Die Grippe ist da. Man merkt das daran, dass immer mehr Kollegen ausfallen und sich, verschnupft und matt, für mindestens eine Arbeitswoche krank melden. Und daran, dass in Kindergärten und Schulen immer mehr Plätze leer bleiben. Im oberfränkischen Bamberg musste wegen Grippe sogar schon eine Schule geschlossen werden.
Dass es tatsächlich die "richtige Grippe" ist, die für Ausfälle und Absenzen sorgt und nicht "bloß" eine Erkältungswelle, bestätigen die Influenza-Experten des Berliner Robert-Koch-Instituts (RKI), der zentralen Einrichtung der Bundesregierung für Krankheitsüberwachung. "Nach der Definition der Arbeitsgemeinschaft Influenza hat die Grippewelle in der der zweiten Kalenderwoche 2020 begonnen", heißt es in einer Analyse des Instituts.
Woran erkennen Wissenschaftler eine Grippewelle ?
Woran macht das Institut den Beginn der Grippewelle genau fest? "Wir bekommen zur Abklärung aus ganz Deutschland regelmäßig Rachenabstriche von Patienten mit Influenza-Symptomen. Ist mehr als jeder fünfte Rachenabstrich positiv, sprechen wir von einer Grippewelle", erklärt Institutssprecherin Susanne Glasmacher. Der Sprung von der "bloßen Zirkulation von Influenzaviren hin zur Grippewelle" drücke sich in den erhobenen Zahlen aus.
So seien aus Bayern in der ersten Woche des Jahres rund 600 Grippekranke gemeldet worden. In der zweiten Januarwoche sei die Zahl der Neuerkrankungen dann auf 1200 gesprungen. "Und diese Woche ist noch nicht abgelaufen, trotzdem haben wir schon 1150 Krankheitsmeldungen aus Bayern", sagt Glasmacher. Es gehe jetzt richtig los.
In Unterfranken ist die Grippewelle ganz am Anfang, aber bestätigt
Dass die Grippe sich anschickt, auch Unterfranken heimzusuchen, bestätigen Experten regionaler Gesundheitsämter. Bei ihm seien seit Jahresbeginn 42 Meldungen über diagnostisch nachgewiesene Grippe-Erkrankungen eingegangen, sagt Dr. Johann Löw, der das Gesundheitsamt für Stadt und Kreis Würzburg leitet.
Auch das Gesundheitsamt Kitzingen etwa meldet bestätigte Grippefälle; für dieses Jahr 25 an der Zahl. Hausarzt Dr. Dieter Geis aus Randersacker (Lkr. Würzburg) berichtet, dass er in den vergangenen Tagen "vier bis fünf Grippefälle" in seiner Praxis hatte. "Ja, die Grippewelle ist da, wenngleich ganz am Anfang. Zu mir kamen heute drei Leute mit Grippesymptomen", sagt auch Hausarzt Dr. Andreas Hahn aus Poppenhausen (Lkr. Schweinfurt).
Warum die offizielle Erkrankungszahl immer niedriger liegt als die tatsächliche Fallzahl
Hahn und Geis berichten übrigens beide, dass sie bei ihren Patienten keine Rachenabstriche gemacht hätten, weil der diagnostische Nachweis im Labor einige Tage dauere, dem Patienten "aber ja gleich geholfen" werden müsse. Weil üblicherweise viele Hausärzte die Grippe zwar selbst diagnostizieren, aber auf einen offiziellen Nachweis und damit auch auf eine offizielle Meldung an die Gesundheitsämter verzichten, liegt die tatsächliche Zahl der Grippekranken immer weit über den vom Robert-Koch-Institut erhobenen Berichtszahlen. Das RKI, so Geis, habe Vertragspraxen, mit denen es arbeite; es erwarte nicht von allen deutschen Hausärzten diagnostische Nachweise.
Woran man erkennt, dass es sich um die "richtige Grippe" handelt und nicht um einen grippalen Infekt? "Daran, dass es schnell und schlagartig losgeht mit Krankheitssymptomen wie Schnupfen, Husten und Fieber", sagt Dr. Dieter Geis. Typisch für Grippe seien starke Gliederschmerzen und Abgeschlagenheit. Dem Arzt falle bei einer Untersuchung die "stark gerötete Rachenhinterwand" auf.
Ärzte aus der Region raten weiter zu einer Grippeimpfung. Die sei auch noch sinnvoll, wenn die Grippewelle schon eingesetzt hat, selbst wenn man für die Immunisierung rund zwei Wochen veranschlagen müsse. Laut Christian Schlett von der Bundesvereinigung Deutscher Apotheker sind gerade die bayerischen Bürger im Vergleich denen in anderer Bundesländer eher wenig grippeimpfwillig. "Im Bundesdurchschnitt haben wir 184 Grippegeimpfte auf tausend Einwohner", so Schlett. In Bayern seien es im Jahr 2018 nur 137 Geimpfte pro tausend Einwohner gewesen. Damit liege Bayern zwar nicht ganz so schlecht wie Rheinland-Pfalz (nur 129 Geimpfte), aber immer noch auf einem der unteren Plätze. Schlett: "Hier ist noch viel Luft nach oben."