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Würzburg
Schulleitung, ja bitte! Der oberste Schulberater erklärt, wie Lehrerinnen und Lehrer die schwierige Aufgabe packen
Rektorenposten sind an Grund- und Mittelschulen schwer zu besetzen, auch in Unterfranken. Experte Ewald Blum zu positiver Herangehensweise – gerade wegen der Belastung.
Ewald Blum leitet seit 2023 die Staatliche Schulberatung für Unterfranken. Er erklärt, wie Rektorinnen und Rektoren gut dem Druck und den vielen Aufgaben standhalten und das Kollegium motivieren können. 
Foto: Daniel Peter | Ewald Blum leitet seit 2023 die Staatliche Schulberatung für Unterfranken. Er erklärt, wie Rektorinnen und Rektoren gut dem Druck und den vielen Aufgaben standhalten und das Kollegium motivieren können. 
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 29.11.2024 02:37 Uhr

Schulleitung, nein danke? Auch in Unterfranken wird es immer schwieriger, Rektorinnen und Rektoren für Grund- und Mittelschulen zu finden. Die Belastung ist groß, die Führungsaufgabe verantwortungs- und anspruchsvoll. Wie also tun? Was zeichnet eine gute Schulleitung aus? Und was müsste sich ändern?

Dr. Ewald Blum, seit 2023 Leiter der Staatlichen Schulberatung in Unterfranken, hat ein Buch über "Positive Leadership in der Schule" geschrieben. Der 54-Jährige plädiert für ein positives Herangehen – auch im Sinne des Kollegiums und der Schülerschaft. Was er Lehrerinnen und Lehrern rät.

Frage: Nehmen wir folgenden Fall: Eltern beschweren sich über eine Lehrkraft bei der Schulleitung. Was empfehlen Sie?

Ewald Blum: Ich würde mich als Schulleiter bedanken, dass sie sich überhaupt melden, und dann aber bitten, die Sache mit der Lehrkraft direkt zu klären. Wenn das keine Lösung bringt, können Sie sich gerne wieder melden.

Also Problem delegieren, wo es nicht auf den Rektorentisch gehört. Tappen Schulleitungen häufig in diese Falle?

Blum: Erfahrene Schulleiter eher nicht, denn erstens kann die Lehrkraft ein Problem in der Regel besser lösen. Und zweitens wird man sonst der Anfragen schnell nicht mehr Herr. Es ist immer leichter, über eine Person zu reden als direkt mit ihr. Der Anstand gebietet Letzteres.

Und ist ein Zeichen von Vertrauen in die Lehrkraft...

Blum: Das ist das zentrale Element. Man stärkt damit das Kollegium und entlastet sich als Schulleitung, um sich auf die eigentliche Führungsaufgabe konzentrieren zu können. Man darf sich nicht vereinnahmen lassen.

Haben Sie das Gefühl, dass mehr bei Schulleitungen abgeladen wird als früher?

Blum: Eltern beschweren sich heute schneller – die Arbeitslast ist damit gestiegen. Oft geht es um Kleinigkeiten, über die man früher hinweggesehen hätte.

Können Sie nachvollziehen, warum Schulleitungen immer schwerer zu besetzen sind?

Blum: Ja und Nein, man muss es differenziert sehen. Schulleitung ist eine kreative Aufgabe, in der ich viel gestalten kann. Man braucht dazu aber ein bildhaftes, positives Ziel im Kopf, das einen trägt. Beispiel: Schulleiter erschaffen durch ihre Arbeit eine Brücke zwischen Schule und Gesellschaft, damit sich Schülerinnen und Schüler gut in die Gesellschaft einfügen können. Damit lassen sich dann Herausforderungen leichter bewältigen.

"Man darf sich nicht vereinnahmen lassen."
Ewald Blum über die Gefahr für Rektorinnen und Rektoren
Trotzdem scheint es in der Umsetzung zu haken, viel ist von Überlastung die Rede. Was könnte helfen?

Blum: Das fängt an bei der guten Selbstführung, inklusive Zeitmanagement und Achtung meiner Ressourcen: Nur wenn ich gesund bleibe, kann ich als Schulleiter kreativ tätig sein. Die zweite Ebene betrifft das Führen von Menschen: Wie kann ich die Stärken meines Kollegiums einbinden, damit Schule sich entwickeln kann und sich sowohl die Lehrkräfte als auch die Schülerinnen und Schüler wohlfühlen. Und drittens die Frage, wie man Schule als System lenken und voranbringen kann. Dazu gibt es Tipps, wie dies bei gezielter Prioritätensetzung möglich ist.

Also alles in Butter?

Blum: Führung ist anspruchsvoller geworden, deshalb braucht es ausreichend Führungszeit für Schulleitungen. Das setzt voraus, dass sie noch viel stärker vom eigenen Unterricht befreit werden müssen und eine gute Verwaltungsstruktur haben, die von Routinetätigkeiten entlastet. Es kann nicht sein, dass eine Rektorin im Sekretariat die Krankmeldungen von Schülern entgegennimmt. Und drittens braucht es Entbürokratisierung: Hier ist zu prüfen, was im Schulalltag überflüssig ist.

Ewald Blum mit seinem im Sommer erschienenen Buch 'Positive Leadership in der Schule'. Darin gibt er Rektorinnen und Rektoren Tipps und Handreichungen für eine gelingende Schulleitung.
Foto: Daniel Peter | Ewald Blum mit seinem im Sommer erschienenen Buch "Positive Leadership in der Schule". Darin gibt er Rektorinnen und Rektoren Tipps und Handreichungen für eine gelingende Schulleitung.
Muss man als Schulleitung lernen, öfter Nein zu sagen - auch wenn über das Ministerium das nächste Projekt kommt?

Blum: Tatsächlich ja. Man sollte aber auch überprüfen, wie ich die Anforderungen und Erwartungen definiere. Wenn es zum Beispiel heißt, dass Schulen "Ziele" im Rahmen der Schulentwicklung formulieren sollen – dann können wenige Ziele effektiver bearbeitet werden. Dazu gehört auch, ältere Zielsetzungen als erledigt zu betrachten, um dann Freiräume für Neuentwicklungen zu haben.

Also sich beschränken und konzentrieren statt sich zu verzetteln?

Blum: Richtig. Dabei helfen Ziele, die ich gemeinsam mit dem Kollegium bestimme. Damit bekomme ich erstens eine Richtung. Und zweitens kann ich bei Anforderungen leichter entscheiden, ob ein neues Projekt zu meinem Profil als Schule passt oder nicht. Dann sollte man auch dankend ablehnen. Einige Schulen haben allerdings gar keinen Überblick mehr über ihre Aktivitäten. Bündelung schafft hier Entlastung.

Kann ich als Rektorin oder Rektor etwas tun, um die Motivation der Lehrkräfte zu fördern?

Blum: Da gibt es Möglichkeiten. Bei einer Anforderung aus dem Ministerium ist es zum Beispiel hilfreich, das bereits Bestehende an der Schule zu erfassen und darauf aufzubauen. Dann fängt man nicht immer bei Null an, sondern erfüllt ein Ziel vielleicht schon zu 60 Prozent. Es dann auf 70 Prozent zu steigern, ist leichter machbar und erfahrungsgemäß kommen dann schnell Ideen zur Verbesserung.

Lehrkräfte haben unterschiedliche Stärken und Schwächen. Kann eine Schulleitung darauf Rücksicht nehmen?

Blum: Sie sollte es! Die Stärken-Orientierung ist das zentrale Element von "Positive Leadership". Man sollte die Kollegen nach Möglichkeit entsprechend ihrer Stärken einsetzen. Das erspart ihnen Stress und Belastung, kostet sie weniger Kraft und sie werden gute Ergebnisse liefern. Das ist die Kunst der guten Führung und ein wichtiger Beitrag für Wohlbefinden und Lehrergesundheit.

Buchtipp: Ewald Blum, "Positive Leadership in der Schule – das 3 x 3 guter Führung", Beltz Verlag 2024, 91 Seiten, 25 Euro.

 
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  • Martin Heberlein
    Sollte über diesem Beitrag nicht -Anzeige- stehen? Eigenartig, dass sich die Mainpost für so eine Werbung (inklusive Produktpräsentation) hergibt. Da will ein Trockenschwimmer, also ein Bildungstheoretiker sein Buch verkaufen und erwähnt keinen einzigen der wirklichen Gründe, warum niemand mehr Schulleiter werden mag: Permanenter Lehrermangel, fehlende Kapazitäten für Integrationshilfen, oft unzureichende Ausstattung usw. Alles Dinge, bei denen die Schulen von der Schulpolitik im Regen stehen gelassen werden. Dazu immer mehr Druck durch die Eltern (durch das bayerische "Grunschulabitur" bedingt), bei dem sich das Schulministerium in der Regel auf die Seite der Eltern schlägt, statt seine Lehrkräfte zu stärken und zu schützen.
    Das alles lässt sich nicht durch "Zeitmanagement" und "Achtung der eigenen Ressourcen" lösen.
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  • Frank Stößel
    Herr Heberlein, Sie sagen das überdeutlich, was auch ich in meinem Kommentar andeutete. So eine kostenlose Werbung wünsche dem Bremer Humanisten und Autor Jörg Udo Steinkamp für sein Buch ADIEU RELIGION – AVE GOTTBEFREITE ETHIK in der Main-Post auch einmal. Was mich wundert, dass sich bislang noch keine Lehrkraft, keine RektorIn, keine Eltern und kein Lehrerverband zu besagten Artikel kritisch geäußert hat. Warum wohl? Ein späterer Kontakt mit diesem obersten Schulberater könnte für beide Seiten unangenehm werden. Insofern ist Herrn Jungbauers "gut gemeinter" Beitrag ein Schuss in den Ofen. Eigentlich schade. Aber als junger OSchB hat man ja noch nicht ausgelernt.
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  • Frank Stößel
    Aus meiner Sicht überzeugt der "oberste Schulberater" mit seinen Tipps nicht unbedingt, Lehrkräfte zu motivieren, Rektorin oder Rektor zu werden, um eine Schule zu leiten. Ob er selbst über genügend Erfahrung verfügte, Schule zu leiten, Lehrkräfte einzeln und als Kollegium zu führen, erschließt sich hier auch nicht. Mehr Tipps zu erfahren, wenn man sein Buch kauft, ist ein eugenartiger Trost. Mehr würde ich mir als Lehrkraft versprechen von einer Perspektive wie dieser: "An der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) können Sie Schulmanagement und Qualitätsentwicklung im berufsbegleitenden Ein-Fach-Masterstudiengang studieren und Ihre Qualifikationen aus Ihrer bisherigen Berufstätigkeit vertiefen und ausbauen https://www.studium.uni-kiel.de/de/studienangebot/studienfaecher/schulmanagement-und-qualitaetsentwicklung . Gibt es das auch an der Uni Würzburg? Ein/e sehr gute LehrerIn zu sein, muss nicht bedeuten, auch eine gute "RektorIn" zu werden.
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