Schlechte Erträge, schlechte Preise und dann auch noch strengere Umweltauflagen - der Zuckerrübenanbau ist zurzeit kein Zuckerschlecken. Im ersten Jahr nach dem Verbot von Neonicotinoiden in Pflanzenschutzmitteln blieb der befürchtete Schaden zwar aus. Aber das könnte dazu führen, dass in den nächsten Jahren umso mehr gespritzt werden muss.
Neonicotinoide, kurz Neonics, sind hochwirksame Pestizide gegen Insekten. Allerdings setzen sie nicht nur Läusen und Milben zu, sondern auch Bienen und anderen Nützlingen. Die EU hat den Wirkstoff deshalb auf den Index gesetzt, sehr zum Ärger der Rübenanbauer. Das Rübensaatgut war nämlich bisher von einer Masse umhüllt, in der auch Neonicotinoide als Beizmittel enthalten waren. Sie haben dafür gesorgt, dass die Keimlinge vor Fraßinsekten verschont bleiben, solange die Pflanzen noch klein sind und sich nicht aus eigener Kraft gegen die Schädlinge zur Wehr setzen können.
Minimaler Wirkstoffeinsatz
Das Mittel ist nur in den ersten Wochen nach der Aussaat wirksam. Nachdem Zuckerrüben innerhalb einer Vegetationsperiode nicht zur Blüte kommen, und ohnehin nicht durch Insekten bestäubt werden, sei die Gefahr für Bienen zu vernachlässigen, sagt Agraringenieur Ernst Merz von der Rübenabteilung der Ochsenfurter Zuckerfabrik. Zudem ermögliche die Saatgutbehandlung einen minimalen Wirkstoffeinsatz.
In den meisten EU-Ländern waren Neonicotinoide deshalb per Ausnahmeverordnung für ein weiteres Jahr erlaubt worden, in Deutschland nicht. Stefan Streng, Vorsitzender des Verbands fränkischer Zuckerrübenbauern (VFZ), spricht von ungleichen Wettbewerbsbedingungen. Trotzdem hatten sich die süddeutschen Anbauerverbände vergeblich mit einer Resolution an die Politik in München, Berlin und Brüssel gewandt.
Läuse verbreiten gefährliche Viren
Vor allem soll der Wirkstoff gegen eine bestimmte Läuseart helfen. Die Läuse selbst richten zwar kaum Schaden an, sagt Rübenfachmann Merz, verbreiten aber einen Virus, der den gesamten Bestand gefährden kann. Umso genauer habe man deshalb in diesem Jahr den Schädlingsbefall in den Rübenäckern beobachtet. Der sei zwar signifikant höher gewesen als in den Vorjahren, der gefürchtete Virus sei aber zum Glück nicht nachgewiesen worden.
Für Ernst Merz ist das kein Grund zu Entwarnung. Es sei davon auszugehen, dass sich der Schädlingsdruck in den Folgejahren verstärkt. Und dann müssten die Landwirte eben doch wieder wie früher zur Spritze greifen. "Die Aufwandmengen bei Flächenspritzungen sind 20 bis 30 Mal höher als bei der Saatgutbehandlung", sagt Merz. Zudem müsse zu einer Zeit gespritzt werden, wenn andernorts Pflanzen schon in voller Blüte stehen und viele Insekten unterwegs sind. "Der Natur ist damit nicht geholfen."
Resistente Rübensorten in der Entwicklung
Längst arbeiten auch die Saatzuchtanstalten an dem Thema und haben inzwischen virusresistente Stämme gefunden, sagt VFZ-Geschäftsführer Klaus Ziegler. Bis die jedoch zur Marktreife kommen, werden voraussichtlich noch ein paar Jahre vergehen. Und noch einmal so lange werde es dauern, bis die resistenten Sorten soweit optimiert sind, dass sie auch ertraglich mit dem heute gängigen Saatgut mithalten können.
Weil 2021 weitere Wirkstoffe gegen Blattkrankheiten und Unkräuter vom Markt genommen werden sollen, stellen sich die Anbauer inzwischen bereits auf eine stärkere mechanische Unkrautbekämpfung ein. Bevor sich die Rübenblätter über den Reihen schließen, muss der Acker dann mehrmals mit der Hackmaschine befahren werden, um den Aufwuchs anderer Pflanzen zu verhindern. Bei der "Beet Europe", der größten Maschinen-Schau für den Zuckerrübenanbau in Europa, die im kommenden Jahr in Seligenstadt bei Prosselsheim stattfindet, sind die neuen Bearbeitungsmethoden deshalb das zentrale Thema, so Klaus Ziegler.
Trotzdem ärgert sich der promovierte Agrarwissenschaftler über die bevorstehenden Neuregelungen. "Was unsere Bauern nervt, ist, dass diese Verschärfungen politisch und nicht fachlich begründet sind", sagt Ziegler. Beispiel: Die neue Düngeverordnung, deren Entwurf demnächst im Bundestag beraten werden soll. Um den Nitrateintrag ins Grundwasser zu verhindern, sieht man neben einer Mengenobergrenze auch eine zeitliche Beschränkung der Stickstoffdünger auf die Hauptfrucht vor.
Zwischenfruchtanbau wird erschwert
Inzwischen ist aber der Anbau einer Zwischenfrucht nach der Haupternte gängige Praxis. Die Zwischenfrüchte binden die noch im Boden enthaltenen Nährstoffe und stellen sie nach ihrem Absterben im Winter der Folgekultur zur Verfügung. Dadurch wird nicht nur Nitrat in den oberen Bodenschichten festhalten. Die zusätzliche Biomasse trägt auch zu Humusbildung bei, bei der große Mengen CO2 gebunden werden, und fördert damit die Fruchtbarkeit und Speicherfähigkeit des Oberbodens.
"Wir würden gerne weiterhin Zwischenfrüchte anbauen, wenn die aber nicht mehr angedüngt werden dürfen, wird es schwierig", sagt Klaus Ziegler. Dabei bringe gerade die Zuckerrübe viele Vorteile für den Grundwasserschutz mit sich. Die langen Pfahlwurzeln reichen mehrere Meter ins Erdreich und entziehen dem Boden bis in eine Tiefe von zwei Metern rund 200 Kilogramm Stickstoff pro Hektar und Anbaujahr. "Die Rübe lässt am wenigsten ungebundenen Stickstoff im Boden zurück und wirkt deshalb sogar bodensanierend", sagt Ziegler.
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Raum Ochsenfurt/Würzburg: Sollte es im nächsten Jahr ebenso wenig regnen wie aktuell, erledigt sich die Rübendiskussion von ganz alleine. Im übrigen sind die Masse der ZR-Bauern nicht Eigentümer der bewirtschafteten Flächen, allenfalls etwa 20% hiervon stehen im Eigentüm von diesen.
Wenn bald wieder von Hand gehackt werden soll, so lässt das die Zeiten des billigen weißen Goldes absehbar werden. - Vielleicht beruhigt das doch sehr viele!?
Ein damit parallel einhergehender massiver Werteverfall des Grundeigentums tangiert dabei gegenwärtig die Wenigsten, noch...
Solange wir auf deutschen Äckern Nahrungsmittel in Ausschließlichkeit anbauen, weil agrarpolitisch forciert und gewollt, wird sich an dieser Verbraucher-Luxusdiskussion kaum etwas verändern.
Richtig - wir Bauern können viel mehr; ökologisch nachhaltig wirtschaften, das auch noch unter ökonomischen Gesichtspunkten, was für eine unverzichtbare Flexibilität unserer Mikroökonomien überlebensnotwendig ist: biologisch abbaubaren Plastik vom Acker, der keine Weltmeere verseucht, Bioenergie vom Acker, etc. pp..
Nicht die Lobbyisten, die nach außen in Erscheinung treten, fördern den ZR-Anbau, vielmehr sind es unsere Giganten der Lebensmittelindustrie u. des LEHs. Da gibt man die Marschrichtung vor! An den Kommentaren sieht man allerdings, wie erfolgreich genau dieses System funktioniert: Gegen uns Bauern, gleichermaßen gegen die Natur!
Von einem generellen Bauernbashing halte ich nichts.
Die vernünftigen
Bauern- und davon gibts mehr als wir denken- müssen sich aber auch zusammenschließen und aktiv der Lobby von industrieller Landwirtschaft entgegentreten.
Weils immer so war, solls immer so bleiben??
Traurige Wahrheit, die verpennen den Zeitsprung. Zucker ist auch ein Ernährungsgift.
Ertragreich für einige wenige, mit Auswirkungen für zu viele.
Mein Mitleid hält sich in absoluten Grenzen.
Umdenken ist angesagt.
Zucker ist und bleibt ein Lebensmittelgift. Jedes Jahr sterben u.a. wegen des zu hohen Zuckerkonsums tausende Menschen im Land.
Wenn weniger Zuckerrüben angebaut werden wird deutlich weniger giftiges Spritzmittel ausgebracht.
die Bauern brauchen eine Lobby, die sie nicht weiter in den Ruin treibt. Sie brauchen eine Lobby die ihnen zu einem auskömmliches Auskommen verhilft und ihre Böden vor Giftsubstanzen schont.