
Am Ende einer langen Stadtratssitzung stand am Donnerstag in Ochsenfurt ein Tagesordnungspunkt, der bis kurz vor Mitternacht noch einmal die Gemüter erhitzte: die Veranstaltung einer Kulturwoche im Herbst, die Kulturreferentin Renate Lindner (UWG) beantragt hatte. Mit Unterstützung der anderen Kulturreferenten Siegfried Scheder (CSU) und Herbert Gransitzki (SPD) hatte Lindner seit vielen Wochen fleißig an einem Programm gearbeitet, das Ende September wieder ein wenig kulturelles Leben nach Ochsenfurt bringen sollte.
Veranstalter dieser Kulturwoche sollte nach ihrer Vorstellung die Stadt sein, doch Bürgermeister Peter Juks (UWG) hielt nichts von dieser Organisationsform. Letztlich standen sich die Auffassungen so unvereinbar gegenüber, dass Renate Lindner ihren Rücktritt als Kulturreferentin erklärte.
Juks: Stadt sollte sich zurückhalten
In diesem Jahr, in dem die Menschen von der Corona-Pandemie bereits heftig gebeutelt wurden, sollte sich die Stadt als Veranstalterin zurückhalten, sagte Juks. Er verwies darauf, dass trotz allgemein sinkender Infektionszahlen Ochsenfurt derzeit gerade wieder als Ausreißer nach oben auffalle. Sollte sich trotzdem jemand veranlasst sehen, als Privatperson eine Veranstaltung durchzuführen, werde die Stadt das akzeptieren und nötigenfalls im Nachhinein auch finanziell unterstützen.
Für Verwaltungsleiter Wolfgang Duscher ist ein weiteres gewichtiges Problem die Frage der Versicherung. Nicht alles fällt nämlich unter die allgemeine Haftpflichtversicherung der Stadt. Für bestimmte Veranstaltungen müssen zusätzliche Versicherungen abgeschlossen werden. Duscher erhielt aber von der Versicherung der Stadt zumindest die Auskunft, dass wohl auch Privatpersonen derartige Veranstaltungsversicherungen abschließen könnten.
Das kulturelle Leben wieder in Gang bringen
Der Vorschlag, als Privatperson die Veranstaltung zu stemmen, begeisterte Renate Lindner nicht. So etwas habe sie nicht vor. "Wir wollen nicht im Gefängnis landen", sagte sie mit Blick auf die Haftungsrisiken. Die Stadträtin meinte, dass es an der Zeit sei, das kulturelle Leben im Rahmen der Möglichkeiten wieder in Gang zu bringen. Die von ihr ins Auge gefasste Kulturwoche sei ein Beitrag dazu.
"Wir brauchen nicht nur Großveranstaltungen, die Zehntausende von Euro kosten, und wir brauchen für die Kulturwoche auch keine Food-Trucks", machte sie sich Luft. Einzelne kleine Veranstaltungen mit Künstlern, die größtenteils nicht einmal etwas kosten wüden, nichts Übertriebenes: So stellte sich Renate Lindner die Kulturwoche vor. Ähnliches werde übrigens derzeit andernorts auch versucht und auch schon umgesetzt.

Unterstützung bekam Lindner von Rosa Behon (CSU). "Jeder wartet auf Kultur", glaubt Behon. Und Ochsenfurt als die größte Stadt im Landkreis sollte ihren Bürgern etwas bieten. Sie stellte die Frage in den Raum, ob die Stadt nicht in Kooperation mit einem Verein, etwa dem Spital-Verein, agieren könne. Für solche Aufgaben, entgegnete Duscher, gebe es in Ochsenfurt den Stadtmarketingverein. Der aber sei nicht einbezogen worden, so Juks. Sobald jedoch die Stadt selbst Veranstalterin der Kulturwoche sei, müsse bei der Stadt auch ein dafür Verantwortlicher sitzen.
Wolfgang Karl (CSU) führte Beispiele aus anderen Kommunen an, in denen sehr wohl die Kulturreferenten für ihre Gemeinde verantwortlich tätig seien und das nicht als Privatpersonen tun müssten. Ähnlich äußerte sich Bert Eitschberger (SPD): Es habe schon immer städtische Veranstaltungen gegeben, die von Privatpersonen organisiert worden seien, sagte er. Prinzipiell finde er die Idee gut. Und sollte das Infektionsgeschehen im Herbst eine Kulturwoche nicht zulassen, habe auch nicht die Stadt den schwarzen Peter für eine dann nötige Absage. Das regelten die allgemeingültigen Vorschriften.
Eindeutig gegen eine solche Veranstaltung positionierte sich Barsom Aktas (UWG), der die Angelegenheit nüchtern nach Infektionsschutzgesichtspunkten betrachtete. In so einer kritischen Zeit sollten keine Veranstaltungen durchgeführt werden, sagte er. "Es ist nicht die Frage, ob die Delta-Variante kommen kann. Die wird kommen. So schön die Veranstaltung auch ist, es ist zu früh."
Verwaltung will nach einem Weg suchen
Renate Lindner hatte für die Kulturwoche verschiedene Programmpunkte zusammengestellt: Straßenmusik, Führungen durch Stadtpfarrkirche oder Lanzentürmchen, ein Tag des offenen Ateliers bei verschiedenen Künstlern, Lesungen, Konzerte, Ausstellungen oder eine Theatermatinee im Kino Casablanca. Peter Juks indessen sieht nicht ein, dass die Stadt eine Kulturwoche veranstalten soll, deren einzelne Programmpunkte teils in privaten Anwesen stattfinden, etwa den Ateliers oder dem Kino. Oder dass Punkte dabei sind, die die Stadt im Rahmen ihrer üblichen Führungen sowieso angeboten hätte.
Die Diskussion endete ohne Beschluss über die Durchführung der Kulturwoche. Verwaltungsleiter Duscher hatte sich als Ergebnis Folgendes notiert: Die Verwaltung werde mit den Kulturreferenten nach einem gangbaren Weg suchen. Ob das Renate Lindner mit einschließen wird, die doch bereits ihren Rücktritt verkündet hat? "Es tut mir sehr leid", sagte Lindner nach der Sitzung im Gespräch mit der Redaktion. "Aber für mich ist das unumkehrbar."