"Rettet den Wald" hat Sophia Weber aus Thüngersheim auf ein kleines Stück Pappkarton geschrieben. Die junge Frau ist am Dienstag zusammen mit etwa 40 weiteren Demonstranten vor das Werkstor der Baustoff-Firma Benkert gekommen und hofft, dass sie mit ihrem Protest den Wald bewahren kann.
Über soziale Medien haben die Thüngersheimer von der spontanen Versammlung vor dem Steinbruch erfahren. Eine offizielle Demonstration ist es nicht. Vorsorglich schützen aber Polizeibeamte die Zufahrt zum Steinbruch. Im Wald sind hinter dichtem Gehölz zwei Männer zu sehen, die von einer Anhöhe herab die Protestanten beobachten. Teilnehmer vermuten, dass es sich dabei um Sicherheitsleute der Baustoff-Firma handeln könnte.
Egon Kraft aus Thüngersheim erinnert sich daran, dass er früher schon mit seinem Großvater im Lach/Edelmannswald unterwegs war. "Damals habe ich schon nicht verstanden, warum hier die schöne Natur für einen Steinbruch geopfert wurde. Es hat aber niemanden interessiert", sagt er. Im Mai 2009 hat die untere Naturschutzbehörde die Genehmigung erteilt, dass die Firma Benkert in einem "verbindlichen Vorranggebiet für Muschelkalk" die Abbaufläche erweitern darfund dafür 9,8 Hektar Waldfläche roden darf. "Ich kann nicht begreifen, dass die Naturschutzbehörde diese Genehmigung nicht mehr erneut überprüfen will", ärgert sich Egon Kraft.
Tatsächlich liegen der unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt Würzburg keine "hinreichenden konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass sich seit der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung relevante Änderungen ergeben haben", teilt die Pressestelle des Landratsamtes aktuell mit. Auch, dass im Steinbruch ein Uhu brütet, sei der Behörde bekannt und wurde berücksichtigt. "Die Politik geht über unsere Köpfe hinweg. Das nehme ich nicht hin", ärgert sich Egon Kraft.
Steffen Jodl, Geschäftsführer der Kreisgruppe Würzburg im Bund Naturschutz (BN), weiß, dass sich gerade junge Uhus in den Wald neben dem Steinbruch gerne zurückziehen, um hier ihr Gefieder zu trocknen. "Aber nicht nur der Uhu, auch andere geschützte Arten haben im Wald ihren Lebensraum", sagt er und wird deutlich: "Wenn der Wald gerodet wird, werden geschützte Tierarten getötet - und die Behörden erlauben das."
- Kein zweiter Hambacher Forst in Thüngersheim: Ein Kommentar unseres Autors Thomas Fritz.
"Gerade in Zeiten des Klimawandels ist der Wald so wichtig für die Region." Das sagt Angela Stadler aus Thüngersheim und erklärt: "Vor allem hier im trockenen Becken ist jeder Quadratmeter Wald wichtig, weil der Waldboden große Mengen Wasser speichert."
Auch Harald Kuhn, einer der Ärzte am Ort, ist gekommen. "Die Mutter aller Probleme ist die Zerstörung der Natur", sagt er und ärgert sich darüber, dass "zu viel Eigen- und Wirtschaftsinteresse dahinter steht." Kuhn wehrt sich auch dagegen, dass in Thüngersheim wertvolle Rückzugsflächen für die Natur, für Tiere und Erholungssuchende zerstört werden sollen. "Die Natur ist eine Leihgabe an unsere Kinder. Es gilt, sie zu erhalten", sagt der Allgemeinarzt.
Der Protest der Thüngersheimer soll weiter gehen. Sie hoffen, dass sie mehr werden und dass eine einvernehmliche Lösung mit der Firma gefunden wird. "Ich würde hier zusammen mit meinen Freundinnen auch ein Baumhaus bauen, um die Bäume zu retten, wie die Demonstranten im Hambacher Forst", sagt die 16-jährige Paula Nitzl aus Thüngersheim und klingt entschlossen.