Für die Ochsenfurter Zuckerfabrik hat die Südzucker AG vorerst Entwarnung gegeben. Das Werk ist nicht von der geplanten Konzern-Restrukturierung betroffen. Dafür sollen die beiden Südzucker-Werke in Warburg (Nordrhein-Westfalen) und Brottewitz bei Mühlberg an der Elbe (Brandenburg) geschlossen werden. Die beiden Werke stellen jährlich rund 200 000 Tonnen Zucker her. Insgesamt will Südzucker seine Erzeugung in Europa um 700 000 Tonnen reduzieren. Dabei sollen jährlich Kosten von 100 Millionen Euro eingespart werden.
Vor dem Hintergrund anhaltend niedriger Weltmarktpreise und aus Konzernsicht ungleicher Wettbewerbsbedingungen hat Südzucker in den Krisenmodus geschaltet. Am Dienstag gab das Unternehmen bekannt, dass der Vorstand ein umfangreiches Restrukturierungs- und Kostensenkungsprogramm ausgearbeitet hat und Werksschließungen beabsichtigt. Am Mittwoch wurde der Plan vom Aufsichtsrat gebilligt.
Dass die beiden Werke in Warburg und Brottewitz geschlossen werden sollen, kommt für Branchenkenner nicht überraschend. Sie gehören zu den kleinsten der insgesamt neun Südzucker-Werke. Außerdem war bekannt, dass die Biozucker-Produktion, die bislang ausschließlich in Warburg stattfand, ins Werk in Rain am Lech verlagert wird.
Von der Schließung in Warburg sind 60 Mitarbeiter betroffen, in Brottewitz sind nach Konzernangaben 90 Beschäftigte tätig. Die beiden Werke wurden von knapp 1200 Rübenbauern beliefert. Für die allermeisten von ihnen wird es das Aus des Rübenanbaus bedeuten. Es gehe nicht um die Verlagerung von Rübenströmen oder die höhere Auslastung anderer Werke. "Unsere Absicht ist, dass weniger Zucker produziert wird", so ein Konzernsprecher am Donnerstag im Gespräch mit der Redaktion.
In der Hoffnung auf bessere Exportchancen nach Wegfall der EU-Zuckermarktordnung hatte sich der Konzern zunächst stärker international ausgerichtet, unter anderem mit der Beteiligung an einem der weltgrößten Zuckerhandelsunternehmen ED&F Man. Von dieser Strategie nimmt Südzucker jetzt Abstand. Man wolle sich darauf konzentrieren, in Europa wettbewerbsfähig zu bleiben.
Gegenwind vom Weltmarkt und den EU-Nachbarn
Gegenwind komme dabei nicht nur vom Weltmarkt und außereuropäischen Erzeugerländern, die teilweise Exportsubventionen für Zucker zahlen. Auch in Deutschland und der EU kämpfe Südzucker gegen Wettbewerbsnachteile, so der Unternehmenssprecher. So hätten andere EU-Länder den Bauern Ausnahmegenehmigungen für den Einsatz von Beizmitteln auf der Basis von Neonicotinoiden gewährt, mit denen bisher das Rübensaatgut vorbehandelt wurde. In einigen EU-Ländern zahle der Staat flächenbezogene Subventionen für den Rübenanbau, obwohl auf EU-Ebene der Verzicht auf Subventionen vereinbart worden sei. "Den politischen Rückenwind, den wir bräuchten, bekommen wir nicht", so der Sprecher.
Insgesamt will Südzucker die Jahresproduktion um 700 000 Tonnen senken, wo die nach Schließung der beiden Werke verbleibenden 500 000 Tonnen herkommen sollen, sei noch nicht entschieden. Für die weiteren sieben deutschen Standorte gebe es keine Schließungsabsichten. Welche der übrigen 20 europäischen Standorte betroffen sein könnten, sei noch nicht entschieden.
Investitionsentscheidungen und Personalabbau
Mit 300 000 Tonnen Zucker im Jahr liegt das Werk in Ochsenfurt im Konzernverbund ungefähr gleichauf mit dem Werk in Plattling (Niederbayern) an zweiter Stelle hinter dem größten Südzucker-Standort in Offstein bei Worms mit 350 000 Jahrestonnen. Auch für diese Fabriken habe der Restrukturierungsplan Konsequenzen, so der Sprecher weiter. Es geht um die Überprüfung von Investitionsentscheidungen und möglicherweise um den Abbau von Personal. Details stünden allerdings noch nicht fest.
Nach jüngsten Jahresprognosen geht Südzucker im laufenden Geschäftsjahr von einem Verlust von 83 Millionen Euro im Segment Zucker aus, nach 150 Millionen Euro Gewinn im Vorjahr. Bei einem Konzernumsatz von rund sieben Milliarden Euro werde das operative Konzernergebnis voraussichtlich zwischen 25 und 125 Millionen Euro liegen, nach 445 Millionen Euro im Vorjahr. Das Ergebnis wird vor allem von den Produktsegmenten Tiefkühlpizza und Fruchtzubereitungen getragen.