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Höchberg
Sprengungen: Wie die Höchberger Firma Wölfel für Sicherheit sorgt
Würzburg auf dem Weltmarkt: Die Höchberger Firmengruppe hat auch 50 Jahre nach ihrer Gründung nichts von ihrem Pioniergeist verloren. Was Wölfel so besonders macht.
Bei der Sprengung der Kühltürme vom Kernkraftwerk Philippsburg wurde die Sprengung von der Höchberger Firma Wölfel berechnet.
Foto: Fa.Wölfel | Bei der Sprengung der Kühltürme vom Kernkraftwerk Philippsburg wurde die Sprengung von der Höchberger Firma Wölfel berechnet.
Jörg Rieger
 |  aktualisiert: 08.02.2024 21:49 Uhr

Wenn man Dr. Steffen Pankoke zuhört, wähnt man sich an den Physikunterricht in der Schule zurückerinnert. Es geht um Schwingungen, Schall, Akustik und physikalische Gesetze wie die elektromagnetische Lorentzkraft. "Das war der Trick mit den drei Fingern, die in unterschiedliche Richtungen zeigen", erklärt der Geschäftsführer der Firmengruppe Wölfel, die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen begeht.

Windkraft als bedeutendster Geschäftsbereich

Doch so theoretisch das Rüstzeug für die Höchberger auch ist, ihre Lösungen sind greifbar. "Unser bedeutendster Geschäftsbereich ist in den letzten Jahren die Windkraft geworden", erklärt Pankoke. Solche Anlagen werden bekanntlich gerne als Spargel in der Landschaft bezeichnet. "Genau diese Bauweise sorgt dafür, dass Windräder hin und her schwanken. Wir können das mit unseren passiven und aktiven Tilgern ausgleichen", so Pankoke. Bei größeren Offshore-Anlagen würden die im Wesentlichen durch Wellen verursachten Schwankungskräfte immerhin 15 bis 20 Tonnen betragen. Doch auch auf dem Festland wirkten wegen der Windwirbel große Kräfte.

Die Firma Wölfel mit Sitz in Höchberg fertigt hochpräzise Messinstrumente und ist damit international erfolgreich. CEO Steffen Pankoke von der Wölfel Holding GmbH im Showroom der Firma.
Foto: Thomas Obermeier | Die Firma Wölfel mit Sitz in Höchberg fertigt hochpräzise Messinstrumente und ist damit international erfolgreich. CEO Steffen Pankoke von der Wölfel Holding GmbH im Showroom der Firma.

Wölfel-Technologie sorgt nicht nur dafür, dass solche Anlagen wie eine ausgewachsene Eiche feststehen. "Durch unsere Entwicklungen sind auch die Geräusche der Rotorblätter kaum noch zu hören", erklärt Pankoke, der in Bielefeld geboren, in Schweinfurt aufgewachsen ist und in Darmstadt studiert hat. Und: "Ein wichtiger Bereich ist in diesem Zusammenhang auch unsere Eiserkennungstechnik", erklärt der 49-jährige Geschäftsführer: "In Deutschland und immer häufiger auch im Ausland dürfen Windkraftanlagen nur betrieben werden, wenn sie eisfrei sind – wegen der Gefahr des Abwurfs." Hierbei kommen die Monitoring-Systeme des Unternehmens zum Einsatz.

Im Keller hat 1971 alles angefangen

An die Windenergie im großen Stil hat noch niemand gedacht, als Horst Peter Wölfel mit einem befreundeten Ingenieur 1971 im Keller seines Höchberger Wohnhauses mit softwaregestützter Simulation begonnen hat. Damals war die Kernkraft die Energieform der Stunde. Wölfel konnte theoretisch berechnen, wie man die großen Kraftwerke erdbebensicher baut.

"Die Kernkraft beschäftigt uns noch heute. Doch jetzt geht es hauptsächlich um den Rückbau", erklärt Pankoke. Die Sprengung der beiden Kühltürme des KKW Philippsburg (Lkr. Karlsruhe) lief auf allen möglichen Nachrichtenkanälen. "Wir haben das dazugehörige Konzept erstellt." Gleiches gilt für die alte Autobahntalbrücke bei Heidingsfeld, die im Mai 2019 in sich zusammenfiel. "Das haben wir uns aus sicherer Entfernung zusammen angeschaut", erinnert sich der promovierte Maschinenbauer.

Solche Aufträge – die Ausführung als solches übernehmen die Sprengkommandos – sind ein noch relativ junges Geschäftsfeld der Höchberger. Es hat sich ergeben, als Deutschlands bekanntester Sprenggutachter Rainer Melzer in Rente gegangen ist – und passt gut in die Firmenphilosophie von Wölfel. "Dem Gründer Professor Wölfel war es schon immer wichtig, möglichst breit aufgestellt zu sein und beständig zu wachsen", sagt Pankoke. Deshalb kam schon in den 1970er Jahren zur Standfestigkeit von KKW auch die anderer Gebäude hinzu – und schließlich alsbald die Laufstabilität von Maschinen.

Die Firma Wölfel fertigt hochpräzise Messinstrumente und ist damit international erfolgreich.
Foto: Thomas Obermeier | Die Firma Wölfel fertigt hochpräzise Messinstrumente und ist damit international erfolgreich.

So kann es vorkommen, dass Wölfel eine Getränkeabfüllanlage in mexikanischen Erdbebengebieten gegen Schwankungen absichert. "Häufig kommen wir auch dann ins Spiel, wenn viele Rohre verlegt sind, etwa auch bei größeren Chemie-Anlagen", so Pankoke. Ein knappes Drittel des Umsatzes entstehe so im Ausland. "Häufig werden wir in diesen Fällen von einem deutschen Exporteur beauftragt – im Idealfall schon bevor die komplette Maschine fertig geplant ist."

Firmensitz im Höchberger Gewerbegebiet mit 120 Mitarbeitern

Die meisten der knapp 120 Mitarbeiter sind Ingenieure oder Naturwissenschaftler. "Bauingenieure und Maschinenbauer halten sich in etwa die Waage. Da gibt es immer eine kleine, gesunde Rivalität mit einem Augenzwinkern", so Pankoke. Der Firmensitz liegt im Höchberger Gewerbegebiet – mit herrlichem Blick auf das Würzburger Steinbachtal. In den letzten Monaten hat Wölfel ein drittes Gebäude für die Produktion von Monitoringsystemen und Tilgern errichtet und kürzlich bezogen.

Das Helikopterdeck einer Offshore Windanlage wurde durch Mitarbeiter der Firma untersucht und eine Lösung für die starken Schwingungen erarbeitet.
Foto: Fa. Wölfel | Das Helikopterdeck einer Offshore Windanlage wurde durch Mitarbeiter der Firma untersucht und eine Lösung für die starken Schwingungen erarbeitet.

"Wir sind im Jubiläumsjahr aus allen Nähten geplatzt", sagt Pankoke. Auch die Automobilindustrie gehört schon lange zu Wölfels Auftraggebern. "Hierbei geht es um den Schwingungskomfort eines Autositzes." Lange Zeit sei es so gewesen, dass der Fahrer bei den Berechnungen überhaupt nicht berücksichtigt wurde. Dementsprechend habe es während der Fahrt geruckelt. "Das haben wir geändert. Schließlich ist der Mensch mit seinen durchschnittlich 70 oder 80 Kilos eigentlich die wichtigste und schwerste Komponente auf dem Sitz."

Die Firme Wölfel fertigt hochpräzise Messinstrumente und ist damit international erfolgreich.
Foto: Thomas Obermeier | Die Firme Wölfel fertigt hochpräzise Messinstrumente und ist damit international erfolgreich.

Vordenker des Unternehmens ist wie erwähnt Horst Peter Wölfel, ein begeisterter Pilot, der vor Kurzem seinen 80. Geburtstag gefeiert hat. Ausschlaggebend für den Standort Höchberg waren damals die Nähe zu Wölfels Elternhaus in Wertheim und die verkehrstechnisch günstige Lage. Als Geschäftsführer fungierte er selbst nur in den Anfangsjahren, weil er früh einen Ruf als Professor des Lehrstuhls für Maschinendynamik an der TU Darmstadt erhielt. Einer seiner Schüler war dort: Steffen Pankoke.

Noch heute berät der Gründer sein Lebenswerk als Vorsitzender des Beirats. Er hat fünf Kinder, ein Sohn ist im Unternehmen beschäftigt. Auch die Eigentumsverhältnisse hat Wölfel senior längst geklärt. "Es ist für alle Zeit abgesichert, dass das Unternehmen unabhängig und in Familienbesitz bleibt. Dies ist über eine Stiftung sichergestellt", sagt Pankoke: "Das ermöglicht uns, dass wir nicht an Quartalszahlen gebunden sind, sondern langfristig agieren können." Die nächsten Pionierfelder sind längst im Visier.

Das Unternehmen

Firma: Wölfel-Gruppe
Standort: Max-Planck-Str. 15, 97204 Höchberg
Gründungsjahr: 1971
Mitarbeiterzahl: circa 120
Umsatz: 20 Millionen Euro
Hauptleistungen: Ingenieurberatung im Bereich der Schwingungstechnik, Bau von Monitoring-Systemen
Geschäftsleitung: Dr.-Ing. Steffen Pankoke, Dr.-Ing. Carsten Ebert, Dr. rer. pol. Nicole Nohl
Homepage: www.woelfel.de
Quelle: jr
 
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Kommentare
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  • K. K.
    Ha, ist Höchberg schon eingemeindet? Oder warum schreiben Sie WÜRZBURG auf dem Weltmarkt??
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Weil das erstens eine Serie der Main-Post ist und ich Ihnen getrost versichern kann, dass eine international agierenden Firma selbst nicht von Höchberg, sondern immer von Würzburg sprechen würde.
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