Seit 2016 führt Team Orange, der Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises Würzburg, die Geschäfte des Zweckverbands Fernwasser Mittelmain (FWM). Jetzt soll die Tochter des Landkreis-Kommunalunternehmens auch den technischen Betrieb übernehmen. Im Kreistag stößt dieses Vorhaben auf ein geteiltes Echo. Zugleich steht der Zweckverband vor einem enormen Sanierungsstau und muss in den kommenden Jahren Millionen von Euro in seine Anlagen investieren.
Seit 2015 hat der FWM den Zweckverband Fernwasserversorgung Franken (FWF) mit Sitz in Uffenheim mit der technischen Betriebsführung beauftragt. Der Wassermeister und seine vier Mitarbeiter blieben zwar offiziell FWM-Beschäftigte, wurden aber an den FWF ausgeliehen, um in dessen Auftrag für den FWM tätig zu sein. Ein recht verwirrendes Konstrukt, dessen Schwächen immer offenkundiger werden.
Unklare Kompetenzen und Interessenkonflikte
Die Kooperation führt dazu, dass die Bautätigkeit und der Unterhalt des Versorgungsnetzes in unterschiedlicher Verantwortung liegen. Das habe unklare Kompetenzen und Interessenkonflikte mit dem FWF zur Folge, der zugleich Wasserlieferant des FWM ist, sagte stellvertretende Werkleiterin Eva von Vietinghoff-Scheel vor dem Kreistag. Während man im FWM noch über Lösungen nachdachte, zog der Uffenheimer FWF seinerseits Konsequenzen und kündigte den Vertrag fristgerecht zum Jahr 2020.
Der FWM möchte der Kündigung nun zuvorkommen und plant, bereits ab Frühjahr 2019 den technischen Betrieb ebenfalls auf das Team Orange zu übertragen. Vor allem vor dem Hintergrund bevorstehender Sanierungs- und Investitionsmaßnahmen sei es sinnvoll, dass die Verantwortung von Bau und Betrieb in einer Hand liege. „Die Trennung hat sich nicht bewährt“, so Vietinghoff-Scheel.
Bau und Unterhalt in einer Hand
Aktuell steht etwa die Sanierung der Hochbehälter in Zellingen und Höchberg an. Der Hochbehälter samt Pumpwerk in Kist soll ebenfalls erneuert werden. Zwischen Reichenberg und Kist ist zudem eine Verbindungsleitung geplant, die das Versorgungsnetz zur einem Ring schließt und somit sicherstellt, dass die angeschlossenen Gemeinden auch bei einem größeren Schaden in den inzwischen betagten Leitungen nicht auf dem Trockenen sitzen.
Die Aufsichtsgremien des Zweckverbands und des Kommunalunternehmens hätten der Übertragung bereits zugestimmt, so KU-Vorstand Alexander Schraml. Einige Kreisräte wie der Rimparer Bürgermeister Burkard Losert (CSU) halten die Entscheidung allerdings für vorschnell.
Zahlt der Bürger die Zeche?
Losert geht davon aus, dass der Personalbedarf beim Zweckverband erheblich steigt, und letztlich die Gebührenzahler die Zeche begleichen müssen. Um zu einer wirtschaftlichen Lösung zu kommen, hätte die Dienstleistung zumindest ausgeschrieben werden müssen. Rainer Kinzkofer (SPD) hätte sich eine engere Kooperation mit der Würzburger Trinkwasserversorgung gewünscht.
Landrat Eberhard Nuß hingegen setzt ganz auf die Kompetenz im eigenen Kommunalunternehmen. „Wenn es unsere Leute machen können, dann sollen sei es auch machen“, so Nuß. Bestätigt sieht er sich darin durch die Reform der Müllabfuhr im Jahr 2004. Als einer der letzten Landkreise in Bayern hatte Würzburg damals die Abfallentsorgung von den Gemeinden auf sich gezogen. Die Widerstände der Bürgermeister waren groß. Das System hingegen habe sich bewährt. Die Müllabfuhr sei leistungsfähiger und effizienter als zuvor. In vielen meisten Gemeinden sanken die Gebühren.
Vertrauen in Team Orange
Ähnliches erwartet Nuß auch von der Betriebsübernahme beim Fernwasser, wenngleich es hier nur 15 der 52 Gemeinden sind, die vom FWM versorgt werden. „Die Übertragung auf Team Orange darf nicht zu einem einem Anstieg des Wasserpreises führen, das ist ganz klar“, stellt Nuß in der Sitzung fest. Umso mehr fordert SPD-Kreisrat Volkmar Halbleib eine Kalkulation über die künftige Kostenentwicklung.
Eine solche Berechnung wird allerdings weniger von den Betriebskosten abhängen als von den Investitions- und Unterhaltslasten. Viele Jahre lang sei zu wenig ins Netz investiert worden, heißt es von Seiten des FWM. Viele der Hochbehälter und Pumpwerke sind zudem in die Jahre gekommen und müssen saniert oder erneuert werden. Eine weitere Altlast ist die Brunnenanlage in Hofstetten bei Gemünden.
Millionen im Untergrund versenkt
Der Zweckverband hatte die Brunnen in den 90er Jahren mit Millionenaufwand bauen lassen. In Betrieb gingen sie nie, weil Bürger gegen die Gefährdung ihres Grundwasservorkommens protestierten. Jetzt hat das Wasserwirtschaftsamt den Rückbau der Brunnengalerie angeordnet. Weitere Kosten von bis zu einer halben Million Euro stehen im Raum, die der Zweckverband in Hofstetten buchstäblich im Untergrund versenkt hat.
Gerade vor dem Hintergrund der regen Bautätigkeit sei es wichtig, die wirtschaftliche und technische Verantwortung zu bündeln, argumentiert stellvertretende Werkleiterin Vietinghoff-Scheel. Darüber hinaus werde man weiterhin mit Partnern wie dem FWF oder den Würzburger Wasserversorgern kooperieren und sei auch offen für eine Zusammenarbeit mit Gemeinden, die noch eine Eigenwasserversorgung betreiben.
Mehr Einfluss für den Landkreis
Ähnlich argumentiert auch Alexander Schraml, Vorstand des Kommunalunternehmens. Angesichts der Tatsache, dass der FWM 80 Prozent seines Wassers in den Landkreis liefert und damit 40 Prozent der Bevölkerung versorgt, müsse es im Interesse des Kreistags liegen, größtmöglichen Gestaltungsspielraum im FWM zu bekommen. „Der Landkreis erhält damit Einfluss auf einen elementaren Teil der Daseinsfürsorge, wie er ihn so nie wieder kriegen wird.“
Der direkte Einfluss des Kreistags hält sich dabei allerdings in engen Grenzen. Entscheidend sind die Verbandsversammlung des FWM und der mit Kreisräten besetzte Verwaltungsrat von Team Orange, und die haben der Übernahme des technischen Betriebs bereits zugestimmt.
Fernwasserversorgung Mittelmain (FWM)
Der 1966 gegründete Zweckverband Fernwasserversorgung Mittelmain gibt jährlich rund 4,3 Millionen Kubikmeter Trinkwasser an die angeschlossenen Städte und Gemeinden ab. 80 Prozent davon gehen in den Landkreis Würzburg, der Rest in den Landkreis Main-Spessart und die Stadt Würzburg.
43 Prozent der Wassermenge stammen aus eigenen Brunnen nahe Neustadt am Main und Lohr-Rodenbach. Den Rest bezieht der FWM überwiegend von der Fernwasserversorgung Franken (FWF).
15 Gemeinden im Landkreis Würzburg werden vom FWM versorgt, darunter einwohnerstarke wie Höchberg und Veitshöchheim, so dass etwa 40 Prozent der Landkreis-Bürger FWM-Wasser beziehen.
Dem Zweckverband gehören die Landkreise Würzburg, Main-Spessart und Bad Kissingen sowie die Stadt Würzburg an. Höchstes Organ ist die Verbandsversammlung unter Vorsitz des Würzburger Landrats Eberhard Nuß.