 bis 13 oder von 13 bis 15 Uhr, entsprechend auch abends. Und dann gibt es Fälle wie in einem Würzburger Lokal, das für zwei Leute nur 90-Minuten-Reservierungen zulässt, ab drei Gästen aber 2-Stunden-Slots. Serienabfertigung in mehreren Schichten?
90 Minuten Reservierungszeit findet auch der Verband etwas knapp
Grundsätzlich hat der Gaststättenverband Verständnis, wenn die Gastronomen gestiegene Kosten durch eine dichtere Belegung hereinholen. Innerhalb eines Jahres sei der Tariflohn um 18 Prozent gestiegen, von den Energiekosten nicht zu reden. Trotzdem sagt auch Michael Schwägerl: "90 Minuten ist sportlich." Zwei Stunden, meint er, sollten für den Restaurantbesuch mindestens drin sein, um gemütlich essen und sich unterhalten zu können.

Im Randersackerer "Bären" verzichtet man auf die Beschränkung durch Slots – mit Rücksicht auf die eigenen Hotelgäste, die auch in der Gastwirtschaft speisen. Allerdings versucht man, Reservierungen etwas zu verteilen, um Stoßzeiten zu entzerren.
Aktuell, zwischen Fasching und Ostern, ist es in der Gastronomie etwas ruhiger – und damit die Wahrscheinlichkeit größer, auch ohne Anmeldung einen Platz zu bekommen. Mitunter werden auch nicht für alle Tische Reservierungen vergeben: "Ich lasse immer einen kleinen Teil für spontane Gäste frei, dann ist man im Lokal auch flexibler", sagt Klaus Behringer, der mit seiner Frau seit 1986 das "Hinterhöfle" in Volkach (Lkr. Kitzingen) betreibt.
"Einen Reservierungszwang gibt es nicht", sagt der Wirt, aber der Trend habe "massiv zugenommen". Für ihn und seine Mannschaft eine Erleichterung: "Wir wissen, wieviel wir vorbereiten müssen und können die Leute besser einteilen."
Und wenn Gäste trotz Reservierung nicht kommen? Dann ist die Enttäuschung meist groß. Beim Wirt und bei den Bedienungen – schließlich fehlt ihnen das Trinkgeld. In Berlin oder anderen Großstädten sind Reservierungen in manchen Sternelokalen nur noch mit Kreditkarten möglich. Diese Praxis hat sich in Unterfranken noch nicht durchgesetzt. "Gott sei Dank", wie Behringer findet. Er appelliert an den Anstand der Gäste: "Wenn Sie nicht kommen, sagen Sie Ihre Reservierung bitte ab."
Diese "Slots" würde ich nicht akzeptieren. Dann gebe ich mein Geld lieber woanders aus.
Wer erscheint, dem wird sie nicht berechnet. Wer aber nicht erscheint, der muss sie bezahlen. Das soll ungemein helfen.
Und da dadurch den Gastronomen Umsatz fehlt, ist es kein Wunder, wenn die dann anfangen Stornogebühren zu erheben, denn nur was kostet wird so wie es aussieht heutzutage eben auch noch Wert geschätzt und dann verhält sich die Kundschaft zuverlässiger. Leider...
Danke aber danke nein. Wo das so gehandhabt wird sieht man mich erst gar nicht.
Zukünftig werde ich für diese Geld qualitativ gute Lebensmittel einkaufen und lieber selbst zubereiten und diese dann mit meinen Freunden bzw. Bekannten zuhause in gemütlicher runde verkosten und danach dort bei guter Unterhaltung gemütlich sitzen bleiben so lange ich will.
Demnächst wird wahrscheinlich eine "no-show" Strafe eingeführt - ohne mich.
Leider kann man solche "Lokalitäten" nicht namentlich erwähnen. Da hat die Presse zuviel Angst vor Klagen.
Demnächst wird wahrscheinlich eine "no-show" Strafe eingeführt - ohne mich.
Wenn man danach noch weiter plaudern möchte, geht man in eine Bar, Bier- oder Weinkneipe. Das sind wir nicht gewohnt und würde auf dem Land auch nicht funktionieren.
Der Personalmangel hat mehrere Gründe:
Zum einen bekommen wir seit einiger Zeit der geringe Geburtenhäufigkeit zu spüren.
Die Neigung Kinder groß zu ziehen, wird immer geringer. Zum anderen sind die Arbeitsbedingungen (z.B. Bezahlung) nicht attraktiv. Während Corona sind viele abgewandert und nicht mehr zurück gekommen. Dazu sollten die Gastwirte einen kreativen Einfall haben.
Da haben Sie noch etwas vergessen - es gibt genügend Leute, denen Stütze, Wohngeld, Kindergeld etc.pp. und ein wenig Schwarzarbeit voll und ganz genügen...
Reservierungen in Restaurants finde ich ok, obwohl das für Touristen, die nicht ortskundig sind, nicht so einfach sein wird und nicht immer sind die Empfehlungen von tripadvisor und Co wirklich aussagekräftig. Wenn es aber und Weinstuben, bodenständige Lokale und den Italiener um die Ecke geht ginge wohl wirklich jede Spontaneität verloren, müsste man überall reservieren.
Die Gastronomie beklagte übrigens den Personalmangel auch schon vor Corona, 2019 muissten wir in Überlingen am Bodensee hungrig zu Bett, denn wir konnten kein Restaurant, Gastätte, Lokal oder Imbiss finden, der noch Platz für uns hatte oder, nach langer und erfolgloser Suche, um 21:15 noch irgendetwas to go herausgegeben hätte.
Bei uns stimmt das Niveau der Unterstützungen nicht, wenn keiner mehr einen Gastrojob annimmt. Gilt auch für andere Branchen.