Im Schatten von Corona- und Grippeviren macht ein drittes Virus Eltern in Unterfranken Sorgen. In den Kinderkliniken der Region behandeln die Ärzte derzeit zahlreiche kleine Patienten mit akuten Atemwegsinfektionen – verursacht durch das RS-Virus. Das beginnt oft scheinbar harmlos mit einem Schnupfen. Besonders für Säuglinge kann eine Infektion aber gefährlich werden. "Je kleiner ein Kind, desto problematischer ist das RS-Virus", sagt Prof. Johannes Liese, Leiter des Bereichs für Kinder-Infektiologie und Immunologie der Uni-Kinderklinik Würzburg. Bei unter Zweijährigen könne es sich bis hin zu einer Lungenentzündung entwickeln.
In der Uni-Kinderklinik habe es "in den vergangenen zwei Wochen eine starke Zunahme an RSV-Patienten" gegeben, sagt Liese. Die meisten könnten auf der normalen Kinderstation behandelt werden. Zehn bis 30 Prozent der kleinen Patienten müssten allerdings auf die Intensivstation, vor allem Neugeborene oder Kinder mit Grunderkrankungen wie einem Herzfehler.
Die Zahl der RSV-Patienten steigt in Kinderkliniken der Region
Ungewöhnlich sei das Aufkommen des RS-Virus um diese Jahreszeit nicht, heißt es vom Robert Koch-Institut. Von allen bundesweit untersuchten Proben der Patienten mit Grippesymptomen würden aktuell etwa zehn Prozent positiv auf RS-Viren getestet, sagt Sprecherin Susanne Glasmacher. Bei Kleinkindern liege der Anteil jedoch deutlich höher, etwa jede dritte Probe sei hier positiv. Insgesamt sei die Verbreitung ähnlich wie in den Vorjahren.
- Informationen des Robert Koch-Institutes zu RS-Viren
Das spiegelt sich in der Region. Auch an der Missio-Kinderklinik unter dem Dach des Klinikums Würzburg Mitte liege die Zahl der RSV-Patienten bisher "im Rahmen des Normalen", sagt Chefärztin Prof. Christina Kohlhauser-Vollmuth. Allerdings dauere die Saison für RS-Viren bis in den März und April. "Wir können nicht sagen, heuer wird keine schwere RSV-Saison. In den vergangenen Jahren sind teilweise erst ab Februar und März viele Kinder erkrankt". Momentan würden in der Missio-Kinderklinik zehn bis 15 RSV-Patienten pro Woche behandelt.
Ähnlich sieht es an der Kinderklinik des Leopoldina Krankenhauses Schweinfurt aus. Von 80 kleinen Patienten seien derzeit zehn am RS-Virus erkrankt – etwa so viele wie in den Vorjahren, sagt Chefarzt Dr. Johannes Herrmann. Die Tendenz sei aber steigend, es "ist mit weiteren Fällen zu rechnen".
Bisher gibt es kein Medikament zur Behandlung von RSV-Patienten
Problematisch dabei: Für Eltern ist das sogenannte Respiratorische Synzytial-Virus kaum von einer Erkältung zu unterscheiden. Symptome sind zum Beispiel Husten, Schnupfen, Halsschmerzen oder Fieber. All das plagt auch Grippekranke.
Chefärztin Christina Kohlhauser-Vollmuth rät Eltern von Neugeborenen deshalb dazu, "lieber frühzeitig zum Kinderarzt zu gehen". Warnzeichen für eine Infektion mit RS-Viren seien "eine erschwerte Atmung und ein ganz typischer Husten". Bei sehr kleinen Säuglingen könne das dazu führen, dass Atempausen auftreten. Deshalb sei eine Überwachung im Krankenhaus sinnvoll.
Eine Behandlung der RSV-Patienten ist allerdings nur symptomatisch möglich, etwa mit Infusionen oder zusätzlichem Sauerstoff. "Ein Medikament gibt es bisher nicht", so Kinder-Infektiologe Johannes Liese. Die Uniklinik nehme deshalb an einer Studie teil, die die Wirksamkeit eines neuen Präparates untersuche.
Wie aber können Eltern ihre Kinder vor einer Ansteckung schützen? Mit Neugeborenen sollte man Menschenmengen meiden, sagt Wilma Friedewald, Oberärztin an der Missio-Kinderklinik. Zudem empfiehlt sie, Säuglinge von Erwachsenen mit Atemwegserkrankungen oder erkälteten Geschwistern fernzuhalten. Und: "Wichtig ist es, immer gut die Hände zu waschen".
Grund zur Panik sehen die Experten aber trotz Corona-, Grippe- und RS-Viren nicht. "Viren treten gerne im Winter auf", sagt Johannes Herrmann vom Leopoldina. "Objektiv besteht kein Grund zur Panik."
- Lesen Sie auch: Grippe und Co.: So schütze ich mich vor den Viren