zurück
Veitshöchheim
Bitter für Zuckerbranche: Preisverfall bedroht Arbeitsplätze
Südzucker verliert in drei Monaten 85 Millionen Euro. Weil die Zuckerwirtschaft Verluste macht, fürchten zahlreiche Landwirte aus der Region um ihre Existenz.
Bei der Zuckerrübentagung in Veitshöchheim forderten rund 500 Landwirte Hilfe von der Politik. 
Foto: Silvia Gralla | Bei der Zuckerrübentagung in Veitshöchheim forderten rund 500 Landwirte Hilfe von der Politik. 
Wilma Wolf
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:02 Uhr

So voll sind die Mainfrankensäle in Veitshöchheim sonst nur bei "Fastnacht in Franken". Doch die über 500 Zuckerrübenanbauer, die am jüngst zur Kuratoriumstagung gekommen sind, haben derzeit nichts zu lachen. Denn die heimische Zuckerbranche steckt in einer existentiellen Krise.

"Die aktuelle Notlage findet viel zu wenig Beachtung", sagte Fred Zeller, Geschäftsführer des Verbandes Süddeutscher Zuckerrübenanbauer (VSZ). Durch die Liberalisierung der EU-Zuckerpolitik sei es zu einem beispiellosen Absturz des Preises in der EU gekommen. "Die heimische Zuckerwirtschaft ist tief in die Verlustzone gestürzt", so Zeller weiter. Allein Südzucker vermeldet 85 Millionen Euro Verlust in den Monaten September bis November 2018.

Es droht die Schließung von Fabriken

Da der Rübenpreis direkt am Zuckerpreis hängt, erzielen die Landwirte für die Ernte 2018 nur einen sehr schlechten, längst nicht kostendeckenden Preis. Dazu hat die extreme Trockenheit zu katastrophalen Erträgen geführt. Laut Zeller besteht die große Gefahr, dass der Zuckerrübenanbau in Deutschland massiv eingeschränkt wird, in der Folge Zuckerfabriken schließen müssen und Arbeitsplätze verloren gehen.

Leider haben sich bisher weder die deutsche noch die EU-Politik dieser Misere angenommen, beklagte Zeller. "Andere Mitgliedstaaten hingegen helfen ihren Landwirten und Zuckerunternehmen massiv, was den Wettbewerb verzerrt und unsere Situation in Deutschland noch weiter verschlechtert." Deshalb müsse die Politik jetzt handeln, um eine einseitige Marktbereinigung zu Lasten der deutschen Anbauer abzuwenden.

Bei der Tagung von links: Günter Tissen (Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker), Hans-Jörg Gebhard ( Vorsitzender des Verbandes Süddeutscher Zuckerrübenanbauer), Stefan Streng ( Vorsitzender Verband Fränkischer Zuckerrübenbauer) und Thomas Kirchberg (Mitglied des Vorstandes der Südzucker AG). 
Foto: Silvia Gralla | Bei der Tagung von links: Günter Tissen (Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker), Hans-Jörg Gebhard ( Vorsitzender des Verbandes Süddeutscher Zuckerrübenanbauer), Stefan Streng ( Vorsitzender ...

Um auf ihre Lage aufmerksam zu machen, versammelten sich die Rübenbauern vor der Tagung mit Transparenten vor der Halle. "Wir als Anbaugemeinschaft, die über Generationen dieses System aufgebaut hat, müssen jetzt zusammen halten", sagte Stefan Streng, Vorsitzender des Verbandes Fränkischer Zuckerrübenbauer. Die Politik sei gefordert, "Fairness am Zuckermarkt" herzustellen. "Wenn wir in Deutschland weiterhin Zuckerrüben anbauen wollen, dann brauchen wir jetzt Maßnahmen und einen fairen Wettbewerb", so Streng.

"Wir haben eine Krise, doch die fränkische Zuckerrübe darf nicht aussterben."
Stefan Streng, Vorsitzender des Verbandes Fränkischer Zuckerrübenbauer

Gerade in Franken sei die Zuckerrübe eine extrem wichtige Frucht und Grundlage für die bäuerliche Landwirtschaft: 3400 Bauern bauen in Franken 26.000 Hektar Zuckerrüben an. An der Zuckerrübe hänge wirtschaftlich aber noch viel mehr, so die Verladung, der Transport und die Verarbeitung mit vielen Arbeitsplätzen. Und eine alternative Frucht für die Zuckerrübe gebe es auch nicht - weder im Anbau, noch in der Fruchtfolge. "Wir brauchen die Zuckerrübe in Franken", sagte Streng. Dieser Meinung war auch Rainer Schechter von der Südzucker Rohstoffversorgung: "Die Zuckerrübe war, ist und bleibt alternativlos."

Dennoch dürfe man angesichts der kritischen Lage nicht "zu stark" jammern und den Kopf in den Sand stecken, sondern "wir müssen nach vorne denken und unsere Hausaufgaben machen". Strengs Fazit: "Wir haben eine Krise, doch die fränkische Zuckerrübe darf nicht aussterben." 

Die Stimmung unter den Landwirten ist angesichts der aktuellen Lage schlecht. "Das Jahr 2018 ist etwas ganz Besonderes: Schlechte Ernte und voraussichtlich schlechte Preise, das gab´s noch nie", sagte Martin Pfeuffer, stellvertretender VSZ-Geschäftsführer aus Ochsenfurt. Dazu komme eine gewisse Unsicherheit über die weitere Entwicklung am Markt.

Der Zuckerrübenanbau ist Teamwork

Dennoch gebe es für 2019 noch keine Verringerung der Anbaufläche in Franken. Der Zuckerrübenanbau sei ein Teamsport, was bedeutet, dass die Zuckerfabrik ausgelastet sein müsse. Deshalb würden die Anbauer und auch die Zuckerfabrik alles dafür tun, den Anbau nicht zurück zu fahren.

Dass die Zuckerrübe in Franken nicht nur eine wichtige Ackerfrucht ist, sondern viel mehr kann, zeigte Peter Schwappach von der Regierung von Unterfranken in seinem Vortrag auf. Dabei ging es um das Spannungsfeld von Düngung und Gewässerschutz und um die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), die die EU vor einigen Jahren verabschiedet hat. Deren Ziel ist es, alle Flüsse, Seen und das Grundwasser in Europa in einen guten Zustand zu bringen.

Warum Zuckerrüben gut fürs Grundwasser sind

Doch damit sieht es gerade in Unterfranken nicht gut aus, nur vier Prozent der Gewässer sind derzeit in einem guten Zustand, haben also eine geringe Nitratbelastung. Hier kann die Rübe einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung der Gewässer leisten. Denn als zweijährige Pflanze bildet sie vor allem von August bis November noch sehr viel Pflanzenmasse und nimmt dafür auch Stickstoff auf, der dann nicht mehr ins Grundwasser gelangen kann. "Die Zuckerrübe dient also dem Grundwasserschutz", betonte Schwappach. Im Werntal habe sie das bereits in der Praxis bewiesen.

Das ganze könne noch durch Zwischenfrüchte, die vor der Rübe angebaut werden, getoppt werden. "Eine gute Mulchauflage durch die Zwischenfrucht schützt nicht nur das Grundwasser, sondern auch Oberflächengewässer. Bei immer häufiger auftretenden Starkregen kann man damit Erosion wirksam verhindern", meinte der Fachmann. Damit sei die Zuckerrübe ökologisch wertvoll und könne als "Sanierungsfurcht für nitratbelastete Grundwasserkörper" eingestuft werden.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Veitshöchheim
Wilma Wolf
Franken
Grundwasser
Krisen
Landwirte und Bauern
Preisverfälle
Regierung von Unterfranken
Südzucker AG
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • mo94
    Die sollen erst mal ihre Pachtpreis auf ein vernünftiges Maß runterfahren, über 30 Jahre habe sie die Pachtpreis nach oben gedrückt, dass kein rinderhaltender Betrieb mithalten konnte und jetzt soll der Staat die hohen Pachtpreise stützen? Da bin ich ja eher dafür, dass es der Markt regelt!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • clubfan2@gmx.de
    Ihr seit ja süß zwinkern
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • al-holler@t-online.de
    "Sie" bitte....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • stefan.behringer@web.de
    Ohne Subventionen würde es hier noch nicht mal einen Zuckerrüben-Bauern geben.

    Und ohne die Zucker-Lobby würde der Zuckergahalt von Lebensmittel längst besser gekennzeichnet sein (Lebensmittel-Ampel oä.)
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • al-holler@t-online.de
    Völlig EINSEITIG, diese Betrachtungsweise, denn - LEIDER - kann unsere LandWIRTSCHAFT derzeit mit keiner einzigen Feldfrucht oder sonstigem Erzeugnis mehr ohne Subventionen überleben... Energierwirt (aus Verzweiflung, incl. Verbrennug von Getreide) statt Landwirt - brrrrr, mir graust.......
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Arcus
    Das Zicker ein Nahrungsmittelgift ist sollte nun hinlänglich bekannt sein. Dass die Zuckerrübe eine besonders ökologische Frucht sei, ist mir neu. Da kenn ich viele und deutlich bessere Alternativen.
    Je schneller bei uns in Deutschland und Europa Zuckerfabriken und damit ihre Lobbyisten verschwinden, desto eher wird sich ein
    Verbot oder zumindest eine Eindämmung des gesundheitsschädlichen Zuckers in Nahrungsmitteln durchsetzen lassen.
    Statt ihre Zeit mit billiger Lobbyistenpropaganda zu verschwenden, sollten die Bauern über wirkliche und umweltverträgliche Alternativen nachdenken.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • al-holler@t-online.de
    Bis Zicker bei durchschnittlichem Genuß die gesundheitsschädigende Wirkung von z.B. Cannabis, das bereits bei einmaligem Konsum verheerende Schäden zeitigt, erreicht stirbt der Mensch "alterbedingt ganz natürlich".
    Auch Nikotin und Alkohol (letzterer auch, wenn man ihn aus Tonkrügen trinkt) dürften unmittelbar wesentlich mehr Menschen zu Tode bringen, als Zucker.
    Dass Zuckergenuß und z.B. Diabetes differenzierter betrachtet werden müssen, als noch vor wenigen Jahren, sollte heute Allgemeinwissen sein.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • al-holler@t-online.de
    Dass Zucker per se ein "...gift" ist ist auch wieder so ein grünmotiovierter " Erziehungs"fa.e, schlimmer noch als damals der Veggieday, dessen "Efinderin" auch völlig abg..... ist.
    Der Organismus braucht Zucker, DAS ist unbestritten; problematisch kann aber die Menge werden, die man davon zu sich nimmt. Kein Zucker ist mindestens genau so schädlich, wie zu viel. Man könnte jetzt auch noch über die in Regel schädliche Wirkung von Ersatzstoffen reden, aber das würde hier zu weit führen. Wer bereit ist, sich ohne Scheuklappen damit zu befassen, kann sich leicht im Netz davon überzeugen
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Tablewaterman
    "Die Zuckerrübe war, ist und bleibt alternativlos."
    Und was ist mit Rohrzucker?????
    Rohrzucker ist die Warenbezeichnung für Haushaltszucker, der aus Zuckerrohr gewonnen wird. Der in Mitteleuropa überwiegend produzierte Zucker wird dagegen aus der Zuckerrübe gewonnen und heißt Rübenzucker; chemisch besteht kein Unterschied zwischen reinem Rohrzucker und reinem Rübenzucker.

    Bei immer häufiger auftretenden Starkregen kann man damit Erosion wirksam verhindern",
    Das haben wir ja alle 2016 erlebt. Nur Schlamm durch die Zuckerrübenfelder. Es wird
    hier doch gar nicht mehr richtig umgeackert.

    Außerdem interessiert es diese Herren auch nicht ob eine Siemens etc. 1000 te Stellen abbaut. Aber wie sagt man: Der Markt bereinigt sich selber - siehe letzte Wirtschaftskrise.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Motorradfahrer83
    Erst lesen, dann kommentieren:
    "Das ganze könne noch durch Zwischenfrüchte, die vor der Rübe angebaut werden, getoppt werden. "Eine gute Mulchauflage durch die Zwischenfrucht schützt nicht nur das Grundwasser, sondern auch Oberflächengewässer. Bei immer häufiger auftretenden Starkregen kann man damit Erosion wirksam verhindern", meinte der Fachmann. "
    Hier geht es um die Zwischenfrüchte, welche die Erosion wirksam verhindern. Es geht nicht um die Zuckerrübe.

    Und zum Thema Zucker und Rohrzucker: Also ich brauche keinen Rohrzucker. Für diesen werden Regenwälder abgeholzt und Menschen ausgebeutet. Da ist mir die heimische Zuckerrübe und der Rübenzucker tausend Mal lieber.

    Diese Herren interessiert natürlich die 1000ste Stelle bei Siemens nicht, denn bei Siemens interessiert sich auch keiner für den 1000sten landwirtschaftlichen Betrieb, der zu macht.

    Bei einem muss ich aber Recht geben, der Markt wird sich selbst bereinigen. Manchmal ist es nur die Frage, ob es wirklich sein muss.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • hansi07
    "...Es wird hier doch gar nicht mehr richtig umgeackert. ..."
    Da muss ja jemand wirklich vom Fach sein. Nur übersehen, dass mittlerweile ja die Äcker in unterschiedliche Erosionsklassen eingeteilt sind. Und eine Auflage, wenn man eben in Erosionklasse 1 oder gar 2 ist, ist der Pflugverzicht. Bei Klasse 1 darf nur noch quer zum Hang gepflügt werden, was bei vielen Grundstücken unpraktikabel ist, bei Klasse 2 überhaupt nicht. (Gibt natürlich auch hier wieder Ausnahmen: Zeitpunkt, Einsaat von Querstreifen,...)
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten