
Eine Stunde vor dem Start des Trauerzuges finden sich am Freitagabend bereits rund 50 Gläubige in der Seminarkirche Sankt Michael ein. Sie nehmen still Abschied von dem eine Woche zuvor verstorbenen Bischof Paul-Werner Scheele, dessen Sarg dort seit Mittwochabend aufgebahrt ist. Neben dem Sarg liegt noch der tags zuvor von einem Unbekannten sorgfältig drapierte Fanschal von Borussia Dortmund.
Vor dem Kircheingang stehen Alexandra Eck und Matthias Reichert vom Bischöflichen Ordinariat. Sie sorgen für einen reibungslosen Ablauf und stehen den Trauergästen für Fragen zur Verfügung. "Eine solche Verabschiedung habe ich auch noch nicht mitgemacht. Das letzte Mal war ich noch nicht dabei", sagt Seelsorge-Büroleiter Reichert. Vor ziemlich genau 40 Jahren starb mit Josef Stangl letztmals ein Würzburger Bischof. Nach ihm ist der Platz gegenüber der St. Michael-Kirche benannt. Plötzlich gibt es einen lauten Knall. Direkt vor dem Gotteshaus fahren an der Kreuzung zwei Autos ineinander, Zeugen gibt es genug.
Punkt 18 Uhr setzt sich der Trauerzug in Bewegung
Um kurz nach halb sechs sind im Kircheninneren fast alle Sitzplätze besetzt, viele tragen sich in die ausliegenden Kondolenzbücher ein und nehmen sich ein Sterbebildchen. Um Punkt 18 Uhr erhebt der amtierende Bischof von Würzburg, Franz Jung, das Wort zum Gebet. Anschließend setzt sich der Trauerzug in Bewegung. Er folgt einer bestimmten Zugordnung.
Ganz vorne läuft ein Teil der Ministranten, dann folgen die Fahnenabordnungen von Studentenverbindungen, Vereinen und Verbänden, dahinter kommen Priester und Diakone, das Domkapitel, weitere Messdiener – und der von sechs Personen getragene Sarg mit den sterblichen Überresten Scheeles. Unter den Augen von Bischof Jung wird er sorgfältig in ein schwarzes Auto des Bestatters geschoben.
Einer der älteren Messdiener hält Scheeles Mitra in Händen, ein anderer den Bischofsstab mit nach unten gerichteter Krümme – ein Zeichen des erloschenen irdischen bischöflichen Dienstes. Dahinter folgen Scheeles einziger noch lebender Bruder Heinz-Rudolf, begleitet von weiteren Familienmitgliedern, Oberbürgermeister Christian Schuchardt und Bürgermeister Adolf Bauer, die evangelische Dekanin Edda Weise mit Luitpold Graf Wolffskeel (Präsidium der Synode) und weitere Kirchenvertreter.
Die Salvatorglocke des Domes ist unüberhörbar
Dann reihen sich mit ihren Gewändern jeweils mehrere Mitglieder von Frauen-, Männer- und Ritterorden ein. Es folgt der mehrere hundert Menschen umfassende Trauerzug. Die Salvatorglocke des Doms ist unüberhörbar, aus allen Richtungen erklingen weitere Glocken.
Im Glanz der Sonne steigt weit vorne in der Neubaustraße der Weihrauch der vorangegangenen Ministranten auf. An der Ecke Neubaukirche legen Arbeiter auf der Baustelle eine Pause ein. Weiter geht es über die Schönthalstraße in Richtung Domvorplatz. In der Innenstadt herrscht reges Treiben, als der Trauerzug eintrifft. Freitagabend, bestes Maiwetter. Manche Gäste des Cafés am Dom stehen auf, manche bleiben sitzen.
Der Sarg wird aus dem Auto geholt und im Dom vor dem Altar abgelegt. Rund 800 Gläubige folgen. Das Hauptportal der Kathedrale ist bis auf den letzten Platz besetzt, als die feierliche Totenvesper beginnt. In der dritten Strophe der Hymne "Herr, ich bin dein Eigentum" singt der Domchor: "Lehr mich in der Erdenzeit / als ein Fremdling leben, / nach des Himmels Herrlichkeit / herzlich heimzustreben. / Und mein Zelt in der Welt / mag ich leicht verlassen, / dich, Herr, zu umfassen." Am späten Samstagvormittag wird der verstorbene Bischof Paul-Werner Scheele in der Domkrypta beigesetzt werden.
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