
Rund 2500 Haushalte in Würzburg warten derzeit auf die Bearbeitung ihres Wohngeldantrags, weil das Sozialreferat überlastet ist. Mehrere Rentnerinnen und Rentner hatten sich verzweifelt an die Redaktion gewandt. Ein Würzburger Jurastudent hat nun den direkten Weg gewählt: Er hat am Montag einen Eilantrag in Zusammenhang mit einer Untätigkeitsklage am Verwaltungsgericht eingereicht, wie das Gericht auf Anfrage der Redaktion bestätigt.
"Der Antrag vom Februar 2024, welchem ich alle mir auferlegten Nachweise und Anlagen beifügte (Immatrikulationsbescheinigung, Kontoübersichten, Gehaltsnachweise für 2023 und Nachweise über Mietzahlungen) wurde bis heute, den 19. August 2024, nicht bearbeitet", heißt es in der Klageschrift, die der Redaktion vorliegt.
Aktuell müsse er die Miete aus seinen Ersparnissen bezahlen, schreibt der angehende Jurist. Die gingen jedoch inzwischen zur Neige. Er habe daher einen Antrag auf vorläufige Zahlung eingereicht, "wobei mir die Auskunft gegeben wurde, dass Anträge auf vorläufige Zahlung generell nicht bearbeitet werden", so die Klageschrift weiter. "Diese Handhabung scheint mir nicht rechtens zu sein, insbesondere unter dem Aspekt, dass die vorläufige Auszahlung explizit für die Fälle vorgesehen ist, in welchen die Bearbeitungszeit länger dauert."
Stadt Würzburg: Vorschusszahlungen nicht pauschal abgelehnt
Ähnlich hatten sich zwei Rentner gegenüber der Redaktion geäußert. Auch ihnen sei vom Sozialreferat mitgeteilt worden, dass Anträge auf Vorschuss aktuell generell nicht gewährt würden.
"Warum wird den Betroffenen regelmäßig kein Vorschuss gewährt?", hatte die Redaktion das Sozialreferat daraufhin gefragt. Die Antwort am 2. August: "Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben kann ein Vorschuss nur dann gezahlt werden, wenn geprüft worden ist, ob der Anspruch besteht. Diese Prüfung ist umfangreich, bedeutet zusätzlichen Verwaltungsaufwand. Ist die Höhe des Vorschusses nicht korrekt, ist weiterer Aufwand im Nachgang zur Bereinigung erforderlich und kann auch zu Rückforderungen führen und ist somit nicht zielführend."
Auf aktuelle Anfrage teilt das Sozialreferat nun mit: "Wir haben bereits in unserer Stellungnahme vom 02.08.2024 darauf hingewiesen, dass die Stadt Würzburg keinesfalls pauschal Vorschusszahlungen auf Wohngeld ablehnt." Die Bearbeitung von Vorschuss-Anträgen sei aufwändig. Ziel der Verwaltung sei, die Bearbeitungsdauer aller Anträge generell zu verkürzen, und "nicht die Bearbeitungszeit ALLER Anträge zu verlängern, indem wir mit der Bearbeitung von Anträgen auf Vorschusszahlungen gebunden sind."
Würzburger Sozialreferat setzt jetzt auf "vorläufige Bewilligung"
Dennoch gehe das Sozialreferat "in Zukunft auch verstärkter den Weg 'vorläufige Bewilligungsbescheide' zum Wohngeld zu erlassen, da diese eine geringere Prüfungsdichte voraussetzen. Auch dies bedeutet Verwaltungsaufwand, soll aber in objektiven Härtefällen die Antragstellenden zumindest für ein Jahr Unterstützung bieten."
Die Bundesregierung hatte zum 1. Januar 2023 das Wohngeld in Deutschland reformiert. Anstelle von 600.000 waren nun rund zwei Millionen Haushalte für das neue "Wohngeld Plus" bezugsberechtigt. Durchschnittlich wurden die Bezüge laut Bundesregierung pro Haushalt um 190 Euro angehoben. Viele Kommunen, darunter die Stadt Würzburg, fühlen sich von der Reform überrumpelt und kommen mit der Bearbeitung der Anträge nicht mehr hinterher.
bei großen Beträgen und großen Leuten ist der Staat (extrem) großzügig, bei kleinen Leuten und kleinen Beträgen kleinlich bis um Geht-nicht-mehr.
Und wenn die Leute zunehmend enttäuscht sind und "Protest!" wählen wollen, wird herumgejammert, die Demokratie ist in Gefahr.
Das stimmt zwar prinzipiell, ist aber mMn eher ein Indiz dafür, dass die "Eliten" unter "Demokratie" etwas komplett anderes verstehen als "der Rest"... so nach dem Motto "Demokratie ist, wenn alle glauben, die gleichen Rechte zu haben, und wir uns aber mehr herausnehmen (können)."
Ehrlich gesagt glaube ich nicht mal, dass die wirklich Großkopferten der Demokratie eine Träne nachweinen werden (höchstens diejenigen, die gut davon gelebt und plötzlich keinen Job mehr haben). Wie ich darauf komme? Ein Blick in die Geschichtsbücher, was vor so ca. 90 Jahren gelaufen ist, sollte reichen...
Wie kann das sein? Mit welchem Maß wird hier gemessen?
gebe ich Ihnen 100 %-ig Recht.
Aber sagen Sie das mal den Leuten, die - oft genug bedingt durch ein problematisches Bildungssystem (OECD: "in keinem Land auf der Welt hängt dert Bildungserfolg der Kinder so vom sozialen Status der Eltern ab wie in Deutschland") - nicht wirklich in der Lage sind zu überblicken, was sie in ihrer Frustration anrichten würden.
Gleichzeitig sind auch unsere "Eliten" wahrlich nicht kleinlich dabei, sich die Taschen vollzumachen, schauen zu, wie Betrüger Milliarden auf die Seite bringen ("Cum-Ex"), und die "normalen Leute" sollen bald noch mehr Lebenszeit mit Arbeit verbringen, weil das Geld für deren Rente nicht mehr reicht(?).
Es wäre wahrlich an der Zeit für eine Reform, die das größte Wohl der größten Zahl (oder so ähnlich) zum Ziel hat. Aber mal ehrlich: wieviel Hoffnung haben Sie, dass das passiert? Ich befürchte eher ganz andere Dinge. Vielleicht sollten wir schon mal anfangen zu packen.
Wir mussten früher auch jobben!
Aber das löst nicht die Verwaltungsproblematik.
Es leben immer mehr Menschen mit/von Staatshilfen.
Und: Die Bürokratie ist nicht mehr zu toppen. Gleichzeitig will kaum jemand in den öffentlichen Dienst. Ein Dilemma!
inwiefern der Student nebenbei berufstätig ist, ist offen. Klar ist, dass ein ausreichender Netto-Lebensunterhalt neben dem Studium auch für Berufstätige nur schwer zu erwirtschaften ist.
Beste Grüße,
Aaron Niemeyer (Autor)
Warum hat das viele Jahrzehnte funktioniert?
Weil die Studenten zum einen mit weniger ausgekommen sind und zum anderen sie keine so hohen Forderungen hatten.
Und weil es normal war nebenbei zu jobben.
Jetzt suggeriert unsere Regierung, dass man nix mehr schaffen muss und der Staat für alles aufkommt.
Raus aus der Wohlfühlzone und auf zum Schaffen!
Inwieweit Sie einen Studenten mit einem Berufstätigen gleich setzen bleibt wohl ein Geheimnis!
nachdem der Betroffene im Artikel zitiert wird mit "...Gehaltsnachweise für 2023..." unterstelle ich mal, er verdient "nebenher".
Habe ich auch machen dürfen/ müssen; hat meiner praktischen Arbeit im Labor im Rahmen meiner Diplomarbeit und später Promotion nicht unbedingt gut getan. Das legt den Schluss nahe, dieser Staat sorgt dafür, dass Kinder aus betuchte(re)n Familien bessere Chancen auf gute Noten und damit Jobs haben (sollen) als Leute, die sich (so ziemlich) alles selber erarbeiten müssen... was auch kein Wunder ist, wenn man unterstellt, dass die Besserverdienerkreise gerne unter sich bleiben und möglichst viel vom Kuchen abhaben wollen. Kleine Leute, die nach oben wollen (und vielleicht sogar mehr auf dem Kasten haben als die "Eliten"), stören da nur.
Studiengänge haben ihr System, manche wurden aufgeweicht (Bachelor und Diplom), manche kamen als unsinnige dazu.
Früher war auch Druck da fertig zu werden.
Und auch waren trotz allem in Cafés, am Main oder auf Partys! Und kein Mensch hat danach gefragt, wie reich das Elternhaus ist.
Dieses Gefälle dürfen wir uns nicht einreden lassen!
Der Mensch und die Fähigkeit zählen. Und nicht der Elternwille bei Geburt oder nach der 4. Klasse!
stimmt.
Als wir in der ersten Vorlesung unsere Zeitplanung vorgestellt bekamen (Montag bis Freitag vormittags von 8 oder 9 bis 12 Uhr Vorlesungen, nachmittags von 13 - 18 Uhr Praktikum), ging ein Raunen durch den Saal, auf das der Prof wohl nur gewartet hatte und mit dem Satz erwiderte: "wenn Sie eine 40-Stunden-Woche haben hätten wollen, hätten Sie Maurer werden müssen".
Das gilt (zumindest in den Naturwissenschaften) prinzipiell auch für die Zeit nach dem Grundstudium: wer jobben will/ muss, ist gezwungen, die Zeit irgendwo abzuknappsen, und wer sich andererseits nicht voll ins Studium reinhängt, kriegt dafür keine mildernden Umstände (wobei ich den Verdacht habe, dass sich das zwischenzeitlich nicht geändert hat - das Studium ist eher noch "verschulter" geworden).
Ich weiß nicht, was/ ob Sie studiert haben, aber bevor Sie anderen Leuten "Käse" vorwerfen, sollten Sie sich vielleicht erstmal schlaumachen.
Offensichtlich gibt es nach wie vor Missbrauch im System.
Vor der Diskussion, um Arme gegen Reiche auszuspielen, haben halt die Studenten gejobbt. Es war üblich und es war ok!
Selbst schmerzhaft erlebt 😞