Schulleitung, nein danke? Auch in Unterfranken wird es immer schwieriger, Rektorinnen und Rektoren für Grund- und Mittelschulen zu finden. Die Belastung ist groß, die Führungsaufgabe verantwortungs- und anspruchsvoll. Wie also tun? Was zeichnet eine gute Schulleitung aus? Und was müsste sich ändern?
Dr. Ewald Blum, seit 2023 Leiter der Staatlichen Schulberatung in Unterfranken, hat ein Buch über "Positive Leadership in der Schule" geschrieben. Der 54-Jährige plädiert für ein positives Herangehen – auch im Sinne des Kollegiums und der Schülerschaft. Was er Lehrerinnen und Lehrern rät.
Ewald Blum: Ich würde mich als Schulleiter bedanken, dass sie sich überhaupt melden, und dann aber bitten, die Sache mit der Lehrkraft direkt zu klären. Wenn das keine Lösung bringt, können Sie sich gerne wieder melden.
Blum: Erfahrene Schulleiter eher nicht, denn erstens kann die Lehrkraft ein Problem in der Regel besser lösen. Und zweitens wird man sonst der Anfragen schnell nicht mehr Herr. Es ist immer leichter, über eine Person zu reden als direkt mit ihr. Der Anstand gebietet Letzteres.
Blum: Das ist das zentrale Element. Man stärkt damit das Kollegium und entlastet sich als Schulleitung, um sich auf die eigentliche Führungsaufgabe konzentrieren zu können. Man darf sich nicht vereinnahmen lassen.
Blum: Eltern beschweren sich heute schneller – die Arbeitslast ist damit gestiegen. Oft geht es um Kleinigkeiten, über die man früher hinweggesehen hätte.
Blum: Ja und Nein, man muss es differenziert sehen. Schulleitung ist eine kreative Aufgabe, in der ich viel gestalten kann. Man braucht dazu aber ein bildhaftes, positives Ziel im Kopf, das einen trägt. Beispiel: Schulleiter erschaffen durch ihre Arbeit eine Brücke zwischen Schule und Gesellschaft, damit sich Schülerinnen und Schüler gut in die Gesellschaft einfügen können. Damit lassen sich dann Herausforderungen leichter bewältigen.
Blum: Das fängt an bei der guten Selbstführung, inklusive Zeitmanagement und Achtung meiner Ressourcen: Nur wenn ich gesund bleibe, kann ich als Schulleiter kreativ tätig sein. Die zweite Ebene betrifft das Führen von Menschen: Wie kann ich die Stärken meines Kollegiums einbinden, damit Schule sich entwickeln kann und sich sowohl die Lehrkräfte als auch die Schülerinnen und Schüler wohlfühlen. Und drittens die Frage, wie man Schule als System lenken und voranbringen kann. Dazu gibt es Tipps, wie dies bei gezielter Prioritätensetzung möglich ist.
Blum: Führung ist anspruchsvoller geworden, deshalb braucht es ausreichend Führungszeit für Schulleitungen. Das setzt voraus, dass sie noch viel stärker vom eigenen Unterricht befreit werden müssen und eine gute Verwaltungsstruktur haben, die von Routinetätigkeiten entlastet. Es kann nicht sein, dass eine Rektorin im Sekretariat die Krankmeldungen von Schülern entgegennimmt. Und drittens braucht es Entbürokratisierung: Hier ist zu prüfen, was im Schulalltag überflüssig ist.
Blum: Tatsächlich ja. Man sollte aber auch überprüfen, wie ich die Anforderungen und Erwartungen definiere. Wenn es zum Beispiel heißt, dass Schulen "Ziele" im Rahmen der Schulentwicklung formulieren sollen – dann können wenige Ziele effektiver bearbeitet werden. Dazu gehört auch, ältere Zielsetzungen als erledigt zu betrachten, um dann Freiräume für Neuentwicklungen zu haben.
Blum: Richtig. Dabei helfen Ziele, die ich gemeinsam mit dem Kollegium bestimme. Damit bekomme ich erstens eine Richtung. Und zweitens kann ich bei Anforderungen leichter entscheiden, ob ein neues Projekt zu meinem Profil als Schule passt oder nicht. Dann sollte man auch dankend ablehnen. Einige Schulen haben allerdings gar keinen Überblick mehr über ihre Aktivitäten. Bündelung schafft hier Entlastung.
Blum: Da gibt es Möglichkeiten. Bei einer Anforderung aus dem Ministerium ist es zum Beispiel hilfreich, das bereits Bestehende an der Schule zu erfassen und darauf aufzubauen. Dann fängt man nicht immer bei Null an, sondern erfüllt ein Ziel vielleicht schon zu 60 Prozent. Es dann auf 70 Prozent zu steigern, ist leichter machbar und erfahrungsgemäß kommen dann schnell Ideen zur Verbesserung.
Blum: Sie sollte es! Die Stärken-Orientierung ist das zentrale Element von "Positive Leadership". Man sollte die Kollegen nach Möglichkeit entsprechend ihrer Stärken einsetzen. Das erspart ihnen Stress und Belastung, kostet sie weniger Kraft und sie werden gute Ergebnisse liefern. Das ist die Kunst der guten Führung und ein wichtiger Beitrag für Wohlbefinden und Lehrergesundheit.
Buchtipp: Ewald Blum, "Positive Leadership in der Schule – das 3 x 3 guter Führung", Beltz Verlag 2024, 91 Seiten, 25 Euro.
Das alles lässt sich nicht durch "Zeitmanagement" und "Achtung der eigenen Ressourcen" lösen.