
Autokino war gestern, stattdessen ist Traktor-Kino angesagt. Zumindest in Hopferstadt, wo in diesem Jahr zum 12. Mal die "Hopferstadter Landfilmtage" stattfinden sollten. Mit ihrer originellen Idee wollen der Verein Dorfkultur und das Ochsenfurter Casablanca-Kino von den Landfilmtagen retten, was angesichts von Corona noch zu retten ist. Mit "Ausgrissen - in Lederhosen nach Las Vegas" wird am 2. Oktober um 19.30 Uhr auf einem Acker am Hopferstadter Sportplatz eine skurill-charmante Mischung aus Dokumentar- und Spielfilm über die Leinwand flimmern, die ganz ins Sujet der Landfilmtage passt.
"Wir haben das nicht erfunden", sagt Hannes Tietze vom Casablanca. Irgendwo hoch im Norden der Republik habe wohl vor Jahren schon ein Kinobetreiber die Idee zum Traktor-Kino gehabt, sagt sein Partner Gerd Dobner. Es klang spektakulär, aber schwierig umzusetzen. In der Not haben sich die beiden Casa-Chefs heuer daran erinnert. Zumindest in Unterfranken dürfte dies eine Premiere sein.
Kinoerlebnis aus dem Führerhaus
Der Schauplatz ist ideal. Der abgeerntete Acker neben dem Hopferstadter Sportplatz, den ein Landwirt für das Kino-Event zur Verfügung gestellt hat, bietet mit 3,5 Hektar ausreichend Platz und hat eine leichte Hanglage. Ideale Voraussetzungen, um vom Fahrersitz des Traktors aus das Geschehen auf der sechs mal zwölf Meter großen Leinwand verfolgen zu können – vorausgesetzt ein größerer Traktor versperrt nicht die Sicht.
Deshalb haben sich Dobner und Tietze ein System ausgedacht, das allen Besuchern zu ihrem Recht verhilft. Sie müssen sich anmelden und dabei Größe und Motorstärke ihres Gefährts angeben. Mit einem Farbcode werden sie dann ihrer Reihe zugewiesen; die Kleinen vorn, die großen hinten. 40 Anmeldungen seien bereits eingegangen, sagt Dobner – vom 11 PS starken Deutz-Oldtimer bis zum modernen John Deere mit satten 300 Pferdestärken.
Tret-Bulldog und Motorrad-Gespann
"Das mit dem Abstand halten dürfte beim Traktor-Kino Problem sein", fügt Gerd Dobner hinzu. Doch auch wer keinen Traktor besitzt, soll nicht ausgeschlossen sein. So hat sich auch der Besitzer eines Motorrad-Gespanns angemeldet und eine Dame habe angekündigt, im Tret-Bulldog zu erscheinen. "Auch für Fußgänger gibt es Sitzplätze in ausreichender Zahl", ergänzt Tietze.
Mit den Landfilmtagen hat sich der Hopferstadter Verein Dorfkultur vorgenommen, Filmkultur ins Dorf zu bringen. Mit Filmen unterschiedlicher Genres, die sich vorzugsweise dem Landleben widmen, ist dies in den vergangenen Jahren eindrucksvoll gelungen, gelegentlich begleitet von Besuchen der jeweiligen Regisseure. Dem ungewöhnlichen Schauplatz gemäß reiht sich mit "Ausgrissn" heuer ein ungewöhnlicher Film ein.
2018 sind die Brüder Julian und Thomas Wittmann aus dem oberbayerischen Lengdorf mit ihren betagten Zündapp-Mopeds aufgebrochen, um innerhalb von drei Monaten Las Vegas zu erreichen. In einem Dokumentarfilm halten sie ihre Erlebnisse fest. In "Ausgrissn" bildet diese wahre Geschichte den Kern, um den sich eine Spielfilm entspinnt. Sozusagen ein Film im Film. Letzterer erzählt davon, wie die Brüder ihre Reisedoku im örtlichen Wirtshaus vorführen wollen, sich aber, als dies zu scheitern droht, im Klo einschließen. Die Putzfrau, gespielt von der Kabarettistin Monika Gruber, schafft es, die Situation zu retten.
Kinos stecken tief in der Corona-Krise
Auf Rettung hoffen auch die Kino-Macher Dobner und Tietze. Seit dem 2. Juli hat das Casa nach dem Lockdown wieder geöffnet. Doch zwei Drittel der früheren Besucherzahlen fehlen weiterhin, sagt Gerd Dobner. Wie er von anderen Betreibern wisse, ziehe sich der Trend quer durch die Branche, vom Programm-Kino bis zu den großen Multiplex. "Die Kinos laufen zurzeit alle defizitär", meint Hannes Tietze.
Im Casablanca dürfen aufgrund der Corona-Beschränkungen nur 68 der 188 Kinoplätze besetzt werden. Für die Sparten-Angebote, die das Ochsenfurter Programmkino bekannt gemacht haben, falle dies zwar nur wenig ins Gewicht. "Aber auch die kleinen Programmkinos brauchen ihre Brot- und Butter-Filme, um dieses spezielle Angebot zu finanzieren", so Dobner weiter.
Komplett ausgefallen sei das Open-Air-Kino, dem sich das Casablanca in den vergangenen Jahren verstärkt gewidmet und dazu kräftig in Projektions- und Tontechnik investiert hat. "Das war für uns ein ganz wichtiger Faktor", sagt Hannes Tietze. Bis zu zehn Freilicht-Veranstaltungen haben zuletzt pro Sommer stattgefunden, in diesem Jahr keine einzige. "Das wäre mit so hohen Auflagen und Mehrkosten für Personal, Registrierung, Sicherheitsabsperrungen et cetera verbunden gewesen, dass es sich einfach nicht gerechnet hätte", so Tietze weiter.
Das ganze Dorf hilft mit
Umso mehr freuen sich die Kinomacher über ihren Traktor-Kino-Event, zumal ihnen die Unterstützung der Hopferstadter gewiss ist. Die Feuerwehr, der Fußballverein und die ganze Dorfgemeinschaft stünden hinter der Veranstaltung, helfen mit oder stellen Ausrüstung zur Verfügung, sagt Gerd Dobner. Der Verein Dorfkultur sorgt für die Bewirtung.
Lediglich das Wetter kann den Plänen noch einen Strich durch die Rechnung machen. Wenn der Acker durch Starkregen aufgeweicht würde, müsste das Traktor-Kino kurzfristig abgesagt werden. Die Entscheidung soll kurzfristig fallen und am Freitag rechtzeitig auf der Internetseite des Casablanca bekannt gegeben werden, so Dobner. Aber im Moment stimmen die Anzeichen hoffnungsvoll.
Das Traktor-Kino-Gelände befindet sich am Sportplatz. Einlass ist um 18 Uhr, der Film beginnt um 19.30 Uhr. Für Traktoren ist Reservierung mit PS-Angabe erforderlich unter Tel. (0 93 31) 13 28. Weitere Infos unter www.casa-kino.de.