Seit 2014 gibt es in Würzburg die solidarische Musikschule "Willkommen mit Musik" (WiMu) im Theater am Neunerplatz. Was als spontanes Konzert in einer Unterkunft für geflüchtete Menschen begann, hat sich inzwischen zu einer breit aufgestellten Musikschule entwickelt. Zur Schule gehört auch ein Übungsraum im Hinterhof des Anwesens Frankfurter Straße 12. Den nutzte bisher das Neunerplatz-Theater für Proben und WiMu hat sich dort in den letzten Monaten auf einer Teilfläche einen Unterrichtsraum eingerichtet, der allen Anforderungen gerecht wird. Doch vor kurzem kam der Schock: Nach einem Vermieterwechsel flatterte die Kündigung zum 31. Dezember ins Haus. 15 000 Euro und ganz viele ehrenamtliche Arbeitsstunden haben das Theater und WiMu in den Umbau investiert.
Verlust der Umbaukosten ein herber Rückschlag
Jonas Hermes (WiMu) und Sven Höhnke (Leiter des Neunerplatz-Theaters) sind geschockt und verärgert. Erst recht, weil WiMu sich gerade neu aufstellen möchte, um sich durch die Gründung eines eingetragenen Vereins auf eine gesicherte finanzielle Basis zu stellen. Da wäre der Verlust der Umbaukosten ein herber Rückschlag. Der Unterrichtsraum ist sehr einladend und bestens ausgestattet.
Mehrere Gitarren hängen ordentlich in einem Regal, ein hochwertiges Schlagzeug steht im Raum, sogar ein Flügel steht den Musikschülern zur Verfügung. Um eine stimmungsvolle Atmosphäre zu schaffen, wurde eine Backsteinwand vom Putz befreit. In einer Ecke lehnt ein Kontrabass an der Wand, daneben steht eine alte Musicbox. Man merkt, dass hier einige Leute eine Menge Arbeit hineingesteckt haben.
Ein idealer Übungsraum
Größere Gruppen können hier genauso unterrichtet werden wie einzelne Schüler individuell ausgebildet werden können. Ideal ist der Raum auch deshalb, weil er direkt an der Straßenbahnhaltestelle Frankfurter Straße liegt und somit für die jungen Schüler perfekt erreichbar ist. "Kurzfristig werden wir keine adäquate Lösung finden können", sagt der Musiker und Musikpädagoge Jonas Hermes, der gemeinsam mit Kollegen WiMu ins Leben gerufen hat.
Auch nach der Vereinsgründung werde der Verein eng mit dem Theater kooperieren, sagt Hermes. Denn "ohne den Neunerplatz gäbe es WiMu nicht". Gegründet wurde die Musikschule als Beitrag zur aktiven Integrationsarbeit und zur Willkommenskultur und um möglichst vielen jungen Menschen eine musikalisch-kulturelle Bildungsteilhabe zu ermöglichen, erklärt Jonas Hermes.
1500 Unterrichtsstunden in einem Jahr
Inzwischen sind es nicht mehr nur Kinder und Jugendliche, die bei WIMU unterrichtet werden. Auch Erwachsene erlernen inzwischen bei WIMU ein Instrument. Allein im letzten Jahr wurden 1500 Musikstunden bei WIMU gegeben, berichtet Hermes. Neben dem Gruppenunterricht werden aktuell 35 Schülerinnen und Schüler einzeln ausgebildet. WiMu ist inzwischen nicht nur in Würzburg, sondern auch im Ankerzentrum in Schweinfurt aktiv. Der Unterricht ist zum Teil kostenlos, grundsätzlich gilt jedoch, dass der Kostenbeitrag sich nach individuellen Möglichkeiten jedes einzelnen Teilnehmers richtet. Unterrichtet werden fast alle Instrumente. Zehn bis 15 Lehrer sind bei WIMU tätig, die für ihre Musikstunden bezahlt werden, daneben aber auch ehrenamtliches Engagement zeigen. Zum Lehrerteam gehören neben Musikern und Musikpädagogen auch ein Sozialtherapeut und eine Sonderpädagogin.
WiMu wurde mehrfach ausgezeichnet
Denn WIMU kümmert sich nicht ausschließlich um die musikalische Ausbildung, sondern will auch soziale und sprachliche Fähigkeiten vermitteln helfen. Mehrfach wurde die erfolgreiche Arbeit von WIMU in der Vergangenheit auch mit Preisen und Auszeichnungen gewürdigt. Die Stadt Würzburg zeichnete WiMu mit der städtischen Kulturmedaille aus, WiMu-Musiker durften 2017 und 2018 beim Hafensommer mitwirken, und kein Geringerer als Konstantin Wecker gab mit Studierenden der Musikwissenschaft, die er an der Würzburger Universität ausbildet, in diesem Jahr ein Benefizkonzert für die Initiative.
Um dieses breite und anspruchsvolle Angebot aufrechtzuerhalten, sei eine solide wirtschaftliche Basis notwendig, so Hermes. "Je mehr fördernde Mitglieder dem neuen Verein beitreten, desto sicherer wird unsere Grundlage", sagt der Musiklehrer. Die Anschubfinanzierung, die WiMu erhielt, ist inzwischen ausgelaufen, weshalb man sich neue Geldquellen eröffnen muss. Über allem aber steht im Moment die ungeklärte Raumfrage, die den WiMu-Verantwortlichen Kopfzerbrechen bereitet.
Schüler schreiben Rap-Texte
Dennoch geht die WIMU-Arbeit weiter. In einem neuen Projekt schreiben Kinder aus der Mönchbergschule und der Mittelschule Zellerau gemeinsam Rap-Texte. Dabei sollen die die Jugendlichen über die Beschäftigung mit dem Rap auch zum Musizieren in anderen musikalischen Genres angeregt werden. Denn bei WIMU ist man offen für alle Musikrichtungen.