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Würzburg
Rückkehr der Kreuzbergwallfahrer: Wie die Würzburger Zwiebelkirchweih am Leben erhalten werden soll
Es gibt sie so lange, wie es die Würzburger Kreuzbergwallfahrt gibt. Zuletzt ging es aber stark bergab mit der Zwiebelkirchweih. Wer sich dagegen stemmt.
Zwiebelkirchweih 1967:  Anneliese (links) und ihre Mutter Wilhelmine Schwarzmann von der 'Stadt Mainz' bringen ihre Zwiebelkuchen an den Mann und die Frau.
Foto: Silvio Galvagni | Zwiebelkirchweih 1967:  Anneliese (links) und ihre Mutter Wilhelmine Schwarzmann von der "Stadt Mainz" bringen ihre Zwiebelkuchen an den Mann und die Frau.
Ernst Lauterbach
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:23 Uhr

Seit 1647 wallen alljährlich gläubige Würzburgerinnen und Würzburger unter Führung der Kreuzbruderschaft ab dem 20. August zum Kreuzberg in der Rhön. Und genau so lange werden sie immer am 24. August, dem Tag der Rückkehr der Wallleute, in der Semmelstraße von Angehörigen und Freunden mit Blumensträußen begrüßt, bevor es weiter zum Abschlussgottesdienst, früher ins  ins Neumünster, seit einigen Jahren in den Dom geht.

Eine Postkarte um 1905 zeigt die Rückkehr der Wallleut' in die Semmelstraße zur Zwiebelkirchweih.
Foto: Stadtarchiv Würzburg | Eine Postkarte um 1905 zeigt die Rückkehr der Wallleut' in die Semmelstraße zur Zwiebelkirchweih.

Zu dieser Begrüßung gehört seit über 350 Jahren auch die Zwiebelkirchweih in der Semmelstraße. Dort gibt es nach der Ankunft Zwiebelkuchen und Federweißer zur Stärkung der Wallfahrerinnen und Wallfahrer und auch die Angehörigen und Freunde haben nach der anstrengenden Wartezeit Hunger und Durst.

Doch schon vor Corona, die Wallfahrt setzte 2020 und 2021 aus, schien der Zwiebelkirchweih ein wenig die Puste auszugehen. Zeigen Fotos der Kirchweih aus den 1990er Jahren noch eine überaus gut besuchte Semmelstraße, so war es zuletzt Jahr um Jahr immer ruhiger geworden.

Die Zwiebelkirchweih im Jahr 1996. Auch das offensichtlich schlechte Wetter hielt die Würzburgerinnen und Würzburger nicht ab, in die Semmelstraße zu strömen. Damals gab es noch viele Verkaufsstände.
Foto: Stefan Pompetzki | Die Zwiebelkirchweih im Jahr 1996. Auch das offensichtlich schlechte Wetter hielt die Würzburgerinnen und Würzburger nicht ab, in die Semmelstraße zu strömen. Damals gab es noch viele Verkaufsstände.

Zwar finden immer noch viele Freunde und Verwandte der Wallleute am Nachmittag den Weg in die Semmelstraße, um ihre Lieben beim offiziellen Einzug in die Stadt zu begrüßen. Aber immer weniger Wallfahrerinnen und Wallfahrer kehrten danach zur Zwiebelkirchweih in die Semmelstraße zurück um mit ihren Angehörigen die gesunde Heimkehr zu feiern.

"6000 runde Zwiebelkuchen haben wir jedes Jahr gebacken und verkauft"
Anneliese Schwarzmann - ehemalige Chefin der Stadt Mainz

Das lag auch daran, dass das Angebot an Speis und Trank dort immer mehr zusammengeschrumpft war. Stand früher die ganze Straße voll mit Schankbuden und Ständen, an denen neben kühlen Getränken auch frische Zwiebelkuchen - der Namensgeber der Zwiebelkirchweih- verkauft wurden, wurden diese immer weniger.

Anneliese und Margarete Schwarzmann zogen sich 2017 zurück

2017 kam ein herber Schlag hinzu, die beiden Wirtinnen des Hotels zur Stadt Mainz, Anneliese und Margarete Schwarzmann, zogen sich von der Zwiebelkirchweih zurück. Sie konnten den Aufwand mit dem Backen der vielen Zwiebelkuchen für die Würzburger Kreuzberg-Wallfahrer gesundheitlich nicht mehr stemmen.

Rund 6000 solcher runden Zwiebelkuchen wurden von der Stadt Mainz rund um die Zwiebelkirchweih gebacken und verkauft, erinnert sich Anneliese Schwarzmann.
Foto: Georg Heussner | Rund 6000 solcher runden Zwiebelkuchen wurden von der Stadt Mainz rund um die Zwiebelkirchweih gebacken und verkauft, erinnert sich Anneliese Schwarzmann.

Die Vorbereitungen begannen schon 14 Tage vor der Zwiebelkirchweih

"6000 runde Zwiebelkuchen haben wir jedes Jahr gebacken und verkauft", erinnert sich Anneliese Schwarzmann jetzt am Telefon. "Das ging mindestens 14 Tage vor der Zwiebelkirchweih schon los mit den Vorbereitungen." Zwiebeln mussten gekauft, geschält und geschnitten werden, anschließend wurde gebacken. "Wir haben die Zwiebelkuchen ja auch schon vor der Kirchweih verkauft", berichtet Anneliese Schwarzmann.

Irgendwann sei es dann nicht mehr erlaubt gewesen, dass Anwohnerinnen und Anwohner einfach Tische und Bänke auf die Straße gestellt hätten, weiß sie. "Die sind dann eben von der Straße weg in den Hinterhöfe gezogen", sagt sie. "Auch wir haben dann Auflagen bekommen und durften zum Beispiel keine Wallwedel mehr verkaufen", so Schwarzmann.

Der lange Zug der Gläubigen auf der Grombühlbrücke im Jahr 1996. Auf sie warteten außer Freunden und Angehörigen auch Zwiebelkuchen und Federweißer.
Foto: Stefan Pompetzki | Der lange Zug der Gläubigen auf der Grombühlbrücke im Jahr 1996. Auf sie warteten außer Freunden und Angehörigen auch Zwiebelkuchen und Federweißer.

2019 wurden einige Gebühren ganz erlassen und andere halbiert

Ein Grund war auch, dass die Stadt von den Gastronomen Geld für den Außenausschank haben wollte, diese dort aber nur von 14 bis 22 Uhr Alkohol ausschenken durften. Das lohne sich nicht, hieß es. Die CSU im Stadtrat wollte diese Gebühren deshalb komplett abschaffen, man einigte sich 2019 auf eine Halbierung. 43 Euro muss nun für eine gaststättenrechtliche Erlaubnis bezahlen, wer an dem Nachmittag auf zusätzlichen Außenplätzen Alkohol ausschenken möchte, informiert Petra Steinbach von der Pressestelle der Stadt. Weitere Gebühren würden seit 2019 nicht mehr erhoben.

Bis zu 600 zusätzliche Sitzplätze wollen die Gastronomen anbieten

Doch Sven Warmuth, er hat nach aufwändigem Umbau die Stadt Mainz von den neuen Eigentümern als Geschäftsführer übernommen, will diesen Niedergang der Tradition nicht hinnehmen. "Auch wir von der Stadt Mainz werden die Wallfahrer nach ihrer Rückkehr vom Kreuzberg mit Blumensträußen begrüßen", kündigt er an. Er sieht die Zwiebelkirchweih, wie auch seine Gastro-Kollegen Jim Wagner vom Red Lion Pub und Aassem Khatieb vom Sim Sim al Saituna, noch nicht am Ende.

Am Mittwochnachmittag soll daher vor den Häusern der Gastronomen ein Festbetrieb stattfinden, kündigt Warmuth an. Zu seinen 36 Außenplätzen, die die Stadt Mainz dauerhaft anbietet, hat Warmuth bei der Stadt beantragt, noch einmal 40 Biertischgarnituren aufstellen zu dürfen. Jim Wagner hat einen Schankwagen der Würzburger Hofbräu gemietet und will 20 Garnituren vor seinem Pub und rund um den Bäckerbrunnen aufstellen, sagt er am Telefon. Für hungrige und durstige Besucher soll es dort Getränke, Rehbratwürste, Federweißen und Zwiebelkuchen geben, sagt Warmuth.

Auch bei der SPD im Hof will man wieder bei der Zwiebelkirchweih feiern

Zusätzlich hätten auch das LBS-Beratungscenter und die SPD beantragt, Stände auf der Straße aufstellen zu dürfen, weiß Claudia Lother von der Pressestelle der Stadt. Und SPD-Geschäftsstellenleiter Max Dörflein bestätigt auf Anfrage: "Auch die SPD wird im Hof der Bezirksgeschäftsstelle wieder ihr Semmelstraßenfest veranstalten". Noch scheint die Zwiebelkirchweih nicht ganz verloren.

 
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  • ermahirsch@aol.com
    Die Zwiebelkirchweih hat doch mit dem lieben Gott nix zu tun!

    Da geht es ums feiern und Umsatz der umliegenden Geschäfte/Gaststätten.
    Ausschank ab 14 Uhr, die Wallfahrer kommen um ca. 15 Uhr und laufen dann betend und singend an den bereits vor ihren vollen Gläsern sitzenden Begrüßungskomitee vorbei.
    Manche haben nicht mal so viel Anstand wenigsten aufzustehen!
    Nach der Kirche brauchen sie auch nicht mehr zur Semmelstrasse zu kommen, die ist ja schon voll belegt mit Nichtwallfahrern!
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  • MP-Log
    @kujuhi: Gut zu wissen, dass Kirche bzw. Kirchweih nix mit 'den lieben Gott' zu tun hat.
    Wenn "die Wallfahrer um ca. 15 Uhr dann betend und singend" vorbei kommen, dann turnt das manchen Katholizismus-Geschädigten halt ganz ordentlich ab.
    Etwas mehr Anstand bei den Hirten in beamtenähnlicher Besoldung hätte der Institution der Vertuscher und Heuchler auch gut zu Gesicht gestanden.
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  • gabcht20581207
    Die Zwiebelkerwe ghört als Abschluß der Wallfahrt dazu. Freunde, Verwandte, Familie besetzen die Sitzmöglichkeiten, ja und sie Alle feiern den Einzug der Wallfahrer bereits vor dem Einzug. Tradition. Hat dann etwas überhand genommen und dann etwas abgenommen, hoffe es gibt sie noch lange, die tapferen Wallfahrer und den Abschluss, nach dem Segen im Dom, in der Semmelstrasse.
    Danke an die fleissigen Schwarzmann Mädels und die Mama, unvergessen.
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  • MP-Log
    Dass "der Zwiebelkirchweih ein wenig die Puste ausgeht", hängt vielleicht auch damit zusammen, dass dem Katholizismus (in den Ländern mit guter Schuldbildung) insgesamt 'die Puste ausgeht'.
    Die Gründe dafür sind hinreichend gekannt.
    Wenn @klafie jetzt 'schlechte Zeiten' heraufbeschwört, um der mittelalterlichen Institution wieder Zulauf zu bescheren, dann halte ich das für einigermaßen makaber.
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  • Barbara
    ich bin der Meinung, wenn es einen Gott gäbe,egal welche Religion hier angesprochen wird, würde er dann so viele Kriege zu lassen ???
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  • Das würde voraussetzen, dass dieser Gott uneingeschränkt gut ist und direkt in das Geschehen eingreift. Da erzählt das AT aber etwas anderes. Dennoch: Kriege werden vom Menschen gemacht.
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  • klafie
    oh ja bärbel, nun kommt gleich wieder deine kriegmaschinerie wie halt immer wenn du nichts andres mehr weist. lasst den menschen ihren glauben, wenn sie ihn praktizieren. feiern, beten und glauben gehören unzertrennbar zusammen.
    beispiel: johannes-evangelium:
    maria und die jünger waren mit jesus zu einer hochzeit in kana eingeladen, nach einigen tagen der feier (bei den juden ging eine hochzeitsfeier meistens 8 tage) ging dem schankwirt der wein aus. maria sagte zu jesus: sie haben keinen wein mehr .... dann sagte jesus zu den kellnern: füllt die krüge mit wasser und gebt dem speisemeister davon zu trinken. der wunderte sich, woher der wein kam, doch seine diener wussten es. das war das 1. zeichen das jesus wirkte und seine jünger glaubten an ihn! (vollständiger text im johannesevangelium nachzulesen.) also liebe bärbel nicht gleich wieder sagen kirche, glaube und feiern hätten nichts gemeinsam. es gibt ja bei beerdigungen auch einen "trösterer", bekannt oder?
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  • klafie
    wirklich gute alte tradition seit 350 jahren, die erhalten bleiben muss. wenn es der menschheit wieder schlechter geht, und das dauert gar nicht mehr sooo lange, dann erinnert man sich vielleicht auch wieder daran, dass es doch noch eine höhere instanz gibt, die unser leben trägt und lenkt! aber leider wissen halt so manche schlaumeier alles besser.
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  • giacomo
    "dass es doch noch eine höhere instanz gibt, die unser leben trägt und lenkt! aber leider wissen halt so manche schlaumeier alles besser." Naja, Sie glauben offensichtlich daran. Aber "glauben" heißt halt auch nix wissen! Wenn es wirklich eine höhere Instanz gibt, dann fragt man sich schon was in diese Instanz gefahren ist. Offenbar liebt diese Instanz vor allem Diktatoren, Autokraten und Kriegsverbrecher. Ob so eine Instanz die Tradition der Zwiebelkrichweih erhalten kann ist zweifelhaft.
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  • dbuettner0815@gmail.com
    @giacomo: Jetzt die "höhere Instanz" dafür herhalten zu lassen ist aber schon weit hergeholt. Vielleicht sollten wir mal überdenken wie wir leben und handeln? Wenn es so einfach wäre, zu sagen, wenn es die "höhere Instanz" gibt, warum gibt es aktuell so vielschichtige Probleme? So einfach lässt sich die Existenz oder nicht Existenz der h. I. eben nicht erklären!
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  • giacomo
    @gardner: Die h.I. hat "klafie" ins Spiel gebracht! Er meint, dass Gott unser leben trägt und lenkt. Aber die Existenz oder nicht Existenz lässt sich weder einfach noch schwierig erklären. Nämlich überhaupt nicht!
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