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Würzburg
Steigende Zinsen: Lohnt sich jetzt das Bausparen und was muss man bei Bausparverträgen beachten?
Sparerinnen und Sparer erhalten wieder mehr Zinsen für ihr Guthaben. Ist jetzt ein guter Zeitpunkt für einen Bausparvertrag? Eine Würzburger Finanzberaterin erklärt Details.
Erst sparen, dann einen günstigen Kredit zum Beispiel für den Hausbau bekommen – das ist die Idee des Bausparens. Wer sich derzeit dafür interessiert, sollte allerdings genau rechnen, raten Fachleute.
Foto: Christin Klose, dpa (Symbolbild) | Erst sparen, dann einen günstigen Kredit zum Beispiel für den Hausbau bekommen – das ist die Idee des Bausparens. Wer sich derzeit dafür interessiert, sollte allerdings genau rechnen, raten Fachleute.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:44 Uhr

Die Zeit der niedrigen Zinsen ist vorbei. Was heißt das für die Geldanlage oder Geldbeschaffung? Lohnt sich das Bausparen wieder? Was ist effektiv, wenn ich in ein paar Jahren eine Immobilie erwerben möchte? Antworten von einer Finanzexpertin und der Verbraucherzentrale Bayern, was jetzt Sinn macht und was man wissen sollte. 

Steigende Zinsen: Ist jetzt generell ein guter Zeitpunkt für einen Bausparvertrag?

Das kommt immer auf den Einzelfall an, sagt Finanzexpertin Judit Maertsch vom Verbraucherservice Bayern in Würzburg. Als reine Geldanlage eigne sich Bausparen kaum. Denn ein solcher Vertrag ziehe hohe Kosten nach sich. Außerdem verzinse sich das angelegte Geld trotz allgemein steigender Zinsen schlechter als etwa bei Festzinsanlagen.

Andererseits könne ein Bausparvertrag eine gute Wahl sein, wenn zum Beispiel für einen späteren Hauskauf günstige Bauzinsen gesichert werden sollen, eine Modernisierung anstehe oder nach Ende der Zinsbindung eines herkömmlichen Darlehens die Restschuld beglichen werden muss. Wichtig sei dann jedoch, dass das Bauspardarlehen zum gewünschten Zeitpunkt auch zuteilungsreif ist, so Maertsch.

Um in einigen Jahren Geld für einen Immobilien-Kauf zu haben: Lieber jetzt einen Bausparvertrag abschließen oder später ein klassisches Darlehen aufnehmen?

Unter Umständen bietet es sich laut Judit Maertsch an, statt eines Bausparvertrags einen Sparplan mit der Bank abzuschließen, um in den Jahren vor dem Darlehen durch monatliche Einzahlungen Eigenkapital aufzubauen.

Beispielrechnung: Es werden 8,5 Jahre lang 200 Euro monatlich zur Seite gelegt. Bei einem Sparvertrag kommen am Ende inklusive Zinsen gut 21.000 Euro zusammen. Bei einem Bausparvertrag hingegen nur rund 19.400 Euro, weil weniger Zinsen eingenommen werden, aber Abschlussgebühr und Jahresentgelt anfallen.

Das heißt: Mit Sparplan wird mehr Eigenkapital gebildet, also muss danach weniger Darlehen aufgenommen werden. In der Beispielrechnung wären das knapp 29.000 Euro statt 31.ooo Euro beim Bausparvertrag. Aber: Beim klassischen Sparvertrag fallen höhere Zinsen an als beim Darlehen mit  Bausparvertrag.

Ein Bausparvertrag macht nur in ganz bestimmten Fällen Sinn, meint Finanzexpertin Judit Maertsch vom Verbraucherservice Bayern in Würzburg.
Foto: Silvia Gralla | Ein Bausparvertrag macht nur in ganz bestimmten Fällen Sinn, meint Finanzexpertin Judit Maertsch vom Verbraucherservice Bayern in Würzburg.

Unter dem Strich rät Finanzberaterin Maertsch: Die Darlehenssumme sollte durch so viel Eigenkapital wie möglich gedrückt werden. Unterm Strich könne das den Nachteil der höheren Darlehenszinsen im Vergleich zum Bausparen wettmachen. Wer indes Wert darauf legt, die monatliche Belastung schon viele Jahre im Voraus im Detail zu kennen, für den sei ein Bausparvertrag mit seinem festen Darlehenszinssatz eine Option. Denn dann seien starke Schwankungen des Zinses auf dem freien Markt nicht relevant.

Wie viele Guthaben-Zinsen gibt es derzeit bei neuen Bausparverträgen?

Mit 0,1 Prozent sei der Satz "homöopathisch gering", urteilt Beraterin Maertsch. Das führe dazu, dass Bausparverträge in der Sparphase über Jahre hinweg ein Minusgeschäft sein können.

Beispiel: Bei einer Bausparsumme von 50.000 Euro und einer monatliche Einzahlung von 200 Euro über gut 8 Jahre hinweg, erhalten Bausparende gerade mal 77 Euro Guthabenzinsen. Dafür fallen aber fast 600 Euro an für Abschlussgebühren und Jahresentgelt, auch Servicegebühr genannt.

Welche Kosten sind mit einem Bausparvertrag verbunden?

Abschlussgebühren und Jahresentgelt sind laut Maertsch üblich. Teilweise würde auch für das erneute Versenden des Jahreskontoauszugs auf Anfrage 30 Euro verlangt. Vorteil des Bausparvertrags gegenüber dem klassischen Baudarlehen: Darlehensgebühren, Immobilien-Schätzkosten oder Kontoführungsgebühren für das Darlehen dürfen Bausparkassen der Verbraucherberaterin zufolge nicht verlangen.

Welche versteckten Aspekte sind bei Bausparverträgen besonders zu beachten?

Die Verbraucherzentrale Bayern weist darauf hin, dass Bauspardarlehen im Vergleich zu herkömmlichen Baudarlehen schneller abgezahlt werden müssen. Das bedeute, dass die monatlichen Tilgungsraten höher sind. Das überfordere mitunter die Darlehensnehmer finanziell , sagt auch Judit Maertsch.

Andererseits sind laut Verbraucherzentrale bei Bausparverträgen Sondertilgungen jederzeit möglich. Wer also während der Tilgungsphase Geld übrig hat, kann damit seine Darlehenslast außerplanmäßig mindern.

Tipp der Beraterin: auf die Bausparsumme achten. Denn auf deren Grundlage bekomme der Berater oder die Beraterin Provision, weshalb "viel zu oft überhöhte Bausparsummen" abgeschlossen würden. Das erhöhe die Abschlussgebühren und verzögere den Zeitpunkt, zu dem der Bausparvertrag zuteilungsreif wird, sagt Maertsch.

Das wiederum könne dazu führen, dass die Bausparerinnen und Bausparer nicht zum gewünschten Zeitpunkt an ihr Bauspargeld kommen und eine teure Zwischenfinanzierung nötig wird. 

Wo sind insbesondere Fallstricke beim Darlehen, das über den Bausparvertrag läuft?

Ein Darlehen aus dem Bausparvertrag zu bekommen, sei keine Selbstverständlichkeit, warnt Finanzexpertin Maertsch. Denn wie bei einem herkömmlichen Darlehen werde auch hier erst die Kreditwürdigkeit der Bausparenden geprüft. Ist sie zum Beispiel wegen Arbeitslosigkeit oder längerer Krankheit nicht gegeben, könne es beim Darlehensantrag zu "erheblichen Schwierigkeiten" oder gar zur Ablehnung kommen.

Wie ein Bausparvertrag funktioniert

Der Grundgedanke des Bausparens: erst einzahlen, dann ein günstiges Darlehen bekommen. Wer einen solchen Vertrag zum Beispiel für einen späteren Hausbau abschließt, verpflichtet sich zu regelmäßigen Sparleistungen von monatlich 3 bis 7 Promille der vereinbarten Bausparsumme, teilt der Verband der privaten Bausparkassen mit. Hinzu kommen je nach Fall staatliche Wohnungsbauprämie und Arbeitnehmersparzulage. Wer auf diese Weise zwischen 40 und 50 Prozent der Bausparsumme über eine gewisse Zeit erreicht hat, hat Anspruch auf das zinsgünstige Bauspardarlehen. Am Ende bekommt man also die Bausparsumme ausbezahlt: das Darlehen plus das zuvor angesammelte Guthaben.
Zuteilungsreife: Wann genau die Bausparsumme überwiesen wird, hängt von der Zuteilungsreife des Vertrags ab. Dazu ermittelt die Bausparkasse jeweils die sogenannte Bewertungszahl. Sie ergibt sich aus der monatlichen Sparrate, den angefallenen Zinsen und der Vertragslaufzeit. Je höher die Bewertungszahl, desto eher wird die Bausparsumme ausbezahlt.
aug
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