Corona und Erkältungskrankheiten erschweren derzeit die personelle Lage an vielen Würzburger Schulen. So hat auch Schulleiterin Bettina Wohlleber von der Zellerauer Fanny-Koenig-Grundschule in den letzten Wochen immer wieder mit Engpässen zu kämpfen. Das eng gestrickte Personalsystem tut dabei sein Übriges.
Wie Wohlleber erklärt, seien zwar grundsätzlich alle Lehrerstunden an ihrer dreizügigen Schule besetzt, 45 der Wochenarbeitsstunden würden aber durch Lehramtsanwärter abgedeckt, die noch kein Referendariat absolviert haben. Das sei die Folge des Lehrermangels, der sich besonders in Grund- und Mittelschulen zeige, sagt sie. Natürlich würden die noch Studierenden durch die Lehrkräfte mit Coaching unterstützt, den Unterricht selbst aber hielten sie allein.
Kommt dann der Ausfall durch Krankheit dazu, "können wir das Ganze nur durch die Mehrarbeit und das große Engagement der Kollegen auffangen", sagt sie. Alles in allem sei es eine unbefriedigende Situation, sagt Wohlleber. Insbesondere Kindern, die besondere Aufmerksamkeit bräuchten, könne man nicht gerecht werden. Von der Politik würde sie sich wünschen, "dass endlich eine langfristige Bedarfsplanung gemacht wird". Und: Auch ein Lehramtsstudium ohne genaue Festlegung auf die Schulart könnte helfen, dem Lehrermangel an bestimmten Schulen zu begegnen.
Kaum noch Mobile Reserven
Von Schulleiterin Margit Walch aus der Max-Dauthendey-Grundschule heißt es, dass zwar im Moment alles gut abgedeckt sei und keiner krankheitsbedingt fehle, aber: "Ich kenne das Problem." Schwierig sei vor allem, dass es kaum noch Mobile Reserven gebe (Anmerkung der Redaktion: ausgebildete Lehrkräfte, die wechselnde Aushilfseinsätze übernehmen), die in der Not einspringen könnten.
Das bestätigt Schulamtsleiterin Claudia Vollmar: "Wir wissen natürlich um die vielen Krankmeldungen, können aber nicht in allen Fällen mit Mobilen Reserven nachsteuern." Durch beispielsweise Schwangerschaften oder verschobene Operationen stünden im "Stamm" der Reserve nur wenige Leute zur Verfügung. Dennoch dürfe es nur "das letzte Mittel sein, Schüler vom Unterricht nach Hause zu schicken".
Walch hat einen Notfallplan gemacht, wie auch bei Engpässen sinnvoll Unterricht gestaltet werden kann. So würden Kinder aus Klassen, in denen die Lehrkraft ohne Ersatz fehlt, in Kleingruppen in anderen Klassen unterkommen – mit passenden schriftlichen Übungen. Es könne aber auch passieren, dass Randstunden ausfallen müssten, und die Kinder lediglich beaufsichtigt werden könnten, schildert sie.
Lernlücken schließen und pandemiebedingte Nachteile meistern
Joachim Dutz, stellvertretender Kreisvorsitzender des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands e.V. (BLLV), bestätigt die "drastische Lage" gerade an Grund- und Mittelschulen. Es fehlten grundsätzlich Lehrkräfte und auch Mobile Reserven.
Über verschiedene Programme – auch durch die Bayerische Staatsregierung – würden zwar Kinder und Jugendliche dabei unterstützt, beispielsweise Lernlücken zu schließen und pandemiebedingte Nachteile zu meistern. Bei dem Personal handle es sich aber oft nicht um (voll) ausgebildete Lehrkräfte, wie Dutz erklärt. Gleichzeitig fügt er an: "Jeder Mensch, der vor einer Klasse steht, ist uns lieber, als gar kein Lehrer." Die Situation sei angespannt, viele Kollegen und Kolleginnen zeigten derzeit einen höheren Einsatz, um den Kindern und Jugendlichen "das Beste" zu vermitteln. Corona und der Ausfall durch andere Krankheiten verschlimmere die Situation, so Dutz, der als stellvertretender Schulleiter an der Würzburger Gustav-Walle-Schule arbeitet.
"Wir vom BLVV sagen schon lange, dass es so nicht funktionieren kann", sagt er. Neue Ansätze, wie beispielsweise eine Stufenlehrerausbildung, könnten bei der Lehrer-Nachwuchsgewinnung helfen. Das heißt, erklärt er, dass das Lehramtsstudium nicht mehr streng nach der Schulart wie Grund-, Mittel-, Realschule oder Gymnasium auszurichten wäre, sondern nach Altersstufen. "Die fertigen Lehrer und Lehrerinnen könnten dann je nach Bedarf in verschiedenen Schulformen unterkommen." Dass hieße natürlich auch, so Dutz, "ein gleiches Gehalt für alle Lehrkräfte".
Wie ist die Lage an Realschule und Gymnasium?
In Würzburger Realschulen und Gymnasien sieht man dem Winter aufgrund von weiter steigenden Krankheits-Ausfällen im Kollegium zwar skeptisch entgegen, ein genereller Personalmangel aber scheint nach stichprobenhafter Befragung derzeit nicht das Problem zu sein.
"Wir sind momentan noch sehr gut versorgt mit Lehrern“, sagt beispielsweise Alexander Röhrer, Schulleiter der Jakob-Stoll-Realschule auf Nachfrage der Redaktion. Zumindest an seiner Schule gäbe es "einen Puffer von zirka zwei Lehrern", die im Krankheitsfall vertreten könnten. Die Situation habe sich auch durch das Projekt "gemeinsam.Brücken.bauen" der bayerischen Staatsregierung verbessert, das zur Schließung von durch das Homeschooling entstandenen Lücken gedacht war. Im Zuge dessen wurden zusätzliche Hilfskräfte eingestellt, was den Mangel etwas ausgeglichen habe, schildert er.
Schulleiter Nikolaus Kocher vom Würzburger Röntgengymnasium spricht ebenfalls von einer "guten personellen Ausstattung in diesem Schuljahr". Wenn aber vier Lehrkräfte zeitgleich für ein bis zwei Wochen ausfallen – wie in den vergangenen Wochen geschehen –, "bekommen wir es nicht hin, dass alle Unterrichtsstunden gehalten werden können". Wo es möglich ist, werde mit Vertretungen gearbeitet, "aber wir müssen auch achtgeben, dass unsere Lehrkräfte nicht überlastet werden".
Warum konnte ein Lehrer früher soviel mehr Kinder betreuen? Prügelstrafe soll nicht mehr sein, keine Frage. Aber wenn man eine Ohrfeige bekam, setzte der Vater noch eine dazu, denn der Lehrer hatte immer recht. Also hat man es daheim verschwiegen.
Oder besser gesagt, machen aus allem ein Problem.
Für kein Geld der Welt möchte ich Lehrkraft sein.