Es geschah an einem Montag, dem 3. Januar 2022. In Zell herrschte Winter-Wetter. Der damals 8-jährige Felix Bösl hatte Weihnachtsferien und spielte mit seiner Nintendo-Konsole. Im Hintergrund liefen die Nachrichten im Fernsehen, erinnert er sich. Plötzlich hörte Felix seinen Vater aus dem Bad rufen: Er solle sofort herkommen und das Handy mitnehmen, erzählt der Junge.
Es war etwa 10.45 Uhr, als Wolfgang Bösl einen starken Brustschmerz bemerkte. Es habe sich wie ein "glühend heißer Hammer" angefühlt, der sich von hinten in die Brust bohrt, beschreibt er den Schmerz. Seine Frau, Elisabeth Bösl, selbst Notärztin, bezeichnet es als "Vernichtungsschmerz". Später stellten die Ärzte fest: Es handelte sich um eine Aortendissektion, einen Riss in der Wand der Hauptschlagader, eine der fünf typischen Ursachen für diese Art von Schmerzen im Brustbereich. Entscheidend war nun, nicht nur schnell Hilfe zu holen, sondern auch behutsam mit dem Patienten umzugehen.
Sohn findet Vater im Badezimmer und leistet erste Hilfe
"In einer solchen Situation hätten 90 Prozent der Kinder in der Ecke gesessen und geweint", ist sich Wolfgang Bösl, Ingenieur für Medizintechnik, sicher. Daher ist er auf seinen Sohn besonders stolz, wie er in dieser Notlage reagiert hat. "Das Entscheidende ist, dass Felix Ruhe bewahrt und seinem Vater so gut beigestanden hat", sagt die Mutter des Jungen. Nachdem er seinen Vater kaltschweißig im Badezimmer vorgefunden hatte, rief er zunächst seine Mutter im Krankenhaus an und gab ihr ungefiltert alle wichtigen Informationen durch. Danach begann Felix damit, seinen Vater mitfühlend zu betreuen.
Elisabeth Bösl leitete sofort weitere Hilfe in die Wege. Um kurz vor 11 Uhr erreichte sie dann ihre etwas schwer zugängliche Wohnung im Unterzeller Klosterhof. Felix stand bereits auf der Straße, hatte vorsorglich alle Türen geöffnet und die Jagdhunde weggesperrt. Elisabeth Bösl konnte bei ihrem Mann bereits die Erstversorgung machen, noch bevor Notarzt und Sanitäter im Klosterhof eintrafen. Als diese vor Ort waren, geleitete Felix sie zielstrebig zu seinem Vater, wodurch dieser kostbare Zeit gewann. Auch während sein Vater versorgt wurde, habe sich der Junge besonnen gezeigt, indem er in der Nähe blieb, um jederzeit helfen zu können, so der behandelnde Notarzt.
Die lange Zeit der Reha unter Corona-Bedingungen
Felix Vater wurde sofort mit Blaulicht ins Krankenhaus in den Schockraum gebracht. Nachdem die Diagnose festgestanden war, wurde er direkt zur OP-Schleuse der Uni-Klinik verlegt. "Felix ist es zu verdanken, dass ich innerhalb von 90 Minuten diagnostiziert auf dem OP-Tisch lag", erinnert sich der Vater. Es folgten eine lange Not-OP sowie der Anschluss an die Herz-Lungen-Maschine. Spätestens nach der neurologischen Reha stand fest: Wolfgang Bösl kann nur noch schemenhaft sehen. Dennoch verdankt er seinem Sohn sein Leben.
Die kommenden Stunden und Wochen nach dem Vorfall waren für die gebürtig aus München stammende Familie eine Ausnahmesituation. Aufgrund von Corona-Auflagen durfte Felix seinen Papa nur alle 14 Tage in der Reha besuchen. Immerhin fanden Mutter und Kind Unterstützung und Verständnis bei Arbeitskollegen, Familie, Freunden und einer Nachbarin. Eine Kinderpsychotherapeutin half zudem, den damals 8-Jährigen seelisch zu betreuen.
Auszeichnung für den heute zehn Jahre alten Jungen aus Zell bei Würzburg
Es war der ehemalige Landtagsabgeordnete Manfred Ländner, der Felix für die Medaille "Patrona Bavariae" vorschlug. Am 15. April erhielt der 10-Jährige diese von Regierungspräsident Eugen Ehmann zusammen mit einem Geschenk. "Ich war sehr stolz auf mich", erinnert sich Felix an diesen Tag. Auch die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach dankte Felix per Brief, dass es junge Menschen wie ihn gibt, "die im entscheidenden Moment beherzt eingreifen".
Man könne mit Erste-Hilfe-Kursen nicht früh genug anfangen, so Felix Mutter und Notärztin Elisabeth Bösl. "Es kommt darauf an, dass es in der Bevölkerung ein gewisses Bewusstsein gibt." Felix hatte seinen ersten Erste-Hilfe-Kurs bereits in der Grundschule. Sein Beispiel zeigt: Kinder können Leben retten. Denn Erste-Hilfe-Kenntnisse machen häufig den Unterschied zwischen Leben und Tod.
Ohne dich wärst du wahrscheinlich
jetzt mit deiner Mama alleine.
Denk daran deine Kenntnisse
immer wieder aufzubessern.
Gruß Klaus Habermann, Estenfeld ! ! !