Wer sein Haus dämmen will, sollte genau wissen, wo Wärme flöten geht. Und dann schnell einen Handwerksbetrieb bekommen, der die Arbeiten ausführt. In Würzburg wurde jetzt ein Verfahren vorgestellt, das all diese Schritte exakter und schneller als herkömmliche Methoden machen soll.
DT360 steht für digitale Thermografie mit 360-Grad-Blick. Im Kern steckt dahinter eine 50.000 Euro teure Kamera inklusive Computerprogramm, die die Würzburger Umwelt- und Qualitätsmanagement Consulting GmbH (WUQM) nun vorstellte. Qualität und Umfang der Daten von DT360 seien "weltweit einzigartig", sagte WUQM-Projektmanager Sebastian Fiedler.
Wie die Spezialkamera DT360 arbeitet
Er hat seit 2016 die Spezialkamera zusammen mit 15 Partnerorganisationen aus Wirtschaft und Wissenschaft sowie der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt entwickelt. Herausgekommen ist ein Gerät, das sowohl bei Gebäuden als auch bei Industrieanlagen eine bessere Datenmenge liefere als herkömmliche Wärmebildkameras, so Fiedler.
Weiterer Effekt: Weil DT360 auch Maße wie Fenstergrößen, Länge von Rohren oder Abstände von Fassaden-Elementen liefere, können dem promovierten Physiker zufolge gleich Handwerker, Architekten und andere Fachleute für die Planung von Arbeiten hinzugezogen werden. Zeitraubende Vor-Ort-Termine oder Zusatzbesprechungen entfielen.
DT360 legt Fotos digital übereinander
"Man muss also in solchen Fällen nicht ständig Mails hin- und herschicken", sagte Fiedler. Alle Beteiligten könnten zeitgleich über einen gemeinsam nutzbaren und bei Bedarf passwortgeschützten Link auf eine DT360-Internetseite zugreifen, wo alle Daten zu dem fotografierten Gebäude oder der Anlage liegen.
Nach WUQM-Angaben arbeitet das hochauflösende Thermografie-Gerät mit zwei eingebauten Kameras, die die Panorama-Bilder digital übereinander legen. Auf dem Computer- oder Smartphone-Bildschirm sehen die Nutzerinnen und Nutzer später sowohl die echte Ansicht der Gebäude als auch deren von Blau über Rot bis Gelb-Weiß animierte Darstellung – je nachdem, wo keine Wärme entweicht (blau) oder wo es heiß ist (gelb-weiß).
Über eine Skala am Bildschirmrand lässt sich laut Fiedler gleichzeitig ermitteln, wie viel Energie an kritischen Stellen verloren geht. All diese Daten tragen nach den Worten von WUQM-Geschäftsführer Stefan Müssig dazu bei, dass Energieverluste von Häusern oder Fabrikanlagen noch schneller als bisher bekämpft werden können. Das sei wichtig, denn in Sachen Klimaschutz und Energiewende "läuft uns die Zeit davon".
Wie Projektmanager Fiedler in Würzburg zeigte, braucht die Spezialkamera 15 Minuten für eine Thermografie-Aufnahme samt aller relevanten Daten. Ein Handwerksbetrieb könne über die DT360-Infos gleich auch einschätzen, welches Dämmmaterial in welcher Menge für die Sanierung notwendig ist.
Fiedler sieht in Würzburg viele Einsatzmöglichkeiten für die Kamera
Bewährt habe sich das Gerät zum Beispiel in Blockheizkraftwerken, so der 40-Jährige. Dort lasse sich exakt herausfinden, welche Heizrohre oder Anlagenteile besser gedämmt werden müssen, damit die Wärme dort bleibt, wo sie gebraucht wird.
Auch der umgekehrte Weg ist WUQM zufolge machbar: DT360 erkennt an Kühlbehältern, wo schädliche Wärme eindringt. Eine der Kameras sei zudem an ein Bergbauunternehmen verkauft worden, das aufgrund der thermografischen Daten Gesteinsschichten genauer analysieren wolle.
Nach Fiedlers Angaben kostet eine DT360-Aufnahme 500 Euro. Gefördert wurde die Entwicklung des Geräts laut WUQM mit insgesamt 1,2 Millionen Euro vom Forschungs- und vom Klimaschutzministerium des Bundes.
Nun will das Umweltunternehmen die Kamera auf dem Markt etablieren: "Wir versuchen erst mal, in Würzburg einen Fuß in die Tür zu bekommen", sagte Fiedler. Mit all ihren zum Teil alten öffentlichen Gebäuden gebe es in der Stadt bei der Energieeffizienz gewiss genug zu tun.