Sie sind derzeit nicht die beliebtesten Würzburger, die Kläger, wegen denen das DFB-Pokalspiel der Kickers gegen Werder Bremen nach Offenbach verlegt wurde.
Beim ersten Heimspiel der Saison am Sonntagnachmittag gegen Werden Bremen II war deutlich zu hören, was die Fans des FC Würzburger Kickers von der erzwungenen Verlegung des DFB-Pokalspieles gegen die Bundesligamannschaft von Werder Bremen am 12. August halten. Mit lauten und beleidigenden Schmähgesängen taten die Fans ihre Meinung kund. Auf Transparenten stand geschrieben: „Ein Heimspiel in Offenbach? Spießertum und ein korrupter Verband gehen dabei Hand in Hand!“
Pokalspiel nach Offenbach verlegt
Das Pokalspiel kann nicht im 1967 erbauten Stadion am Dallenberg stattfinden, weil die Stadt nur noch Spiele genehmigt, die spätestens um 19.30 Uhr beginnen. Nachdem der Deutsche Fußball-Bund den Anpfiff aber auf 20.45 Uhr angesetzt hatte und einer Vorverlegung nicht zustimmte, müssen die Würzburger und Bremer Kicker nun in das rund 100 Kilometer entfernte Stadion in Offenbach ausweichen. Eine Aufgabe mit hohem finanziellen und logistischen Aufwand.
Anwohner klagten
Anlass sind die Klagen von Anwohnern am Dallenberg, die sich durch den Lärm an den Spieltagen und das Flutlicht bei Abendspielen belästigt fühlen. Verschärft wurde die Situation durch eine Rechtsaufsichtsbeschwerde der klagenden Parteien bei der Regierung von Unterfranken.
„Es ist, unabhängig von der grundsätzlichen schwierigen Situation um Abendspiele in Würzburg, erst nach der zeitgenauen Terminierung der Pokalpartie durch die neue Rechtsaufsichtsbeschwerde zu einer unerwarteten Verschärfung der Situation gekommen, die die Austragung massiv gefährdet hat“, schreibt ein DFB-Sprecher auf unsere Anfrage hin. „Zuvor waren alle Beteiligten, wie auch die Durchführung einer Vorbesichtigung durch den DFB in Würzburg belegt, davon ausgegangen, dass eine Lösung für die Austragung des Abendspiels in Würzburg gefunden werden kann.“
- Standpunkt unseres Redakteurs Ernst Lauterbach: „Reden hilft - Warum sich alle Beteiligten in der Kickers-Debatte besinnen sollten“
Gegenaktion der Kickers
In ihrer wöchentlichen Vereinspostille „1907 News“ starteten die Kickers am vergangenen Freitag eine „Gegenaktion“. Anwohner des Stadions können darin eine verbindliche „Einverständniserklärung“ unterzeichnen, dass sie „gegen die Begleitumstände in Verbindung mit Heimspielen der Kickers“ keinerlei Einwendungen erheben. Diese Erklärung dürfen die Kickers an die Stadt und das Würzburger Verwaltungsgericht weiterleiten. Ebenso stimmen die Unterzeichner mit ihrer Unterschrift zu, dass ihr Name auf einer Liste mit Nachbarn, die keinen Einwand erheben, veröffentlicht werden darf.
Appell des Oberbürgermeisters
Sollen so Anwohner gegeneinander ausgespielt werden? Was die Stadt Würzburg davon hält, macht Stadtsprecher Georg Wagenbrenner klar: „Die Stadt Würzburg hat von dieser Aktion auch erst über die Stadionzeitung erfahren. Wir kommentieren diese nicht“, heißt es kurz und knackig aus dem Rathaus.
Zuvor hatte Oberbürgermeister Christian Schuchardt bereits in der Stadtratssitzung vergangene Woche die Fans zur Mäßigung aufgerufen und angemahnt, die Spielregeln des Rechtsstaats zu akzeptieren: Es gehe nicht an, dass Leib und Leben bedroht werden, so der OB. „Die Anwohner haben individuelle Rechte, auch wenn das denen, die sich davon betroffen fühlen, nicht gefällt“, so Schuchardt.
Unterschriftenaktion
Bei den Kickers zeigt man sich auf Anfrage zufrieden mit ihrer Unterschriftenaktion. „Die Anzahl der Rückläufer und vor allem die der Rückmeldungen, die wir erhalten haben, sind in jedem Fall merklich größer als die Zahl der Kläger. Dies stimmt uns positiv, was das nachbarschaftliche Miteinander auch in der Zukunft angeht“, schreibt Fabian Frühwirth, Pressesprecher der Kickers. Mehr will er nicht sagen.
Im März hatten sich die Kickers entschieden, die Flyeralarm Arena nicht auszubauen, sondern den Neubau eines Stadions in Würzburg anzustreben. Derzeit läuft mit Unterstützung der Stadt die Standortsuche.
Staatsanwaltschaft und Polizei eingeschaltet
Vor allem in sozialen Medien wie Facebook machen die Kickers-Fans indes weiter ihrem Unmut Luft. Vereinzelt wurden dort sogar Namen der Kläger genannt. Dies hat die Würzburger Polizei auf den Plan gerufen, wie deren Sprecherin Kathrin Reinhardt auf Anfrage bestätigt: „Bezüglich des Streits zwischen Anwohnern und Anhängern des FC Würzburger Kickers ist die Polizeiinspektion Würzburg-Stadt besonders sensibilisiert“, schreibt sie. Aufgrund der Eskalation der Situation in den sozialen Netzwerken und der Tatsache, dass sich einzelne Anwohner auch über einen Anwalt an die Polizei gewandt hätten, werde das Wohngebiet am Dallenberg derzeit verstärkt mit Streifen befahren. Alle Aussagen, die in den sozialen Medien getroffen wurden, seien inzwischen von Polizei und Staatsanwaltschaft auf strafrechtlich relevante Inhalte überprüft worden. In Absprache mit der Staatsanwaltschaft Würzburg hat die Polizei bereits gegen eine Person, die sich mit kritischen Posts besonders hervorgetan hatte, ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, berichtet die Polizeisprecherin. Die Beamten prüfen, „ob eine öffentliche Androhung von Straftaten“ vorliege.
Internet kein rechtsfreier Raum
„Selbstverständlich haben wir als Polizei auch die sozialen Medien generell im Blick und sorgen dafür, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist“, so Kathrin Reinhardt weiter. Um dem für die Posts Verantwortlichen klarzumachen, welche Wirkungen derartige Äußerungen im Internet nach sich ziehen können, habe die Polizeiinspektion Würzburg-Stadt eine Gefährderansprache mit der verantwortlichen Person durchgeführt, heißt es weiter. Des Weiteren sei es ein großes Anliegen der Würzburger Polizei gewesen, auf eine Mäßigung in der Wortwahl und in der Sache hinzuwirken. Daher habe man auch mit den Vereinsverantwortlichen der Kickers sowie mit der Stadt Kontakt aufgenommen. Die klagenden Anwohner fühlen sich massiv bedroht. „Deshalb haben wir uns an die Staatsanwaltschaft und die Polizei gewandt“, sagt der Sprecher der BI König-Heinrich-Straße/Dallenberg, der seinen Namen deswegen nicht genannt haben möchte. Das liege nur daran, dass der Kickers-Vorstandsvorsitzende Daniel Sauer „immer wieder Hetzkampagnen gegen uns lostritt und unwahre Behauptungen aufstellt“, sagt er. „Und die Unterschriftenaktion ist mehr als peinlich.“ Dass die Kickers seit über einem Jahr in einer nicht-genehmigten Anlage Fußball spielen, verschweige Sauer geflissentlich.
BI-Sprecher fordert Redebereitschaft der Kickers
Keiner der Kläger sei gegen die Kickers oder gegen Fußball. „Man hätte sich im Vorfeld einfach mal mit uns zusammensetzen und darüber reden können. Das letzte Gespräch zwischen den Kickers und den Klägern habe am 6. April 2017 stattgefunden, ohne dass die Kickers zu irgendwelchen Zugeständnissen bereit gewesen seien. Seit Mitte Juni 2017 liege das von den Kickers selbst in Auftrag gegebene Lärmschutzgutachten mit einem „desaströsen Ergebnis“ vor, führt der Sprecher an. Der Gutachter spreche darin die Empfehlung aus, dass von einem Spielanpfiff nach 19.30 Uhr abzusehen sei. Dieser Forderung komme die Stadt erstmalig für das am 12. August angesetzte Pokalspiel nach. „Die Behauptung von Herrn Sauer, dass die klagenden Anwohner für die Spielverlegung verantwortlich seien, ist eine glatte Lüge,“ sagt er. Von den Kickers war am Dienstag keine Bestätigung dafür zu bekommen, wann der Klub das Lärmschutzgutachten erhalten hat. Die Terminierung der Pokal-Spiele legte der DFB erst Anfang Juli fest.
BI-Sprecher: „Wenn da was passiert, ist die Hölle los“
Deshalb sei es nicht richtig, den Klägern die Schuld für die Spielverlegung zu geben. „Die Regierung ist von sich aus tätig geworden, weil es die Kickers zwei Jahre lang versäumt haben, sich um die Baugenehmigung für die Tribüne und das VIP-Zelt zu kümmern“, sagt er. „Da liegt so viel im Argen, auch mit den Fluchtwegen und dem Brandschutz. Wenn da was passiert, ist die Hölle los.“
Andere Anwohner am Dallenberg rücken das Sportliche in den Fokus: So kursiert ein Foto auf Facebook von einem Anwesen im Unteren Dallenbergweg vom Sonntag, an dem Pro-Kickers-Transparente zu sehen waren, unter anderem mit der Aufschrift „Hier wohnen Kickers-Fans. Ein Leben lang“. Auch der Würzburger Architekt Achim Gekle hat sein Büro im Mittleren Dallenbergweg und wohnt in der König-Heinrich-Straße. „Ich bin mit dem Stadion aufgewachsen und war schon in der ersten Zweitligasaison in den 70ern dort“, erzählt er. Noch heute besucht er jedes Heimspiel der Kickers und begleitet sie auch bei Auswärtsspielen. „Ich kann nicht nachvollziehen, dass man sich davon gestört fühlt“, sagt er.
Andere Anwohner sind gelassen
Erdogan Samiloglu wohnt direkt am Stadioneingang am Mittleren Dallenbergweg. „Früher war das schlimm, da haben wir uns oft gestört gefühlt“, sagt er, „da waren im Restaurant ständig Veranstaltungen bis in die Nacht“. Seit gut einem Jahr gebe es einen einen neuen Pächter und alles sei viel ruhiger geworden. „Alle zwei Wochen gibt es dann noch ein Fußballspiel, da kommen die Leute eine halbe Stunde vorher, bleiben 90 Minuten und eine halbe Stunde später sind sie wieder weg. Das stört uns nicht, das ist sogar eher ein Erlebnis für mich, meine Frau und die Kinder.“
An diesem Mittwoch trifft Absteiger Würzburger Kickers in der Dritten Liga in der Flyeralarm-Arena auf Preußen Münster. Das Abendspiel darf stattfinden, es wird bereits um 19 Uhr angepfiffen. Mitarbeit: frak, ach, PW
Ich habe heute (02.08.17) Mittag gegen 13 Uhr im BR 1 gehört: Das Gutachten, das die späteste Anstoßzeit auf 19:30 Uhr festlegt wurde von den Kickers selbst beauftragt und bezahlt!
Also, nicht über das schimpfen, das man selbst hat erstellen lassen (und dann geflissentlich ignoriert hat, in der Hoffnung zu gegebener Zeit ordentlich Druck auf den Stadtrat ausüben zu können).
Vielleicht auch nicht vergessen, dass es in Würzburg neben den 10-tausend Kickersfans auch noch über 114-tausend Bürger gibt, die die Stadt nicht unter Druck setzen können.
Mein Eindruck, stets hinterfragen und nicht alles glauben!
So stellen sich die roten (wieder mal) dar.
Dabei dachte ich schon, die sieben Zwerge hätten endlich ihr Schneewittchen gefunden.
Durch die Sperrung des Hintereingangs würde es doch ohnehin schon viel leiser als früher …
Was nennen die Verantwortlichen eigentlich logistischen Aufwand? Etwa einen Bus voller Spieler von A nach B zu karren? Wenn das für Würzburger so ein Aufwand ist dann dürften sie nur stadtinterne Spiele austragen....
Ich liebe ja die Stille. Deshalb habe ich auch einst das Haus neben dem am 15.8.1967 eröffneten Fußballplatz bezogen. Fünfte, sechste Liga, meist verloren sich nur ein paar Hundert Zuschauer am Dalle. Jahrzehntelang eine herrliche Friedhofsruhe! Bis plötzlich dieser Thorsten Hollerbauer das Dreiereinmaleins erfand, und der Stadt Würzburg den Profifußball schenkte. Aber nicht mit mir! Die Lektüre des deutschen Lärmschutzgesetzdschungels habe ich wahrhaft genossen. Eine Einhausung für ein 50 Jahre altes Stadion, Christo hätte seinen Spaß gehabt. Dieses Gesetz ist so ergiebig, dass meine Nachbarn und ich nächstes Jahr das Dallenbergbad einhausen lassen. Die Würzburger können doch auch nach Offenbach zum Baden fahren, oder? Statt einer Metropolregion Würzburg ein Vorort von Offenbach. Auweh, jetzt hab ich es zu weit getrieben mit meiner Rechthaberei. Den Schlaf raubt mir nun nicht der Fußball, sondern mein Gewissen. 3 Tage vor dem fünfzigsten Jubiläum wird
.... .. ...... ....., .... .... ......?
in diesem Sinne
Da hier aber anscheinend wieder einige Fans über die Stränge schlagen und meinen, Anwohner bedrohen, weil sie ihren "Spaß-Faktor" bedroht sehen, ´hoffe ich ganz sehr, dass die Kickers in absehbarer Zeit wieder in der unteren Kreisklasse spielen, damit dieses leidige Thema schnellstmöglichst wieder vom Tisch ist, denn so schnell wird es wohl kein Stadion-Ersatz geben.
Und ich hoffe auch sehr, dass sich dieses leidige Thema Stadion-Neubau von selbst erledigt!
Mit Sport hat das auf jeden Fall nichts zu tun!
Man muss nicht alle seiner Kommentare gelesen haben um sagen zu können:
Ach hättest du nur geschwiegen Desdemona, dann.............................!
Normalerweise bin ich ja meist anderer Meinung als Sie. Aber in diesem Fall gebe ich ihnen mal recht.
Zum Thema Lärmschutz, habe ich schon einmal was geschrieben ... die meisten Nachbarn und Bewohner vom Dallenberg (auch meine Familie) sehen die Kickers nicht als Lärm- und Störfaktor, da gäbe es genügend mehr (die B19, die Züge, das Bad) und wir arrangieren uns mit all diesen Dingen und leben Demokratie!
In diesem Grüße vom Dalle