Im Alter selbstständig bleiben, ohne dabei zu vereinsamen – das wünschen sich nach Angaben des Pflegestützpunkts Würzburg viele Senioren auch in Unterfranken. Immer beliebter werden sogenannte "Ambulant betreute Wohngemeinschaften" – umgangssprachlich meist "Senioren-WG" genannt. Sie bieten individuelle Entfaltung, erfordern aber auch verantwortliches Handeln. Doch für wen eignen sie sich eigentlich? Und gibt es Senioren-WGs auch in der Region? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Ambulant betreute Wohngemeinschaften sind eine Wohnform für ältere Menschen mit Pflegebedarf. Sie sind förderungsfähig und dienen laut bayerischen Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (PfleWoqG) dem Zweck, "pflegebedürftigen Menschen das Leben in einem gemeinsamen Haushalt (...) zu ermöglichen." Tobias Konrad, Wohnberater und Abteilungsleiter Seniorenarbeit beim Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg, fasst zusammen: "Man kann das vergleichen mit einer Studenten-WG, mit dem Unterschied, dass in dieser WG geputzt wird."
Eine Senioren-WG im Sinne des PfleWoqG umschließt maximal zwölf Mitbewohner einer Wohnung oder eines Hauses. Zentrales Merkmal ist die selbstbestimmte Gestaltung der Versorgung (Betreuung und Pflege). In stationären Einrichtungen werden entsprechende Dienstleister vorgegeben, in ambulant betreuten Wohngemeinschaften entscheiden die Mitbewohner, welche Dienstleister sie bevorzugen.
Voraussetzung für eine Senioren-WG im Sinne des PfleWoqG ist die Selbstbestimmung der Mitbewohner. Dafür sorgt ein WG-Gremium, in dem die Bewohner demokratisch entscheiden. Vermieter und Dienstleister haben im Gremium kein Mitentscheidungsrecht. Die WG wahrt ihre Unabhängigkeit, indem sie Miet- und Dienstleistungsverträge unabhängig von einander abschließt.
Wohngemeinschaften eignen sich laut Wohnberater Tobias Konrad für Senioren, die selbstbestimmt altern wollen und bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. "Ich kann entscheiden, ob wir heute lieber bei Aldi einkaufen wollen für unser Abendessen oder ob wir uns von Käfer liefern lassen", nennt Konrad ein Beispiel. Das Leben mit Mitbewohnern erfordere auch immer eine genaue Abstimmung.
In Unterfranken gibt es einige ambulant betreute Wohngemeinschaften. So etwa im Landkreis Würzburg (Gerbrunn, Kürnach, Reichenberg, Rimpar), in Schweinfurt (Oskar-von-Miller-Straße und Theresienstraße), in Rhön-Grabfeld (Heustreu), Bad Kissingen (Neulandstraße), Haßberge (Knetzgau) und Main-Spessart (Lohr, Marktheidenfeld).
Die Gesamtkosten für eine Senioren-WG sind laut Bayerischem Gesundheitsministerium vergleichbar mit denen eines Pflegeheims. Die Pflege-WG Michaelsberg aus Heustreu (Lkr. Rhön-Grabfeld) teilt hingegen mit: "Insgesamt betragen die Kosten für die Bewohnerinnen und Bewohner einen Bruchteil der Kosten, die bei einem Aufenthalt in einem Pflegeheim entstehen." Primäre Kostenfaktoren in der WG seien der Mietvertrag, ein WG-Versorgungsvertrag für Betreuung und Verpflegung sowie jeweils ein individueller Pflegevertrag der Bewohner.
Prinzipiell kann jeder eine Senioren-WG gründen. Um als ambulant betreute Wohngemeinschaft zu gelten, müssen jedoch die genannten Voraussetzungen (Eigenständigkeit, getrennte Miet- und Dienstleistungsverträge) gewährleistet sein. Laut Bayerischem Gesundheitsministerium sind es häufig Vereine oder Pflegeinstitutionen, die die Gründung vorantreiben.
Ambulant betreute Wohngemeinschaften können laut Bayerischem Gesundheitsministerium mit bis zu 40 000 Euro im Zeitraum von zwei Jahren gefördert werden. Möglich sind demnach auch Zuschüsse der Pflegekasse für Wohnungsumbauten oder Bau-Darlehen des Freistaats.
"Da würde ich immer auf die Pflegestützpunkte vor Ort verweisen", sagt Tobias Konrad. In fünf Landkreisen in Unterfranken gibt es bereits Pflegestützpunkte – in Rhön-Grabfeld, Schweinfurt, Haßberge, Würzburg und Kitzingen. Eine Übersicht gibt es auch auf der Internetseite www.wohnen-im-alter.de
Die wichtigsten Punkte bei Ambulant betreuten Wohngemeinschaften
- Maximal 12 Bewohner in einem Haus oder einer Wohnung
- Jeder Bewohner hat ein eigenes Zimmer
- Miet- und Pflege- beziehungsweise Betreuungsverträge sind getrennt
- Dienstleister können frei gewählt und gekündigt werden
- Jeder Mieter ist bei Entscheidungen stimmberechtigt
- Bewohner dürfen über Auswahl der Mitbewohner bestimmen
- Vertraglich vereinbarte Aufgabenverteilung ist möglich
- Externer Moderator kann Konflikte entschärfen
- Rund-um-die-Uhr-Versorgung sollte sichergestellt sein