Marc Stetting muss manchmal wilde Diskussionen führen. Warum er sich denn für ein dermaßen hässliches Tier einsetze, wollen Leute von ihm wissen, wenn er erzählt, dass er im Frühjahr Erdkröten über die Straße trägt. Stetting findet, dass Schönheit im Auge des Betrachters liegt. Mit seiner Frau und einem Dutzend Mitstreitern der Ochsenfurter Ortsgruppe des Bund Naturschutz stürzt er sich deshalb Jahr für Jahr in eine Mission, die ihm am Herzen liegt: den kleinen Amphibien die sichere Reise zu ihren Laichgewässern zu ermöglichen - und wieder zurück.
Eigentlich sind die Helfer der Ortsgruppe ein eingespieltes Team. Bevor die Laichsaison startet, wird ein Stundenplan erarbeitet, in dem die Einsatzzeiten verbindlich festgelegt werden. Rund drei Kilometer Krötenschutzzaun betreut die Gruppe, was im Vergleich mit anderen Krötenwohngebieten ziemlich viel ist. Ziel der Reise der Erdkröten ist der Erlacher Weiher, ein unscheinbares Gewässer neben der Straße von Sommerhausen nach Kaltensondheim.
Ab diesem Frühjahr wird noch mehr Arbeit auf die Ochsenfurter zukommen, denn nun wollen die Mitglieder auch den Kröten helfen, die im Bereich der Teiche der Zuckerfabrik zwischen Ochsenfurt und Marktbreit unterwegs sind. Die Kröten, die zu den Teichen wandern, werden seit Jahren von der Marktbreiter Ortsgruppe eingesammelt, die sich dabei schon lange Unterstützung aus Ochsenfurt wünscht. Denn für den Rückweg ist ein zweiter, etwa 500 Meter langer Schutzzaun erforderlich, der auf der Würzburger Seite der Landkreisgrenze liegt.
Die Helfer aus Marktbreit werden unterstützt
Marc Stetting findet, dass die Helfer aus Marktbreit in diesem Bereich von der Nachbar-Ortsgruppe unterstützt werden müssen. An der viel befahrenen Straße, sagt er, haben die Kröten ohne menschliche Hilfe nicht die Spur einer Chance. "Der Verkehr hört nicht auf zu fließen", sagt er. Deswegen hofft seine Gruppe nun auf Tierfreunde, die sich dem Kröten-Shuttleservice zur Verfügung stellen möchten. Das wünscht sich auch Christiane Federolf von der Marktbreiter Ortsgruppe.
Das zeitige Aufstehen, das ständige Überqueren der Straße, das Wühlen in den Sammeleimern, all das lohne sich, sagt Stetting. Da die Krötenhelfer über ihre "Fahrgäste" Buch führen müssen, lässt sich über die Jahre der Erfolg der Aktionen nachmessen. Beim Erlacher Weiher habe sich gezeigt, dass die Krötenpopulation wächst. Die Helfer motiviert das ungemein. "Das fühlt sich toll an, denn man hat etwas Gutes getan", sagt der Sommerhäuser.
Umsonst ist der Erfolg freilich nicht zu haben. Die Tierschützer müssen sich schon ins Zeug legen für "die Herrschaften", wie Marc Stetting seine Schützlinge gerne nennt. Alles spielt sich an den grünen Schutzzäunen ab, die überall dort errichtet werden, wo Erdkröten Straßen überqueren müssen. Der Erlacher Weiher übt auf Kröten aus allen Himmelsrichtungen eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus. Sie kommen aus Richtung Sommerhausen, Ochsenfurt und Kaltensondheim, wo sie ihr Leben in den Wäldern verbringen. Zum Laichen suchen sie aber stets ihr Heimatgewässer auf.
Auch die Rückwanderer brauchen Hilfe
Da die Kröten anschließend in den Wald zurückkehren möchten, ist es wichtig, sie in die richtige Richtung in Marsch zu setzen. Um den Weiher herum wird zu einem späteren Zeitpunkt ein weiterer Zaun aufgebaut, um die "Rückwanderer" abzufangen, bevor wie wiederum die Straße erreichen. In Abständen von rund 30 Metern werden vor den Zäunen Eimer im Boden versenkt, in die die Kröten hineinfallen. Die Helfer achten darauf, dass sie die Tiere, die zum Beispiel in den Eimern sitzen, die in Richtung Kaltensondheim aufgestellt sind, auch wieder in diese Richtung freilassen. "Die wissen genau, wohin sie wollen", sagt Martina Fechter. "Forschen Schrittes gehen die los."
Ende Februar bis Anfang März kann die Krötenwanderung bereits beginnen - wenn die ersten milderen und feuchten Nächte kommen. Dann machen sich auch die freiwilligen Helfer bereit für das, was der fränkische Volksmund "Fröschli-Schleppen" nennt. Morgens und abends gehen die Tierschützer die Zäune ab und gucken nach, ob Eimer besetzt sind. Wenn ja, werden die Insassen in Transporteimer gesetzt und auf die andere Straßenseite getragen.
Entgegen einer weit verbreiteten Auffassung seien dazu keine Handschuhe nötig, sagt Marc Stetting. Die Kröten fühlten sich nur deshalb feucht an, weil sie am liebsten bei Regenwetter unterwegs seien. "Und meistens sind sie eiskalt." Neben den fakultativen Handschuhen benötigen die Helfer nur wetterfeste Kleidung, einen Eimer, eine Warnweste und eine gute Taschenlampe. Letztere Utensilien sind wichtig, weil die Helfer oft morgens und abends in der Dämmerung unterwegs sind, und mit ihnen Autofahrer, die sich nicht immer um das Tempolimit im Bereich der Krötenzäune scheren.
Mobile Schutzzäune werden an Einmündungen aufgestellt
Das Aufstellen der fest montierten Zäune übernehmen die Straßenmeistereien, sagt Stetting. "Die machen das super." Er selbst kümmert sich um die mobilen Zäune, mit denen seit einiger Zeit auch die Stellen abgesichert werden, an denen von der Straße landwirtschaftliche Wege abzweigen. Früher kamen an diesen Lücken im Zaun zahlreiche Kröten zu Tode. Jetzt können die Helfer die Lücken abends mit mobilen Zaunteilen verschließen und sie morgens wieder wegnehmen, wenn die Kröten inaktiv sind, und die Landwirte ihre Arbeit aufnehmen. Eine Maßnahme, der die Bauern verständnisvoll gegenüber stünden, wie Stetting sagt.
3000 Kröten haben die Helfer der Ochsenfurter Ortsgruppe im vergangenen Jahr bei Erlach über die Straße geholfen. Wer auch die Überlebenschancen der Zuckerfabrik-Kröten verbessern will, ist als Helfer höchst willkommen. Ebenso werden in Randersacker Freiwillige gesucht.
Interessierte können sich mit Marc Stetting und Martina Fechter unter Tel. (0 93 33) 90 27 90 oder per Mail unter kroetenhelfer@t-online.de in Verbindung setzen.