Nicht für alle Menschen gilt der 8. Mai ausschließlich als "Tag der Befreiung": 75 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs haben am Freitag gut 50 junge Menschen unter dem Motto "Tag des Widerstands" und "Tag des Zorns" friedlich gegen jede Art von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus demonstriert. Migrantische Selbstorganisationen hatten bundesweit zu Demonstrationen aufgerufen.
In Würzburg waren es der Verein "KULturs e.V." und das Referat gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit der Uni (Anti-RA). Mit Gesichtsmasken und dem nötigen Abstand aufgrund der Corona-Beschränkungen versammelten sich die Demonstrierenden zum "Widerstand gegen Rassismus" eine knappe Stunde lang am Oberen Mainkai und schrieben die Namen von Opfern rechter Terroranschläge mit bunter Kreide auf die Promenade.
Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit sind Alltag
Warum sie gemeinsam auf der Straße waren, erklärten wegen des Verkehrslärms drei Sprecherinnen und Sprecher zeitgleich an verschiedenen Stellen mit einem einheitlichen Text. "Wir sind hier, weil wir unsere Wut, Frustration und Trauer auf die Straße tragen müssen", hieß es darin unter anderem. Sie brachten dabei Wut und Frustration darüber zum Ausdruck, dass "Persons of Color", also nicht-weiße Menschen, sich in Deutschland an vielen Orten auch im Jahr 2020 nicht sicher fühlen können.
"Deutschland, du hast Rassismus-Amnesie", betonte das Sprecher-Trio. Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit seien nicht verschwunden, sondern Alltag: Fremdenfeindliche Gewalt beginne "nicht erst mit rechten Anschlägen, sondern bereits mit der Verharmlosung der Kolonialisierung in den Schulbüchern."
Wütend sind die Demo-Teilnehmer auch darüber, dass "wieder Nazis im Bundestag sitzen", dass rechter Terror immer noch nicht lückenlos aufgeklärt wird und dass geflüchtete Menschen im Mittelmeer oder in den Lagern an den Außengrenzen von Europa im Stich gelassen werden. Rechte Anschläge seien keine Einzeltaten, sondern das Ergebnis von "Rassismus und Antisemitismus, der tief in unserer Gesellschaft sitzt, in staatlichen Institutionen verflochten ist und von der Politik nicht bekämpft wird."