
In den frühen Morgenstunden des 1. Juni ist der vom Bund beschlossene Tankrabatt in Kraft getreten. Die vergangenen Tage waren von kontroversen Diskussionen rund um den Preiserlass geprägt: Werden die Mineralölkonzerne die Steuersenkung an die Kundinnen und Kunden weitergeben? Führt der Ansturm an die Zapfsäulen zu chaotischen Zuständen? Und geht Tankstellen am Ende vielleicht sogar das Benzin aus?
Ein erster Überblick der Lage bei den Würzburger Tankstellen zeigt: Die Spritpreise sind am 1. Juni zumindest im Vergleich zum Vortag deutlich gesunken. Zwischen den Tankstellen gibt es allerdings starke Unterschiede. Der Andrang an den Zapfsäulen ist merklich angestiegen, aber es bildeten sich keine langen Schlangen.
Eine Blitzumfrage an den Zapfsäulen der Stadt zeigt, dass kaum jemand extra auf den Tankrabatt gewartet hat. Die meisten der Autofahrerinnen und Autofahrer mussten unabhängig vom Tankrabatt tanken oder hätten es demnächst gemusst. Auch Patricia Myjak hat nur spontan wegen der niedrigen Preise getankt. Sie sei nur ausnahmsweise mit dem Auto unterwegs gewesen, sagt die Würzburgerin. Weil sie im Home-Office arbeite, nutze sie ihr Auto eigentlich kaum noch. "Aber über so Preise freut man sich ja immer", sagt sie.
Zumindest einen Tag hat dagegen Silvia Weigand das Tanken herausgezögert, um die niedrigeren Preise mitzunehmen. "Ich zahle jetzt mindestens 50 bis 100 Euro mehr im Monat", sagt die Pendlerin aus Bad Kissingen, "da wird der Rabatt schon was ausmachen".
Wie stark sinken die Preise an Würzburger Zapfsäulen?
Zum Start des Tankrabatts gaben viele Autofahrerinnen und Autofahrer an, wegen der schwankenden Preise eine der beliebten Tank-Apps genutzt zu haben, um die günstigste Tankstelle im Umkreis zu finden. Auch die Redaktion hat die Preisentwicklung verschiedener Tankstellenbetreiber in unterschiedlichen Stadtteilen verfolgt. Dabei zeigt sich, dass inzwischen zwar alle Würzburger Tankstellen mit den Preisen nach unten gegangen sind. Doch sowohl die Differenzen zwischen den Anbietern als auch die Unterschiede zum Vortag schwanken sehr stark.
Um zehn Uhr morgens haben sich, laut ADAC-Tank-App, die beobachteten Tankstellen in Würzburg teilweise um mehr als 10 Cent unterschieden. Selbst Tankstellen, die zum selben Konzern gehören oder direkte Nachbarn sind, lagen beim Preis nicht immer nah beieinander.
Beim Vergleich mit den Preisen zur selben Zeit am Vortag fallen ähnliche Sprünge auf. Der Dieselpreis war, je nach Tankstelle, um elf bis 19 Cent günstiger. Beim Preis für E10 lag die Spanne der Ersparnis zwischen 24 und 36 Cent.
Kommt die Steuerersparnis komplett bei den Tankenden an?
Zur Erinnerung: Durch die staatliche Steuerersparnis sollte der Dieselpreis eigentlich um bis zu 17 Cent, der Preis für E10 um 35 Cent sinken. In den letzten Tagen hatten Expertinnen und Experten die Befürchtung geäußert, dass die Ölkonzerne die Steuersenkung nicht in voller Höhe an die Kundinnen und Kunden weitergeben könnten.
Das Vergleichsportal clever-tanken.de gibt die Durchschnittspreise für Würzburg (Stand: 1. Juni, 16 Uhr) mit 1,90 Euro für Diesel und 1,85 Euro für E10 an. Mit etwa 12 Cent beim Diesel und 29 Cent bei E10 läge die Differenz zum Vortag somit unter den Soll-Werten der Steuersenkung. Zudem zeigt ein Blick auf die Entwicklung der vergangenen Wochen, dass die Spritpreise zuletzt wieder deutlich gestiegen sind. Vergleicht man also die aktuellen Preise zum Beispiel mit denen vor einer Woche, fällt der Preisnachlass noch geringer aus.

Ob die Ölkonzerne die Steuersenkungen im vollen Umfang an die Verbraucherinnen und Verbraucher weiterreichen, wird sich erst langfristig feststellen lassen. Eine Studie der Universität München hat zuletzt den Einfluss der Mehrwertsteuersenkung auf die Spritpreise berechnet. Das Ergebnis dabei war, dass die Mineralölkonzerne die Ersparnis nur zu 83 Prozent beim Diesel, zu 61 Prozent beim E10 und sogar nur zu 40 Prozent beim E5-Benzin an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben wurde.
Wie war die Lage an Würzburgs Tankstellen?
Die Betreiberinnen und Betreiber der Tankstellen berichten der Redaktion von einem deutlichen, aber keinesfalls chaotischen Andrang an den Zapfsäulen. Beate Esposito von der Freien Oktan-Tankstelle in der Zellerau erzählt, dass bei ihr seit halb sieben die Autos in hoher Frequenz vorfahren. Ein richtiger Stau habe sich jedoch nicht gebildet. "In den vergangenen Tagen haben wir uns wie bei einer 20-Euro-Tankstelle gefühlt", sagt sie, weil die Kundinnen und Kunden nur noch getankt hätten, um die Zeit bis zum Tankrabatt zu überbrücken.
Bei den Tankstellen der großen Marken fällt das Urteil etwas anders aus. Dort ist nur von einem leichten, wenngleich merklichen Anstieg des Kundenstroms zum 1. Juni die Rede. Das liege auch daran, dass die Nachfrage in den vergangenen Tagen ebenfalls groß gewesen sei, was an der Angst vor möglichen Engpässen gelegen habe. Alle befragten Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner an den Tankstellen gaben gegenüber der Redaktion jedoch an, sich keine Sorgen um die Liefermengen zu machen.