Eine Fabrik, die einmal geschlossen wurde, wird nie wieder in Betrieb gehen. Das sagte Ibo Ocak, Geschäftsführer der NGG-Region Unterfranken, am Freitagvormittag bei einer Mahnwache vor dem Werkstor der Südzucker AG in Ochsenfurt. Rund 250 Beschäftigte des Unternehmens sowie Landwirte aus der Region waren dem Aufruf der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten gefolgt. Sie alle zeigten sich solidarisch mit den etwa 200 Beschäftigten der Südzucker-Werke in Brottewitz und Warburg, die das Unternehmen zu schließen plant.
Noch sei die endgültige Entscheidung nicht gefallen, so Ocak. Bevor der Aufsichtsrat am 25. Februar darüber entscheiden werde, wolle die Gewerkschaft dessen Mitglieder noch einmal vor einer in Ocaks Augen"verfrühten Beschlussfassung" warnen. Er fürchte, diese ersten Werksschließungen könnten der Auftakt zu weiteren sein. Ocak kritisierte die Pläne des Unternehmens, das mit Werksschließungen reagiere, sobald es "ein bisschen kribbelig" werde. Stattdessen müsse nach Alternativen gesucht werden, denn Werksschließungen könnten immer nur die letzte Möglichkeit sein.
Vorgehen gegen ungleiche Wettbewerbsbedingungen
Allerdings sieht er nicht allein die Südzucker AG in der Verantwortung. Die gesamte Branche befinde sich in einer schwierigen Situation, die durch das Ende der Zuckermarktordnung entstanden sei. Die Bundesregierung müsse dringend gegen die ungleichen Wettbewerbsbedingungen vorgehen, forderte Ocak. Zahlreiche europäische Länder unterstützten ihre Zuckerrübenanbauer entgegen aller Vereinbarungen durch Zahlungen, nur Deutschland und Frankreich nicht.
Diesen Worten schloss sich auch der Ochsenfurter Bürgermeister Peter Juks an, der die Bedeutung der Zuckerfabrik für die Stadt hervorhob. Nicht nur als Steuerzahler sei das Werk von Bedeutung, in den vielen Jahren ihrer Existenz sei die Fabrik stets eine feste Größe als Arbeits- und Ausbildungsplatz gewesen.
Zucker sollte nicht verteufelt werden
Der Ochsenfurter Landtagsabgeordnete Volkmar Halbleib (SPD) sprach sich außerdem für einen fairen Umgang mit dem Produkt Zucker aus. Zucker sei nicht für jedes erdenkliche Zivilisationsproblem ursächlich, sagte Halbleib. Er dankte den Teilnehmern der Mahnwache in Ochsenfurt, die sich mit ihren Kollegen solidarisch gezeigt hätten, obwohl ihr eigener Standort als sicher gelte. Halbleib brach auch eine Lanze für die Verantwortlichen der Südzucker AG: "Wenn sie nicht so vorausschauend agiert hätten, würde es jetzt anders aussehen." Er glaube, dass die Unternehmensführung mit Fingerspitzengefühl und nicht leichtfertig entscheiden werde.
Deutlich kritischer äußerte sich Viktor Grauberger, Gewerkschaftssekretär des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Unterfranken. Man solle nicht nur auf der "großen Politik" herumhacken, wenn ein Unternehmen nach vielen Jahren mit guten Gewinnen 200 Leute auf die Straße setzen wolle, sobald es einmal schlecht laufe.
Die Mahnwache lässt auch die Verantwortlichen der Südzucker AG in Mannheim nicht kalt. "Das sind schließlich Mitarbeiter von uns", sagte Dominik Risser aus dem Bereich Öffentlichkeitsarbeit auf Nachfrage der Redaktion. Die gesamte Branche stecke in einer schwierigen Situation. Die Kundgebung sei ein Signal von Menschen gewesen, die um ihre Arbeitsplätze fürchteten.
Offenau und Offstein dürften wegen des etwas unterschiedlichen Produktionsverfahrens etwas wirtschaftlicher arbeiten. Offenau ist deutlich jünger als Ochsenfurt.
Wenn der Zuckerpreis weiterhin auf niedrigem Niveau verharrt, wird man weitere Produktionskapazitäten vom Markt nehmen müssen.
Ochsenfurt wird also bei solchen Überlegungen ganz oben auf der Schliessungsliste stehen.
Statt die Chance einer möglichen Schließung für eine zukunftsfähige Entwicklung von Ochsenfurt zu nutzen, hält Juks an einer obsoleten Industrie fest.