Noch einen Monat lang wird die 19-jährige Anna Reitter in der Grundschule Eisingen-Waldbrunn mitarbeiten, dann neigt sich ihr Freiwilliges Soziales Jahr - kurz FSJ - schon dem Ende zu. Die wichtigste Erkenntnis, die die junge Frau mitnimmt: "Ich möchte auf jeden Fall Grundschullehrerin werden." Durch das FSJ habe sich ihr Wunsch verstärkt, "ich konnte viele Erfahrungen sammeln". Und sie sei viel geduldiger geworden, das nämlich erfordere die Arbeit mit den jüngeren Schülerinnen und Schülern. Besonders schätze sie an den Kleinen, "dass sie so ehrlich und spontan sind".
Seit 2016/2017 ist Thomas Blendinger Schulleiter für die Schulhäuser Waldbrunn und Eisingen. Eine seiner ersten Maßnahmen war es eine Stelle für einen FSJler oder eine FSJlerin einzurichten. Es sei eine absolute Win-Win-Situation, sagt er: "Für uns ist es eine tolle Möglichkeit, Unterstützung zu bekommen, für die jungen Leute hingegen ist es eine super Möglichkeit, ins Arbeitsleben zu schnuppern." Gerade bei der großen Personalnot, die an Schulen - insbesondere auch Grundschulen - herrsche, mache sich die Hilfe sehr bemerkbar, so Blendinger. Zwar dürfe Anna keinen Unterricht selbst bestreiten, aber wenn alle Stricke reißen, weil Lehrkräfte beispielsweise erkrankt seien, werde die 19-Jährige schonmal eingesetzt, "um eine Klasse physisch zu beaufsichtigen".
Im Unterricht und der Hausaufgabenbetreuung mithelfen
Im Normalfall schnuppert die 19-Jährige in den Unterricht hinein, unterstützt die Lehrkräfte oder hilft und fördert Kinder, die im Unterricht nicht so gut mitkommen. Manchmal, erzählt sie, fielen ihr bei den Kindern auch Dinge auf, die dem Lehrer durch den Blick aufs "Ganze" verloren gehen. Und sie könne direkt im Unterricht eingreifen.
Auch begleitet sie Schülerinnen und Schüler zum Beispiel bei der Pausenaufsicht, in Arbeitsgruppen oder auch in der Mittagsbetreuung - zum Beispiel beim Hausaufgaben machen. Auch bei Ausflügen ist sie als Begleitperson mit von der Partie.
Außerdem schlichtet sie auch mal beim Zoff unter den Schülern und Schülerinnen und bekommt dass ein oder andere Geheimnis anvertraut. Und: Manchmal sei auch eine Kuscheleinheit angesagt, sagt sie lächelnd.
Nur geringer Verdienst im FSJ, dafür aber "sinnvoll"
Zwar verdiene sie bei dem FSJ monatlich nur etwa 500 Euro, "aber für mich ist das nicht wenig Geld, ich komme ja gerade selbst erst aus der Schule", so die 19-Jährige, die am Matthias-Grünewald-Gymnasium im vergangenen Jahr ihr Abitur gemacht hat. Schön finde sie es, ein Jahr Zeit zu haben, um sich für die Zukunft zu orientieren und "dennoch etwas Sinnvolles zu tun".
Zudem gebe es über den Organisator des FSJ - den Paritätischen Freiwilligendienst Bayern - eine bestimmte Anzahl an Seminartagen und Teambildungmaßnamen gemeinsam in der Gruppe der FSJler, die in verschiedenen Bereichen arbeiten. "Das macht viel Spaß und wir haben uns alle sehr gut kennenglernt". Bei manchen Teilnehmern habe sich durch das FSJ die Berufswahl bestätigt und gefestigt, andere wiederum wüssten nun, warum sie den Job auf keinen Fall langfristig machen wollen, berichtet Reitter.
Doch wer finanziert eigentlich die FSJ-Stelle an einer Schule? "Das ist leider so eine Sache", meint Blendinger und erklärt, dass weder das Staatsministerium für Unterricht und Kultus noch der Sachaufwandsträger (in der Regel die Stadt oder Gemeinde) dafür zuständig sei. In seinem Fall habe er Glück, "unsere Gemeinde ist sehr kinderfreundlich und zahlt eine volle FSJ-Stelle". Zuvor hatte der Schulleiter es auch schon mit Spendenaktionen an der Schule und einigen Sponsoren geschafft, die FSJ-Stelle - die Ausgaben in Höhe von etwa 9000 Euro im Jahr umfasst - zu stemmen.
Die derzeit zweite FSJ-Stelle an der Grundschule Eisingen-Waldbrunn wurde im vergangenen Jahr eingerichtet und über das so genannte Corona-Aufholprogramm Bayern zu einem großen Teil finanziert. Das sei im kommenden Schuljahr nicht mehr so. Allerdings, freut sich Blendinger, habe die Gemeinde aufgrund der gestiegenen Schülerzahlen an seiner Grundschule (derzeit 253 Schüler verteilt auf zwei Schulhäuser) zugesichert, nun auch die zweite FSJ-Stelle zu finanzieren.
Es fehlt derzeit an Bewerbungen
Wer im September kommen wird, stehe aber nicht fest. Es fehle derzeit an Bewerbungen, "wir würden uns sehr freuen, wenn sich noch junge interessierte Menschen melden", so der Aufruf des Schulleiters.
Wie viele Schulen in Stadt und Region Würzburg einen FSJler oder eine FSJlerin beschäftigen, ist übrigens nicht so einfach herauszufinden. Auf Nachfrage im Schulamt bei Schulamtsdirektorin Claudia Vollmar heißt es, dass sie keine gesammelten Informationen dazu habe. Klar sei, "das FSJ an Schulen nichts Neues ist, aber eine gute Möglichkeit bietet, dass junge Menschen in den Beruf hineinschnuppern können."
Derzeit wisse sie gesichert von zwei Schulen - Eisingen und Giebelstadt - die einen FSJler beschäftigten, so Vollmar. Nicht geeignet sei das FSJ aber, um dem Lehrermangel entgegenzuwirken oder diesen aufzufangen, "denn ein FSJler oder eine FSJlerin dürfen aufgrund fehlender Ausbildung keinen Unterricht abhalten". Allerdings, betont Vollmar, sei es schön, wenn sich durch das FSJ an einer Schule junge Menschen für den Lehrerberuf entscheiden.