In den USA sollen ab 2025 erste Lastwagen, die ohne Fahrer auf den Straßen unterwegs sein dürfen. In Deutschland ist das noch Zukunftsmusik, doch Lkw-Hersteller und Fachleute für autonomes Fahren arbeiten seit Jahren mit Hochdruck daran.
Dazu gehört auch das Würzburger Institut für Verkehrswissenschaften (WIVW) mit Sitz in Veitshöchheim. Jüngste Errungenschaft: ein simuliertes Lkw-Führerhaus, mit dem sich autonom fahrende Lastwagen in bestimmten Situationen fernsteuern lassen.
Das WIVW ist damit Teil eines großen Ganzen: Im Januar 2022 entstand unter der Federführung des Münchner Lastwagenherstellers MAN ein Verbund aus zwölf Unternehmen, Universitäten und Forschungsorganisationen, die bis Ende 2024 unter dem Namen Atlas-L4 autonom fahrende Lkw auf die Straße bringen wollen. Das Vorhaben wird laut MAN vom Bundeswirtschaftsministerium finanziell gefördert.
Atlas steht für "Automatisierter Transport zwischen Logistikzentren auf Schnellstraßen im Level 4". Level 4 wiederum ist die zweithöchste Stufe des autonomen Fahrens. Die Stufen darunter bedeuten, dass während der Fahrt immer noch der Mensch am Steuer der entscheidende Faktor ist, was dann unter anderem als teilautomatisiertes oder assistiertes Fahren bezeichnet wird. L5 schließlich ist laut ADAC Autonomie in Reinform: Niemand greift ins Fahrzeug ein, die Pkw-Insassen sind nur noch Passagiere.
Wann der Teleoperator aus Veitshöchheim ins Spiel kommt
Was Atlas-L4 angeht, laufen beim WIVW die Fäden bei Nora Merkel, Sebastian Gary und Christian Maag zusammen. Sie haben jenes simulierte Lkw-Führerhaus samt Software entwickelt, mit dem die Fernsteuerung autonomer Lastwagen getestet und geübt werden kann.
Diesen Job übernehme später einmal ein sogenannter Teleoperator, erklärt Merkel. Er komme ins Spiel, wenn der autonome Lkw zum Beispiel eine Autobahn verlasse, um auf Landstraßen sein Ziel anzusteuern.
Hintergrund ist das Gesetz für autonomes Fahren, das der Bund im Mai 2021 erließ. Es regelt vor allem, dass fahrerlose Lastwagen ab sofort unterwegs sein dürfen – aber nur auf festgelegten Fernstraßen und nur mit vorheriger Genehmigung. Wenn der Lkw diese Abschnitte verlässt, um sein Ziel zu erreichen, muss wieder ein Mensch das Steuer übernehmen. Im Fall des WIVW geschieht das mit Hilfe der Fernsteuerung.
Wann die Fernsteuerung der Lastwagen zur Herausforderung wird
"Es wäre ja Quatsch, wenn jemand zur Autobahnabfahrt" hinfahren müsste, erläutert Projektbeauftragte Merkel. Also nimmt ein Teleoperator im simulierten Cockpit Platz und steuert den Brummi für den Rest seiner Fahrt. Mit Hilfe von Kameras am und im Lastwagen kann er handeln, als säße er wirklich im Führerhaus.
Das ist in mehrfacher Hinsicht eine Herausforderung. Zum einen sollte der Teleoperator auch in Wirklichkeit einen Lastwagen fahren können, um die Verkehrssituationen an den vier Bildschirmen sicher einschätzen zu können, so Merkel. Zum anderen braucht es eine solide und vor allem schnelle Datenverbindung.
Warum 5G-Mobilfunk so wichtig für das Vorhaben ist
"5G ist ein Muss", erläutert WIVW-Mitarbeiter Gary. Doch diesen modernen Mobilfunkstandard gibt es in Deutschland noch nicht flächendeckend. Also kann es sein, dass der ferngesteuerte Lastwagen plötzlich in eine Gegend mit langsamerer Datenübertragung kommt. "Jedes Bild, das man dann auf die Monitore bekommt, ist eigentlich veraltet", beschreibt Gary die zeitliche Lücke von bisweilen 200 oder 300 Millisekunden.
Was das heißt, ist am WIVW-Teststand schnell zu spüren: Der Lkw lässt sich nur noch zeitverzögert steuern. Fährt der Lkw auf dem Monitor zum Beispiel in eine Kurve, ist er in der Realität vielleicht schon mitten drin.
Diese Diskrepanz kann gefährlich werden und im schlimmsten Fall dazu führen, dass sich der Lastwagen wegen zu schlechter Datenübertragung an einer sicheren Stelle selbst abstelle, so Gary. Unter Umständen müsse dann jemand zu dem Lkw fahren, um ihn aus der Bredouille zu holen.
Doch was bringt autonomes Fahren, wenn sich dann doch wieder ein Mensch um das Gefährt kümmern muss? Für Maschinenbau-Ingenieurin Merkel liegt der Effekt in der Tatsache, dass sich ein Teleoperator per Fernsteuerung nacheinander um mehrere Lastwagen kümmern könne. Mit anderen Worten: Fünf herkömmliche Lkw brauchen fünf Fahrer, fünf autonome Lkws nur einen – den an der Fernsteuerung.
Das werde eine bahnbrechende Hilfe gegen den Fahrermangel in Deutschland, ist sich Verkehrspsychologe Gary sicher. Ein Argument mit Tragweite: In Deutschland fehlen 100.000 Lastwagenfahrerinnen und -fahrer, warnte heuer der Bundesverband für Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung. Die Versorgung der Menschen im Land mit Dingen des täglichen Bedarfs sei in Gefahr.
mache ich mir keine Gedanken
das sowas die nächsten Jahre serienreif wird...
und wenn dann mal der Operator nen Unfall baut
wie ist dann da die Lage?
und wer lädt die Ware aus?
bezahlt die Logistik anständig
und bringt ihr Wertschätzung entgegen
dann gibts auch keinen Fahrermangel...