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Würzburg
Simpler Fall oder wirre Sache? Im Prozess um Mord an einem Würzburger Wirt dreht sich viel um illegales Glücksspiel
Das Landgericht Würzburg versucht tödliche Schüsse in einer Kneipe im Jahr 1999 aufzurollen. In der Verhandlung kommen immer neue Erzählungen dazu. Worum es jetzt auch geht.
Mammut-Prozess mit vielen neuen Erzählungen: 26 Jahre nach der Ermordung eines türkischen Gastwirts in Würzburg versucht das Landgericht, Klarheit in den Fall und die Hintergründe zu bekommen. 
Foto: Thomas Obermeier | Mammut-Prozess mit vielen neuen Erzählungen: 26 Jahre nach der Ermordung eines türkischen Gastwirts in Würzburg versucht das Landgericht, Klarheit in den Fall und die Hintergründe zu bekommen. 
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 24.02.2025 02:31 Uhr

Für diesen Mammut-Prozess am Landgericht Würzburg sind 45 Verhandlungstage bis August angesetzt. Und schon jetzt hat das Verfahren um den Mord an einem Würzburger Wirt im Jahr 1999 immer wieder skurrile Momente. Etwa, als ein Ermittler im Zeugenstand erklärt, wie die Kneipe von Edip Saraçc im Stadtteil Zellerau kurz vor den tödlichen Schüssen ins Visier der Polizei gerückt war.

 Eher zufällig war damals der Verdacht gekeimt, dass der türkische Gastwirt kein harmloses Cafe betrieb, sondern eine geheime Zockerbude.

Offenbar illegale Glücksspiele in der Kneipe betrieben - mit hohen Einsätzen

Im diskreten Treffpunkt sollen meist türkischstämmige Besucher, in deren Kulturkreis Glücksspiel eigentlich als anrüchig gilt, um teils hohe Einsätze gespielt haben. Dass Schutzblenden vor den Fenstern offenbar neugierige Blicke ins Innere verhindern sollten, war erst später einem Ermittler aufgefallen.

Doch ehe Ermittlungen wegen illegaler Glücksspiele ins Rollen kamen, geschah der Mord - und die Arbeit der Polizisten konzentrierte sich auf die Suche nach dem Schützen. Dass drei Jahre zuvor in einem anderen Lokal des Wirts in der Stadt, schon einmal ein Spieler einen anderen erstochen hatte, kam erst jetzt, 26 Jahre später, im Prozess zur Sprache.

Zeugen erzählen von Mord, Moneten und Mafia-Getue

Verhandlungstag für Verhandlungstag werden am Landgericht immer neue, abenteuerliche Details bekannt: Zeugen berichten von Mord, Moneten und Mafia-Getue mit Pistole im Mantel. Sie reden über angebliche Habenichtse mit geheimen Geldquellen, Schusswaffen im Schrank und Geldbündel unterm Teppich. Sie erzählen von dubiosen Deals um Döner-Buden zur Begleichung von Schulden und erfundene Alibis. Sie beschreiben Zoff im Suff und Zocker, die Haus und Hof verspielten. Wer die Verhandlung verfolgt, glaubt zeitweise, in einer kitschigen Netflix-Serie zu sein.

Dabei klingt die Anklage der Staatsanwalt ganz simpel: Der Versuch eines Geldverleihers, Schulden einzutreiben, lief aus dem Ruder. Er soll die Geduld verloren und seinem Sohn einen Mordauftrag gegeben haben. 

Doch hartnäckig forscht das Gericht nach, ob nicht mehr dahinter steckt. Dabei zeigen Zeugen Gedächtnislücken, die auch nach 26 Jahren nicht immer erklärbar sind. Es wird über Rauschgift-Geschäfte spekuliert, über Geldspenden für die radikale kurdische Terrororganisation PKK und einen Angeklagten, der von Sozialhilfe und Kindergeld gelebt, aber bündelweise Geld verliehen haben soll.

Aufgetaucht nach Prozessbeginn: Eine neue Spur?

Ungewöhnlich ist: Während der Prozess läuft, sind neue Spuren aufgetaucht, die den Fall nach 26 Jahren möglicherweise in neuem Licht erscheinen lassen. Nach Informationen aus Ermittlerkreisen forscht die Kripo intensiv nach, ob es weitere Hintermänner gibt.

Offenbar hatte die Polizei damals Telefonate mitgehört - mit Hinweisen auf ein konspiratives Treffen des angeklagten Geldverleihers mit möglichen Mitwissern am Hauptbahnhof kurz nach dem Mord. Dem Gesprächsverlauf zufolge soll das Gespräch abgewürgt worden sein, weil man mit Abhörmaßnahmen rechnete. 

Der Prozess wird an diesem Freitag fortgesetzt

 
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